Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

was er wolte, so ließ ich mir doch alles gleich viel
gelten, und war vergnügt, daß nach Verlauf noch
weniger Tage wir uns im vollkommenen Stan-
de befunden abzuseegeln. Binnen dieser Zeit be-
suchte mich mein Bruder sehr fleißig, konte aber
mit allen seinen glatten Worten nicht von mir er-
langen, nochmahls wieder mit ihm auf die Burg
zu kehren, sondern ich danckte dem Himmel, daß
ich mich auf unsern Schiffen in Freyheit und ohne
besondere Furcht befand.

Endlich, da ich nicht zu bewegen war, noch-
mahls auf die Burg zu kommen, ließ der Gouver-
neur
melden, daß, wenn ich ja allenfalls nicht kom-
men wolte, er mich gleich morgenden Tages mit
seiner gantzen Familie besuchen, jedoch keine Un-
gelegenheit, sonderlich wegen der Speisen, verursa-
chen wolte.

Jch ließ zurück melden, wie mir Dero gü-
tiger Zuspruch von Hertzen angenehm seyn solte,
nur bäthe vor mir, als einem Patienten, keinen
Abscheu zu tragen, sondern gütigst mit mir vorlieb
zu nehmen, was sich in der Eile finden würde, in-
dem ich keine tödtliche Kranckheit hätte, sondern
vielleicht bald restituirt zu seyn verhoffte. Also
kam das gantze Heer gleich andern Tages benebst
meinem Bruder, und machten ein ziemlich Loch in
meine Victualien, so wohl, was die Speisen, als
das Geträncke anbetraf, denn ich konte ohngeacht
der geschwinden Eile dennoch so viel zu Wege
bringen, und zwar von den auserlesensten Deli-
catess
en, daß sie wohl zu frieden seyn konten.

Der Gouverneur so wohl, als alle die Seini-

gen
(m) 2

was er wolte, ſo ließ ich mir doch alles gleich viel
gelten, und war vergnuͤgt, daß nach Verlauf noch
weniger Tage wir uns im vollkommenen Stan-
de befunden abzuſeegeln. Binnen dieſer Zeit be-
ſuchte mich mein Bruder ſehr fleißig, konte aber
mit allen ſeinen glatten Worten nicht von mir er-
langen, nochmahls wieder mit ihm auf die Burg
zu kehren, ſondern ich danckte dem Himmel, daß
ich mich auf unſern Schiffen in Freyheit und ohne
beſondere Furcht befand.

Endlich, da ich nicht zu bewegen war, noch-
mahls auf die Burg zu kommen, ließ der Gouver-
neur
melden, daß, wenn ich ja allenfalls nicht kom-
men wolte, er mich gleich morgenden Tages mit
ſeiner gantzen Familie beſuchen, jedoch keine Un-
gelegenheit, ſonderlich wegen der Speiſen, verurſa-
chen wolte.

Jch ließ zuruͤck melden, wie mir Dero guͤ-
tiger Zuſpruch von Hertzen angenehm ſeyn ſolte,
nur baͤthe vor mir, als einem Patienten, keinen
Abſcheu zu tragen, ſondern guͤtigſt mit mir vorlieb
zu nehmen, was ſich in der Eile finden wuͤrde, in-
dem ich keine toͤdtliche Kranckheit haͤtte, ſondern
vielleicht bald reſtituirt zu ſeyn verhoffte. Alſo
kam das gantze Heer gleich andern Tages benebſt
meinem Bruder, und machten ein ziemlich Loch in
meine Victualien, ſo wohl, was die Speiſen, als
das Getraͤncke anbetraf, denn ich konte ohngeacht
der geſchwinden Eile dennoch ſo viel zu Wege
bringen, und zwar von den auserleſenſten Deli-
cateſſ
en, daß ſie wohl zu frieden ſeyn konten.

Der Gouverneur ſo wohl, als alle die Seini-

gen
(m) 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0189" n="179"/>
was er wolte, &#x017F;o ließ ich mir doch alles gleich viel<lb/>
gelten, und war vergnu&#x0364;gt, daß nach Verlauf noch<lb/>
weniger Tage wir uns im vollkommenen Stan-<lb/>
de befunden abzu&#x017F;eegeln. Binnen die&#x017F;er Zeit be-<lb/>
&#x017F;uchte mich mein Bruder &#x017F;ehr fleißig, konte aber<lb/>
mit allen &#x017F;einen glatten Worten nicht von mir er-<lb/>
langen, nochmahls wieder mit ihm auf die Burg<lb/>
zu kehren, &#x017F;ondern ich danckte dem Himmel, daß<lb/>
ich mich auf un&#x017F;ern Schiffen in Freyheit und ohne<lb/>
be&#x017F;ondere Furcht befand.</p><lb/>
        <p>Endlich, da ich nicht zu bewegen war, noch-<lb/>
mahls auf die Burg zu kommen, ließ der <hi rendition="#aq">Gouver-<lb/>
neur</hi> melden, daß, wenn ich ja allenfalls nicht kom-<lb/>
men wolte, er mich gleich morgenden Tages mit<lb/>
&#x017F;einer gantzen <hi rendition="#aq">Familie</hi> be&#x017F;uchen, jedoch keine Un-<lb/>
gelegenheit, &#x017F;onderlich wegen der Spei&#x017F;en, verur&#x017F;a-<lb/>
chen wolte.</p><lb/>
        <p>Jch ließ zuru&#x0364;ck melden, wie mir Dero gu&#x0364;-<lb/>
tiger Zu&#x017F;pruch von Hertzen angenehm &#x017F;eyn &#x017F;olte,<lb/>
nur ba&#x0364;the vor mir, als einem <hi rendition="#aq">Patient</hi>en, keinen<lb/>
Ab&#x017F;cheu zu tragen, &#x017F;ondern gu&#x0364;tig&#x017F;t mit mir vorlieb<lb/>
zu nehmen, was &#x017F;ich in der Eile finden wu&#x0364;rde, in-<lb/>
dem ich keine to&#x0364;dtliche Kranckheit ha&#x0364;tte, &#x017F;ondern<lb/>
vielleicht bald <hi rendition="#aq">re&#x017F;titui</hi>rt zu &#x017F;eyn verhoffte. Al&#x017F;o<lb/>
kam das gantze Heer gleich andern Tages beneb&#x017F;t<lb/>
meinem Bruder, und machten ein ziemlich Loch in<lb/>
meine <hi rendition="#aq">Victuali</hi>en, &#x017F;o wohl, was die Spei&#x017F;en, als<lb/>
das Getra&#x0364;ncke anbetraf, denn ich konte ohngeacht<lb/>
der ge&#x017F;chwinden Eile dennoch &#x017F;o viel zu Wege<lb/>
bringen, und zwar von den auserle&#x017F;en&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Deli-<lb/>
cate&#x017F;&#x017F;</hi>en, daß &#x017F;ie wohl zu frieden &#x017F;eyn konten.</p><lb/>
        <p>Der <hi rendition="#aq">Gouverneur</hi> &#x017F;o wohl, als alle die Seini-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">(m) 2</fw><fw place="bottom" type="catch">gen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0189] was er wolte, ſo ließ ich mir doch alles gleich viel gelten, und war vergnuͤgt, daß nach Verlauf noch weniger Tage wir uns im vollkommenen Stan- de befunden abzuſeegeln. Binnen dieſer Zeit be- ſuchte mich mein Bruder ſehr fleißig, konte aber mit allen ſeinen glatten Worten nicht von mir er- langen, nochmahls wieder mit ihm auf die Burg zu kehren, ſondern ich danckte dem Himmel, daß ich mich auf unſern Schiffen in Freyheit und ohne beſondere Furcht befand. Endlich, da ich nicht zu bewegen war, noch- mahls auf die Burg zu kommen, ließ der Gouver- neur melden, daß, wenn ich ja allenfalls nicht kom- men wolte, er mich gleich morgenden Tages mit ſeiner gantzen Familie beſuchen, jedoch keine Un- gelegenheit, ſonderlich wegen der Speiſen, verurſa- chen wolte. Jch ließ zuruͤck melden, wie mir Dero guͤ- tiger Zuſpruch von Hertzen angenehm ſeyn ſolte, nur baͤthe vor mir, als einem Patienten, keinen Abſcheu zu tragen, ſondern guͤtigſt mit mir vorlieb zu nehmen, was ſich in der Eile finden wuͤrde, in- dem ich keine toͤdtliche Kranckheit haͤtte, ſondern vielleicht bald reſtituirt zu ſeyn verhoffte. Alſo kam das gantze Heer gleich andern Tages benebſt meinem Bruder, und machten ein ziemlich Loch in meine Victualien, ſo wohl, was die Speiſen, als das Getraͤncke anbetraf, denn ich konte ohngeacht der geſchwinden Eile dennoch ſo viel zu Wege bringen, und zwar von den auserleſenſten Deli- cateſſen, daß ſie wohl zu frieden ſeyn konten. Der Gouverneur ſo wohl, als alle die Seini- gen (m) 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/189
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/189>, abgerufen am 09.11.2024.