Klange und Laute nach wohl einiger Maassen den Kitzel in Ohren erregen sollten, allein ich trauete dem Land-Frieden so gar sehr eben nicht, weiln mir das immerwährende Gegitzschere und die be- ständigen Ohrenbläsereyen verdächtig vorkamen, und endlich wurde ich nach einer etlich tägigen un- passionirten Aufführung durch ein Schlüsselloch gewahr, daß mein lieber Bruder in einem wohl darzu zubereiteten Zimmer bey angezündeten Wachs-Kertzen, vor einen kleinen Altar nieder- kniete, und seiner bißhero gehabten Religion in optima forma, und zwar in Gegenwart verschie- dener Personen beyderley Geschlechts abschwur, hergegen die Römisch-Catholische Religion an- nahm, und sich darüber einsegnen ließ.
Nichts hat mich Zeit meines Lebens ärger verdrossen, als daß er diese seine Sachen so heim- lich tractirt, da ich doch in keinem Stücke seinen Willen zu zwingen mir schon längstens vorgesetzt hatte, wie nun aber dieses geschehen, so konte ich leichtlich daraus schliessen, daß er alle andern Pun- cte müsse eingegangen seyn, die ihm von dem Gou- verneur und seiner Gemahlin vorgelegt worden. Jedoch, da er mir von seiner Religions-Verän- derung nicht das geringste meldete, ließ ich mich auch gar nichts mercken, daß ich etwas davon wüste, inzwischen aber war mir auf einmahl alle Lust vergangen, länger auf dieser Jnsul und bey diesen gefährlichen Leuten zu bleiben, derowegen schrieb ich an meinen Lieutenant folgendes Bil- let:
Mon
Klange und Laute nach wohl einiger Maaſſen den Kitzel in Ohren erregen ſollten, allein ich trauete dem Land-Frieden ſo gar ſehr eben nicht, weiln mir das immerwaͤhrende Gegitzſchere und die be- ſtaͤndigen Ohrenblaͤſereyen verdaͤchtig vorkamen, und endlich wurde ich nach einer etlich taͤgigen un- paſſionirten Auffuͤhrung durch ein Schluͤſſelloch gewahr, daß mein lieber Bruder in einem wohl darzu zubereiteten Zimmer bey angezuͤndeten Wachs-Kertzen, vor einen kleinen Altar nieder- kniete, und ſeiner bißhero gehabten Religion in optima forma, und zwar in Gegenwart verſchie- dener Perſonen beyderley Geſchlechts abſchwur, hergegen die Roͤmiſch-Catholiſche Religion an- nahm, und ſich daruͤber einſegnen ließ.
Nichts hat mich Zeit meines Lebens aͤrger verdroſſen, als daß er dieſe ſeine Sachen ſo heim- lich tractirt, da ich doch in keinem Stuͤcke ſeinen Willen zu zwingen mir ſchon laͤngſtens vorgeſetzt hatte, wie nun aber dieſes geſchehen, ſo konte ich leichtlich daraus ſchlieſſen, daß er alle andern Pun- cte muͤſſe eingegangen ſeyn, die ihm von dem Gou- verneur und ſeiner Gemahlin vorgelegt worden. Jedoch, da er mir von ſeiner Religions-Veraͤn- derung nicht das geringſte meldete, ließ ich mich auch gar nichts mercken, daß ich etwas davon wuͤſte, inzwiſchen aber war mir auf einmahl alle Luſt vergangen, laͤnger auf dieſer Jnſul und bey dieſen gefaͤhrlichen Leuten zu bleiben, derowegen ſchrieb ich an meinen Lieutenant folgendes Bil- let:
Mon
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0186"n="176"/>
Klange und Laute nach wohl einiger Maaſſen den<lb/>
Kitzel in Ohren erregen ſollten, allein ich trauete<lb/>
dem Land-Frieden ſo gar ſehr eben nicht, weiln<lb/>
mir das immerwaͤhrende Gegitzſchere und die be-<lb/>ſtaͤndigen Ohrenblaͤſereyen verdaͤchtig vorkamen,<lb/>
und endlich wurde ich nach einer etlich taͤgigen un-<lb/><hirendition="#aq">paſſionir</hi>ten Auffuͤhrung durch ein Schluͤſſelloch<lb/>
gewahr, daß mein lieber Bruder in einem wohl<lb/>
darzu zubereiteten Zimmer bey angezuͤndeten<lb/>
Wachs-Kertzen, vor einen kleinen Altar nieder-<lb/>
kniete, und ſeiner bißhero gehabten <hirendition="#aq">Religi</hi>on <hirendition="#aq">in<lb/>
optima forma,</hi> und zwar in Gegenwart verſchie-<lb/>
dener Perſonen beyderley Geſchlechts abſchwur,<lb/>
hergegen die Roͤmiſch-Catholiſche <hirendition="#aq">Religi</hi>on an-<lb/>
nahm, und ſich daruͤber einſegnen ließ.</p><lb/><p>Nichts hat mich Zeit meines Lebens aͤrger<lb/>
verdroſſen, als daß er dieſe ſeine Sachen ſo heim-<lb/>
lich <hirendition="#aq">tracti</hi>rt, da ich doch in keinem Stuͤcke ſeinen<lb/>
Willen zu zwingen mir ſchon laͤngſtens vorgeſetzt<lb/>
hatte, wie nun aber dieſes geſchehen, ſo konte ich<lb/>
leichtlich daraus ſchlieſſen, daß er alle andern Pun-<lb/>
cte muͤſſe eingegangen ſeyn, die ihm von dem <hirendition="#aq">Gou-<lb/>
verneur</hi> und ſeiner Gemahlin vorgelegt worden.<lb/>
Jedoch, da er mir von ſeiner <hirendition="#aq">Religi</hi>ons-Veraͤn-<lb/>
derung nicht das geringſte meldete, ließ ich mich<lb/>
auch gar nichts mercken, daß ich etwas davon<lb/>
wuͤſte, inzwiſchen aber war mir auf einmahl alle<lb/>
Luſt vergangen, laͤnger auf dieſer Jnſul und bey<lb/>
dieſen gefaͤhrlichen Leuten zu bleiben, derowegen<lb/>ſchrieb ich an meinen <hirendition="#aq">Lieutenant</hi> folgendes <hirendition="#aq">Bil-<lb/>
let:</hi></p><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Mon</hi></hi></fw><lb/></div></body></text></TEI>
[176/0186]
Klange und Laute nach wohl einiger Maaſſen den
Kitzel in Ohren erregen ſollten, allein ich trauete
dem Land-Frieden ſo gar ſehr eben nicht, weiln
mir das immerwaͤhrende Gegitzſchere und die be-
ſtaͤndigen Ohrenblaͤſereyen verdaͤchtig vorkamen,
und endlich wurde ich nach einer etlich taͤgigen un-
paſſionirten Auffuͤhrung durch ein Schluͤſſelloch
gewahr, daß mein lieber Bruder in einem wohl
darzu zubereiteten Zimmer bey angezuͤndeten
Wachs-Kertzen, vor einen kleinen Altar nieder-
kniete, und ſeiner bißhero gehabten Religion in
optima forma, und zwar in Gegenwart verſchie-
dener Perſonen beyderley Geſchlechts abſchwur,
hergegen die Roͤmiſch-Catholiſche Religion an-
nahm, und ſich daruͤber einſegnen ließ.
Nichts hat mich Zeit meines Lebens aͤrger
verdroſſen, als daß er dieſe ſeine Sachen ſo heim-
lich tractirt, da ich doch in keinem Stuͤcke ſeinen
Willen zu zwingen mir ſchon laͤngſtens vorgeſetzt
hatte, wie nun aber dieſes geſchehen, ſo konte ich
leichtlich daraus ſchlieſſen, daß er alle andern Pun-
cte muͤſſe eingegangen ſeyn, die ihm von dem Gou-
verneur und ſeiner Gemahlin vorgelegt worden.
Jedoch, da er mir von ſeiner Religions-Veraͤn-
derung nicht das geringſte meldete, ließ ich mich
auch gar nichts mercken, daß ich etwas davon
wuͤſte, inzwiſchen aber war mir auf einmahl alle
Luſt vergangen, laͤnger auf dieſer Jnſul und bey
dieſen gefaͤhrlichen Leuten zu bleiben, derowegen
ſchrieb ich an meinen Lieutenant folgendes Bil-
let:
Mon
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/186>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.