geben, ohngeachtet wir beyderseits Eltern unge- mein gern gesehen, wenn sie sich diesen oder jenen erwehlen wollen; Allein sie bleibt bey einerley Sprache, und sagt: Was Maassen sie gesonnen, lieber in ein Kloster zu gehen, und eine Nonne zu werden, als einen Mann zu nehmen, der nicht al- lein vom Gesichte und gantzen Wesen dergestalt beschaffen wäre, daß sie ihn vollkommen zu lieben sich anheischig machen könte; Käme einer derglei- chen vor ihrem 24sten Jahre, so möchte es gut seyn; wo nicht? so wolte sie vielleicht noch vor ihrem 24sten sich im Kloster einkleiden lassen, denn das Probe-Jahr hat sie schon ausgestanden, und ist nunmehro erst 22. Jahr alt.
Jch sehe, (fuhr der Gouverneur in seinen Reden zu mir fort,) daß ihr eure Farbe verwandelt, mein Herr; aber alles, was ich jetzo gesagt habe, ist die pur lautere Wahrheit, denn meine älteste Tochter hat ein vor alle mahl den Schwur gethan, daß, wenn es ihr mißlingen solte, den jüngsten Ca- pitain Horn zum Manne zu kriegen, sie Zeit Le- bens mit keiner Manns-Person mehr Umgang pfle- gen, viel weniger sich fernerweit um alle Manns- Personen in der Welt bekümmern wolte, denn dieses wäre eintzig und allein diejenige Manns- Person, welcher nicht allein in seinem Gesichte, sondern auch in seiner gantzen Aufführung und Conduite alles an sich hätte, was sie bewegen kön- te, ihn vollkommen, aufrichtig und getreu zu lieben. Solte es ihr aber bey diesem ihr vielleicht vom Him- mel zugesendeten Liebsten dennoch mißlingen, so wäre sie gäntzlich entschlossen, ihr übriges Leben im
Kloster
geben, ohngeachtet wir beyderſeits Eltern unge- mein gern geſehen, wenn ſie ſich dieſen oder jenen erwehlen wollen; Allein ſie bleibt bey einerley Sprache, und ſagt: Was Maaſſen ſie geſonnen, lieber in ein Kloſter zu gehen, und eine Nonne zu werden, als einen Mann zu nehmen, der nicht al- lein vom Geſichte und gantzen Weſen dergeſtalt beſchaffen waͤre, daß ſie ihn vollkommen zu lieben ſich anheiſchig machen koͤnte; Kaͤme einer derglei- chen vor ihrem 24ſten Jahre, ſo moͤchte es gut ſeyn; wo nicht? ſo wolte ſie vielleicht noch vor ihrem 24ſten ſich im Kloſter einkleiden laſſen, denn das Probe-Jahr hat ſie ſchon ausgeſtanden, und iſt nunmehro erſt 22. Jahr alt.
Jch ſehe, (fuhr der Gouverneur in ſeinen Reden zu mir fort,) daß ihr eure Farbe verwandelt, mein Herr; aber alles, was ich jetzo geſagt habe, iſt die pur lautere Wahrheit, denn meine aͤlteſte Tochter hat ein vor alle mahl den Schwur gethan, daß, wenn es ihr mißlingen ſolte, den juͤngſten Ca- pitain Horn zum Manne zu kriegen, ſie Zeit Le- bens mit keiner Manns-Perſon mehr Umgang pfle- gen, viel weniger ſich fernerweit um alle Manns- Perſonen in der Welt bekuͤmmern wolte, denn dieſes waͤre eintzig und allein diejenige Manns- Perſon, welcher nicht allein in ſeinem Geſichte, ſondern auch in ſeiner gantzen Auffuͤhrung und Conduite alles an ſich haͤtte, was ſie bewegen koͤn- te, ihn vollkommen, aufrichtig und getreu zu lieben. Solte es ihr aber bey dieſem ihr vielleicht vom Him- mel zugeſendeten Liebſten dennoch mißlingen, ſo waͤre ſie gaͤntzlich entſchloſſen, ihr uͤbriges Leben im
Kloſter
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geben, ohngeachtet wir beyderſeits Eltern unge-
mein gern geſehen, wenn ſie ſich dieſen oder jenen
erwehlen wollen; Allein ſie bleibt bey einerley
Sprache, und ſagt: Was Maaſſen ſie geſonnen,
lieber in ein Kloſter zu gehen, und eine Nonne zu
werden, als einen Mann zu nehmen, der nicht al-
lein vom Geſichte und gantzen Weſen dergeſtalt
beſchaffen waͤre, daß ſie ihn vollkommen zu lieben
ſich anheiſchig machen koͤnte; Kaͤme einer derglei-
chen vor ihrem 24ſten Jahre, ſo moͤchte es gut
ſeyn; wo nicht? ſo wolte ſie vielleicht noch vor
ihrem 24ſten ſich im Kloſter einkleiden laſſen, denn
das Probe-Jahr hat ſie ſchon ausgeſtanden, und
iſt nunmehro erſt 22. Jahr alt.
Jch ſehe, (fuhr der Gouverneur in ſeinen
Reden zu mir fort,) daß ihr eure Farbe verwandelt,
mein Herr; aber alles, was ich jetzo geſagt habe,
iſt die pur lautere Wahrheit, denn meine aͤlteſte
Tochter hat ein vor alle mahl den Schwur gethan,
daß, wenn es ihr mißlingen ſolte, den juͤngſten Ca-
pitain Horn zum Manne zu kriegen, ſie Zeit Le-
bens mit keiner Manns-Perſon mehr Umgang pfle-
gen, viel weniger ſich fernerweit um alle Manns-
Perſonen in der Welt bekuͤmmern wolte, denn
dieſes waͤre eintzig und allein diejenige Manns-
Perſon, welcher nicht allein in ſeinem Geſichte,
ſondern auch in ſeiner gantzen Auffuͤhrung und
Conduite alles an ſich haͤtte, was ſie bewegen koͤn-
te, ihn vollkommen, aufrichtig und getreu zu lieben.
Solte es ihr aber bey dieſem ihr vielleicht vom Him-
mel zugeſendeten Liebſten dennoch mißlingen, ſo
waͤre ſie gaͤntzlich entſchloſſen, ihr uͤbriges Leben im
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/178>, abgerufen am 25.11.2024.
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