kleiner Tumult, weßwegen ich eiligst dahin lief, und sahe, daß Mons. van Blac vor der selbigen stun- de, immer in die Hände schlug, und ausrief: O! welch ein Verhängniß! O! welch ein Schicksal! Er repetirte diese Worte mehr als 20. mahl, weß- wegen ich, da die andern stille stunden, und nicht wusten, was ihn etwa| angefochten hätte, endlich zu ihm trat und sagte: Mein Herr! warum wolt ihr euch diese Sache, die vor so langen Jahren passirt ist, so gar sehr zu Gemüthe ziehen? Es ist zwar eine Geschicht, die einem jeden rechtschaffe- nen Menschen zum Jammer bewegen kan, allein nunmehro doch nicht zu ändern. Ach, Mein Herr! antwortete van Blac, ich| sage noch einmahl, O! welch ein Verhängniß, O! welch ein Schick- sal! glaubet ihr denn wohl, daß dieser Carl Franz van Leuven, der die Concordia Plürs aus En- gelland entführt hat, meiner Mutter ihres Groß- Vaters leiblicher und jüngster Bruder gewesen ist? Denn meine Mutter ist eine gebohrne van Leuven gewesen, und ich weiß von des Franzens Historie gar viel, unsere Vorfahren aber haben vermeynet, daß er mit seiner Concordia im Meer ersoffen wäre. Jch sahe hierauf den van Blac mit Verwun- derungs-vollen Augen an, er aber sprach: Mein Herr! ich will so lange nichts weiter von dieser gan- tzen Sache melden, biß ich mein Felleisen, so in eine eurer Kisten gepackt ist, vom Schiffe bekom- me, dann will ich euch mein Geschlechts-Register und einige dabey aufgezeichnete Geschichte zeigen, so werdet ihr sehen, daß ich nicht lüge, weil mir mei- ne Beräuber und Mord-Buben doch diesen
Schatz
kleiner Tumult, weßwegen ich eiligſt dahin lief, und ſahe, daß Monſ. van Blac vor der ſelbigen ſtun- de, immer in die Haͤnde ſchlug, und ausrief: O! welch ein Verhaͤngniß! O! welch ein Schickſal! Er repetirte dieſe Worte mehr als 20. mahl, weß- wegen ich, da die andern ſtille ſtunden, und nicht wuſten, was ihn etwa| angefochten haͤtte, endlich zu ihm trat und ſagte: Mein Herr! warum wolt ihr euch dieſe Sache, die vor ſo langen Jahren paſſirt iſt, ſo gar ſehr zu Gemuͤthe ziehen? Es iſt zwar eine Geſchicht, die einem jeden rechtſchaffe- nen Menſchen zum Jammer bewegen kan, allein nunmehro doch nicht zu aͤndern. Ach, Mein Herr! antwortete van Blac, ich| ſage noch einmahl, O! welch ein Verhaͤngniß, O! welch ein Schick- ſal! glaubet ihr denn wohl, daß dieſer Carl Franz van Leuven, der die Concordia Plürs aus En- gelland entfuͤhrt hat, meiner Mutter ihres Groß- Vaters leiblicher und juͤngſter Bruder geweſen iſt? Denn meine Mutter iſt eine gebohrne van Leuven geweſen, und ich weiß von des Franzens Hiſtorie gar viel, unſere Vorfahren aber haben vermeynet, daß er mit ſeiner Concordia im Meer erſoffen waͤre. Jch ſahe hierauf den van Blac mit Verwun- derungs-vollen Augen an, er aber ſprach: Mein Herr! ich will ſo lange nichts weiter von dieſer gan- tzen Sache melden, biß ich mein Felleiſen, ſo in eine eurer Kiſten gepackt iſt, vom Schiffe bekom- me, dann will ich euch mein Geſchlechts-Regiſter und einige dabey aufgezeichnete Geſchichte zeigen, ſo werdet ihr ſehen, daß ich nicht luͤge, weil mir mei- ne Beraͤuber und Mord-Buben doch dieſen
Schatz
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0071"n="63"/>
kleiner Tumult, weßwegen ich eiligſt dahin lief, und<lb/>ſahe, daß <hirendition="#aq">Monſ. van Blac</hi> vor der ſelbigen ſtun-<lb/>
de, immer in die Haͤnde ſchlug, und ausrief: O!<lb/>
welch ein Verhaͤngniß! O! welch ein Schickſal!<lb/>
Er <hirendition="#aq">repetir</hi>te dieſe Worte mehr als 20. mahl, weß-<lb/>
wegen ich, da die andern ſtille ſtunden, und nicht<lb/>
wuſten, was ihn etwa| angefochten haͤtte, endlich<lb/>
zu ihm trat und ſagte: Mein Herr! warum wolt<lb/>
ihr euch dieſe Sache, die vor ſo langen Jahren<lb/><hirendition="#aq">paſſi</hi>rt iſt, ſo gar ſehr zu Gemuͤthe ziehen? Es iſt<lb/>
zwar eine Geſchicht, die einem jeden rechtſchaffe-<lb/>
nen Menſchen zum Jammer bewegen kan, allein<lb/>
nunmehro doch nicht zu aͤndern. Ach, Mein<lb/>
Herr! antwortete <hirendition="#aq">van Blac,</hi> ich| ſage noch einmahl,<lb/>
O! welch ein Verhaͤngniß, O! welch ein Schick-<lb/>ſal! glaubet ihr denn wohl, daß dieſer <hirendition="#aq">Carl Franz<lb/>
van Leuven,</hi> der die <hirendition="#aq">Concordia Plürs</hi> aus En-<lb/>
gelland entfuͤhrt hat, meiner Mutter ihres Groß-<lb/>
Vaters leiblicher und juͤngſter Bruder geweſen iſt?<lb/>
Denn meine Mutter iſt eine gebohrne <hirendition="#aq">van Leuven</hi><lb/>
geweſen, und ich weiß von des <hirendition="#aq">Franzens Hiſtorie</hi><lb/>
gar viel, unſere Vorfahren aber haben vermeynet,<lb/>
daß er mit ſeiner <hirendition="#aq">Concordia</hi> im Meer erſoffen<lb/>
waͤre. Jch ſahe hierauf den <hirendition="#aq">van Blac</hi> mit Verwun-<lb/>
derungs-vollen Augen an, er aber ſprach: Mein<lb/>
Herr! ich will ſo lange nichts weiter von dieſer gan-<lb/>
tzen Sache melden, biß ich mein Felleiſen, ſo in<lb/>
eine eurer Kiſten gepackt iſt, vom Schiffe bekom-<lb/>
me, dann will ich euch mein Geſchlechts-Regiſter<lb/>
und einige dabey aufgezeichnete Geſchichte zeigen,<lb/>ſo werdet ihr ſehen, daß ich nicht luͤge, weil mir mei-<lb/>
ne Beraͤuber und Mord-Buben doch dieſen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Schatz</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[63/0071]
kleiner Tumult, weßwegen ich eiligſt dahin lief, und
ſahe, daß Monſ. van Blac vor der ſelbigen ſtun-
de, immer in die Haͤnde ſchlug, und ausrief: O!
welch ein Verhaͤngniß! O! welch ein Schickſal!
Er repetirte dieſe Worte mehr als 20. mahl, weß-
wegen ich, da die andern ſtille ſtunden, und nicht
wuſten, was ihn etwa| angefochten haͤtte, endlich
zu ihm trat und ſagte: Mein Herr! warum wolt
ihr euch dieſe Sache, die vor ſo langen Jahren
paſſirt iſt, ſo gar ſehr zu Gemuͤthe ziehen? Es iſt
zwar eine Geſchicht, die einem jeden rechtſchaffe-
nen Menſchen zum Jammer bewegen kan, allein
nunmehro doch nicht zu aͤndern. Ach, Mein
Herr! antwortete van Blac, ich| ſage noch einmahl,
O! welch ein Verhaͤngniß, O! welch ein Schick-
ſal! glaubet ihr denn wohl, daß dieſer Carl Franz
van Leuven, der die Concordia Plürs aus En-
gelland entfuͤhrt hat, meiner Mutter ihres Groß-
Vaters leiblicher und juͤngſter Bruder geweſen iſt?
Denn meine Mutter iſt eine gebohrne van Leuven
geweſen, und ich weiß von des Franzens Hiſtorie
gar viel, unſere Vorfahren aber haben vermeynet,
daß er mit ſeiner Concordia im Meer erſoffen
waͤre. Jch ſahe hierauf den van Blac mit Verwun-
derungs-vollen Augen an, er aber ſprach: Mein
Herr! ich will ſo lange nichts weiter von dieſer gan-
tzen Sache melden, biß ich mein Felleiſen, ſo in
eine eurer Kiſten gepackt iſt, vom Schiffe bekom-
me, dann will ich euch mein Geſchlechts-Regiſter
und einige dabey aufgezeichnete Geſchichte zeigen,
ſo werdet ihr ſehen, daß ich nicht luͤge, weil mir mei-
ne Beraͤuber und Mord-Buben doch dieſen
Schatz
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/71>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.