Schatz nicht haben mit hinweg nehmen können. Mein Herr! versetzte ich, zu euren Worten habe ich ein starckes Vertrauen, dasselbe aber wird al- lerdings noch weit stärcker werden, wenn ihr deß- falls einige schrifftliche Urkunden aufzeigen könnet, allein diese Begebenheit ist würdig, daß wir so gleich zurücke kehren, und selbige dem Alt-Vater erzählen. Er war damit zufrieden, bath sich aber nur aus, erstlich noch die Schrifften an den an- dern drey Gedächtniß-Säulen zu lesen, wobey er denn immer in die Hände schlug, und die Worte: O Verhängniß! O Schicksal! wohl 50. mahl wiederholete. Hierauf giengen wir sämmtlich zu- rück nach des Alt-Vaters Zimmer, bey welchem die Capitains Horn und Wodley allein waren, und denselben mit Gesprächen unterhielten. Jch führete den van Blac an der Hand hinein, und sag- te: Liebster Herr und Vater, es hat sich aber- mahls eine Wunder-Geschicht auf dieser Jnsul zugetragen, dieser Mann muß ohnstreitig zu un- sern Geschlechte gerechnet werden, denn seiner Mutter Groß-Vater ist ein leiblicher Bruder von dem allhier jämmerlich ermordeten Carl Franz van Leuven gewesen, und er sagt, daß er dieserwegen schrifftliche Zeugnisse in seinem Felleisen, welches noch auf dem Schiffe verwahret ist, bey sich habe. Der Alt-Vater schlug die Hände zusammen und sagte: Solte dieses wohl möglich seyn können? Ja! gebiethender Herr, sprach van Blac, es ist mög- lich und wahrhafftig, und wenn ich es nicht voll- kommen erweißlich mache, will ich mich zu dieser Jnsul hinaus stäupen, oder gar in die See stürtzen
lassen.
Schatz nicht haben mit hinweg nehmen koͤnnen. Mein Herr! verſetzte ich, zu euren Worten habe ich ein ſtarckes Vertrauen, daſſelbe aber wird al- lerdings noch weit ſtaͤrcker werden, wenn ihr deß- falls einige ſchrifftliche Urkunden aufzeigen koͤnnet, allein dieſe Begebenheit iſt wuͤrdig, daß wir ſo gleich zuruͤcke kehren, und ſelbige dem Alt-Vater erzaͤhlen. Er war damit zufrieden, bath ſich aber nur aus, erſtlich noch die Schrifften an den an- dern drey Gedaͤchtniß-Saͤulen zu leſen, wobey er denn immer in die Haͤnde ſchlug, und die Worte: O Verhaͤngniß! O Schickſal! wohl 50. mahl wiederholete. Hierauf giengen wir ſaͤmmtlich zu- ruͤck nach des Alt-Vaters Zimmer, bey welchem die Capitains Horn und Wodley allein waren, und denſelben mit Geſpraͤchen unterhielten. Jch fuͤhrete den van Blac an der Hand hinein, und ſag- te: Liebſter Herr und Vater, es hat ſich aber- mahls eine Wunder-Geſchicht auf dieſer Jnſul zugetragen, dieſer Mann muß ohnſtreitig zu un- ſern Geſchlechte gerechnet werden, denn ſeiner Mutter Groß-Vater iſt ein leiblicher Bruder von dem allhier jaͤmmerlich ermordeten Carl Franz van Leuven geweſen, und er ſagt, daß er dieſerwegen ſchrifftliche Zeugniſſe in ſeinem Felleiſen, welches noch auf dem Schiffe verwahret iſt, bey ſich habe. Der Alt-Vater ſchlug die Haͤnde zuſammen und ſagte: Solte dieſes wohl moͤglich ſeyn koͤnnen? Ja! gebiethender Herr, ſprach van Blac, es iſt moͤg- lich und wahrhafftig, und wenn ich es nicht voll- kommen erweißlich mache, will ich mich zu dieſer Jnſul hinaus ſtaͤupen, oder gar in die See ſtuͤrtzen
laſſen.
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Schatz nicht haben mit hinweg nehmen koͤnnen.
Mein Herr! verſetzte ich, zu euren Worten habe
ich ein ſtarckes Vertrauen, daſſelbe aber wird al-
lerdings noch weit ſtaͤrcker werden, wenn ihr deß-
falls einige ſchrifftliche Urkunden aufzeigen koͤnnet,
allein dieſe Begebenheit iſt wuͤrdig, daß wir ſo
gleich zuruͤcke kehren, und ſelbige dem Alt-Vater
erzaͤhlen. Er war damit zufrieden, bath ſich aber
nur aus, erſtlich noch die Schrifften an den an-
dern drey Gedaͤchtniß-Saͤulen zu leſen, wobey
er denn immer in die Haͤnde ſchlug, und die Worte:
O Verhaͤngniß! O Schickſal! wohl 50. mahl
wiederholete. Hierauf giengen wir ſaͤmmtlich zu-
ruͤck nach des Alt-Vaters Zimmer, bey welchem
die Capitains Horn und Wodley allein waren,
und denſelben mit Geſpraͤchen unterhielten. Jch
fuͤhrete den van Blac an der Hand hinein, und ſag-
te: Liebſter Herr und Vater, es hat ſich aber-
mahls eine Wunder-Geſchicht auf dieſer Jnſul
zugetragen, dieſer Mann muß ohnſtreitig zu un-
ſern Geſchlechte gerechnet werden, denn ſeiner
Mutter Groß-Vater iſt ein leiblicher Bruder von
dem allhier jaͤmmerlich ermordeten Carl Franz van
Leuven geweſen, und er ſagt, daß er dieſerwegen
ſchrifftliche Zeugniſſe in ſeinem Felleiſen, welches
noch auf dem Schiffe verwahret iſt, bey ſich habe.
Der Alt-Vater ſchlug die Haͤnde zuſammen und
ſagte: Solte dieſes wohl moͤglich ſeyn koͤnnen? Ja!
gebiethender Herr, ſprach van Blac, es iſt moͤg-
lich und wahrhafftig, und wenn ich es nicht voll-
kommen erweißlich mache, will ich mich zu dieſer
Jnſul hinaus ſtaͤupen, oder gar in die See ſtuͤrtzen
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/72>, abgerufen am 24.11.2024.
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