Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

eine Hand anschlagen durfften, sondern sie solten
mit aller Gewalt von der bißherigen Reise ausru-
hen, und sich was zu Gute thun. Also hieß es
hier wohl recht: Viel Hände machen bald der
Arbeit Ende. Wir vergnügten uns nebst Herrn
Wolffgangen sehr darüber, denn die Sclaven wa-
ren in Wahrheit sehr getreue Leute, und hatten
unterwegs ungemein gute Dienste gethan. Et-
wa ein paar Stunden vor Untergang der Son-
nen begaben wir uns wieder auf den Rück-Weg zur
Alberts-Burg, allwo wir noch eben zur Abend-
Mahlzeit eintraffen, nachhero uns abermahls Mü-
digkeit wegen zeitig zur Ruhe legten. Des fol-
genden Tages aber, da der jüngere Hert Schmel-
tzer und Herr Herrmann auf ihre Predigten stu-
dir
en wolten, indem der erste Morgen Vor-und
der andere Nachmittags ihre Probe abzulegen von
dem ältern Herrn Mag. Schmeltzern erinnert wa-
ren, dieser aber selbsten Beichte sitzen muste, nahm
ich mit meiner Braut, Schwester, den übrigen
Mitgebrachten und andern guten Freunden einen
Spazier-Gang durch den grossen Garten nach
dem GOttes-Acker oder Begräbniß-Platze der
Felsenburger vor, und besahen daselbst die Gedächt-
niß-Säulen und Epitaphia. Jndem ich nun be-
gierig war zu sehen, was vor Personen seit meiner
Abreise verstorben, mich also zu den neuen Grä-
bern machte, und die Epitaphia derselben mit Fleiß
betrachte, gehen die andern zu den grossen Ge-
dächtniß-Säulen, und lesen deren Inscriptiones.
Ehe ich michs versahe, entstunde bey des seeligen
Carl Franz van Leuvens Gedächtniß-Säule ein

kleiner

eine Hand anſchlagen durfften, ſondern ſie ſolten
mit aller Gewalt von der bißherigen Reiſe ausru-
hen, und ſich was zu Gute thun. Alſo hieß es
hier wohl recht: Viel Haͤnde machen bald der
Arbeit Ende. Wir vergnuͤgten uns nebſt Herrn
Wolffgangen ſehr daruͤber, denn die Sclaven wa-
ren in Wahrheit ſehr getreue Leute, und hatten
unterwegs ungemein gute Dienſte gethan. Et-
wa ein paar Stunden vor Untergang der Son-
nen begaben wir uns wieder auf den Ruͤck-Weg zur
Alberts-Burg, allwo wir noch eben zur Abend-
Mahlzeit eintraffen, nachhero uns abermahls Muͤ-
digkeit wegen zeitig zur Ruhe legten. Des fol-
genden Tages aber, da der juͤngere Hert Schmel-
tzer und Herr Herrmann auf ihre Predigten ſtu-
dir
en wolten, indem der erſte Morgen Vor-und
der andere Nachmittags ihre Probe abzulegen von
dem aͤltern Herrn Mag. Schmeltzern erinnert wa-
ren, dieſer aber ſelbſten Beichte ſitzen muſte, nahm
ich mit meiner Braut, Schweſter, den uͤbrigen
Mitgebrachten und andern guten Freunden einen
Spazier-Gang durch den groſſen Garten nach
dem GOttes-Acker oder Begraͤbniß-Platze der
Felſenburger vor, und beſahen daſelbſt die Gedaͤcht-
niß-Saͤulen und Epitaphia. Jndem ich nun be-
gierig war zu ſehen, was vor Perſonen ſeit meiner
Abreiſe verſtorben, mich alſo zu den neuen Graͤ-
bern machte, und die Epitaphia derſelben mit Fleiß
betrachte, gehen die andern zu den groſſen Ge-
daͤchtniß-Saͤulen, und leſen deren Inſcriptiones.
Ehe ich michs verſahe, entſtunde bey des ſeeligen
Carl Franz van Leuvens Gedaͤchtniß-Saͤule ein

kleiner
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0070" n="62"/>
eine Hand an&#x017F;chlagen durfften, &#x017F;ondern &#x017F;ie &#x017F;olten<lb/>
mit aller Gewalt von der bißherigen Rei&#x017F;e ausru-<lb/>
hen, und &#x017F;ich was zu Gute thun. Al&#x017F;o hieß es<lb/>
hier wohl recht: Viel Ha&#x0364;nde machen bald der<lb/>
Arbeit Ende. Wir vergnu&#x0364;gten uns neb&#x017F;t Herrn<lb/>
Wolffgangen &#x017F;ehr daru&#x0364;ber, denn die Sclaven wa-<lb/>
ren in Wahrheit &#x017F;ehr getreue Leute, und hatten<lb/>
unterwegs ungemein gute Dien&#x017F;te gethan. Et-<lb/>
wa ein paar Stunden vor Untergang der Son-<lb/>
nen begaben wir uns wieder auf den Ru&#x0364;ck-Weg zur<lb/>
Alberts-Burg, allwo wir noch eben zur Abend-<lb/>
Mahlzeit eintraffen, nachhero uns abermahls Mu&#x0364;-<lb/>
digkeit wegen zeitig zur Ruhe legten. Des fol-<lb/>
genden Tages aber, da der ju&#x0364;ngere Hert Schmel-<lb/>
tzer und Herr Herrmann auf ihre Predigten <hi rendition="#aq">&#x017F;tu-<lb/>
dir</hi>en wolten, indem der er&#x017F;te Morgen Vor-und<lb/>
der andere Nachmittags ihre Probe abzulegen von<lb/>
dem a&#x0364;ltern Herrn <hi rendition="#aq">Mag.</hi> Schmeltzern erinnert wa-<lb/>
ren, die&#x017F;er aber &#x017F;elb&#x017F;ten Beichte &#x017F;itzen mu&#x017F;te, nahm<lb/>
ich mit meiner Braut, Schwe&#x017F;ter, den u&#x0364;brigen<lb/>
Mitgebrachten und andern guten Freunden einen<lb/>
Spazier-Gang durch den gro&#x017F;&#x017F;en Garten nach<lb/>
dem GOttes-Acker oder Begra&#x0364;bniß-Platze der<lb/>
Fel&#x017F;enburger vor, und be&#x017F;ahen da&#x017F;elb&#x017F;t die Geda&#x0364;cht-<lb/>
niß-Sa&#x0364;ulen und <hi rendition="#aq">Epitaphia.</hi> Jndem ich nun be-<lb/>
gierig war zu &#x017F;ehen, was vor Per&#x017F;onen &#x017F;eit meiner<lb/>
Abrei&#x017F;e ver&#x017F;torben, mich al&#x017F;o zu den neuen Gra&#x0364;-<lb/>
bern machte, und die <hi rendition="#aq">Epitaphia</hi> der&#x017F;elben mit Fleiß<lb/>
betrachte, gehen die andern zu den gro&#x017F;&#x017F;en Ge-<lb/>
da&#x0364;chtniß-Sa&#x0364;ulen, und le&#x017F;en deren <hi rendition="#aq">In&#x017F;criptiones.</hi><lb/>
Ehe ich michs ver&#x017F;ahe, ent&#x017F;tunde bey des &#x017F;eeligen<lb/><hi rendition="#aq">Carl Franz van Leuvens</hi> Geda&#x0364;chtniß-Sa&#x0364;ule ein<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">kleiner</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0070] eine Hand anſchlagen durfften, ſondern ſie ſolten mit aller Gewalt von der bißherigen Reiſe ausru- hen, und ſich was zu Gute thun. Alſo hieß es hier wohl recht: Viel Haͤnde machen bald der Arbeit Ende. Wir vergnuͤgten uns nebſt Herrn Wolffgangen ſehr daruͤber, denn die Sclaven wa- ren in Wahrheit ſehr getreue Leute, und hatten unterwegs ungemein gute Dienſte gethan. Et- wa ein paar Stunden vor Untergang der Son- nen begaben wir uns wieder auf den Ruͤck-Weg zur Alberts-Burg, allwo wir noch eben zur Abend- Mahlzeit eintraffen, nachhero uns abermahls Muͤ- digkeit wegen zeitig zur Ruhe legten. Des fol- genden Tages aber, da der juͤngere Hert Schmel- tzer und Herr Herrmann auf ihre Predigten ſtu- diren wolten, indem der erſte Morgen Vor-und der andere Nachmittags ihre Probe abzulegen von dem aͤltern Herrn Mag. Schmeltzern erinnert wa- ren, dieſer aber ſelbſten Beichte ſitzen muſte, nahm ich mit meiner Braut, Schweſter, den uͤbrigen Mitgebrachten und andern guten Freunden einen Spazier-Gang durch den groſſen Garten nach dem GOttes-Acker oder Begraͤbniß-Platze der Felſenburger vor, und beſahen daſelbſt die Gedaͤcht- niß-Saͤulen und Epitaphia. Jndem ich nun be- gierig war zu ſehen, was vor Perſonen ſeit meiner Abreiſe verſtorben, mich alſo zu den neuen Graͤ- bern machte, und die Epitaphia derſelben mit Fleiß betrachte, gehen die andern zu den groſſen Ge- daͤchtniß-Saͤulen, und leſen deren Inſcriptiones. Ehe ich michs verſahe, entſtunde bey des ſeeligen Carl Franz van Leuvens Gedaͤchtniß-Saͤule ein kleiner

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/70
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/70>, abgerufen am 03.05.2024.