sprung demnach hurtig auf, brachte durch einen derben Kuß meine 5. Sinnen wieder in Ordnung, und sagte: Mein Hertz! seyd gutes Muths, mein Mann ist so tyrannisch nicht, sondern wird uns die- sen Fehler vergeben. Also kleideten wir uns bey- derseits hurtig an, und sahen, da wir zum Zimmer hinaus kamen, von oben herunter den Marquis un- ten im Garten ohne Pistolen gantz aufgeräumt her- um spatziren. Die Marquise nahm mich bey der Hand, und führte mich ihm entgegen; ich danckte dem Himmel, daß ich meinen Degen an der Sei- te hatte, und mich auf einem freyen Platze befand. Als wir fast noch 6. Schritte von einander waren, zohe der Marquis schon seinen Hut ab, und bewill- kommete mich aufs allerfreundlichste, danckte, daß ich ihm die Ehre erweisen und seinen schlechten Gar- ten besehen wollen, und bath, nicht ungütig zu vermercken, wenn ich nicht nach Würden tractirt würde, weil man sich nicht darauf gefast gemacht. Jch wurde von neuen dergestalt verwirret, daß ich in Wahrheit selbst nicht mehr weiß, was ich ihm geantwortet habe. Es wendete sich aber der Mar- quis zu seiner Frau, küssete sie auf den Mund, und sagte mit einer lächlenden Mine: Wie nun, Ma- dame! soll man euch nunmehro auch mit unter die einfältigen Weiber zählen? Und glaubt ihr nun, daß die Männer auch listig seyn? Monsieur! ihr habt in beyden Stücken recht, (gab sie zur Ant- wort) allein, wenn ihr so gütig seyn, und nicht mehr an das, was einmahl geschehen ist, gedencken werdet/ wird sich meine Hochachtung gegen euch vervielfältigen. Der Marquis klopffte sie hierauf
sanffte
ſprung demnach hurtig auf, brachte durch einen derben Kuß meine 5. Sinnen wieder in Ordnung, und ſagte: Mein Hertz! ſeyd gutes Muths, mein Mann iſt ſo tyranniſch nicht, ſondern wird uns die- ſen Fehler vergeben. Alſo kleideten wir uns bey- derſeits hurtig an, und ſahen, da wir zum Zimmer hinaus kamen, von oben herunter den Marquis un- ten im Garten ohne Piſtolen gantz aufgeraͤumt her- um ſpatziren. Die Marquiſe nahm mich bey der Hand, und fuͤhrte mich ihm entgegen; ich danckte dem Himmel, daß ich meinen Degen an der Sei- te hatte, und mich auf einem freyen Platze befand. Als wir faſt noch 6. Schritte von einander waren, zohe der Marquis ſchon ſeinen Hut ab, und bewill- kommete mich aufs allerfreundlichſte, danckte, daß ich ihm die Ehre erweiſen und ſeinen ſchlechten Gar- ten beſehen wollen, und bath, nicht unguͤtig zu vermercken, wenn ich nicht nach Wuͤrden tractirt wuͤrde, weil man ſich nicht darauf gefaſt gemacht. Jch wurde von neuen dergeſtalt verwirret, daß ich in Wahrheit ſelbſt nicht mehr weiß, was ich ihm geantwortet habe. Es wendete ſich aber der Mar- quis zu ſeiner Frau, kuͤſſete ſie auf den Mund, und ſagte mit einer laͤchlenden Mine: Wie nun, Ma- dame! ſoll man euch nunmehro auch mit unter die einfaͤltigen Weiber zaͤhlen? Und glaubt ihr nun, daß die Maͤnner auch liſtig ſeyn? Monsieur! ihr habt in beyden Stuͤcken recht, (gab ſie zur Ant- wort) allein, wenn ihr ſo guͤtig ſeyn, und nicht mehr an das, was einmahl geſchehen iſt, gedencken werdet/ wird ſich meine Hochachtung gegen euch vervielfaͤltigen. Der Marquis klopffte ſie hierauf
ſanffte
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ſprung demnach hurtig auf, brachte durch einen
derben Kuß meine 5. Sinnen wieder in Ordnung,
und ſagte: Mein Hertz! ſeyd gutes Muths, mein
Mann iſt ſo tyranniſch nicht, ſondern wird uns die-
ſen Fehler vergeben. Alſo kleideten wir uns bey-
derſeits hurtig an, und ſahen, da wir zum Zimmer
hinaus kamen, von oben herunter den Marquis un-
ten im Garten ohne Piſtolen gantz aufgeraͤumt her-
um ſpatziren. Die Marquiſe nahm mich bey der
Hand, und fuͤhrte mich ihm entgegen; ich danckte
dem Himmel, daß ich meinen Degen an der Sei-
te hatte, und mich auf einem freyen Platze befand.
Als wir faſt noch 6. Schritte von einander waren,
zohe der Marquis ſchon ſeinen Hut ab, und bewill-
kommete mich aufs allerfreundlichſte, danckte, daß
ich ihm die Ehre erweiſen und ſeinen ſchlechten Gar-
ten beſehen wollen, und bath, nicht unguͤtig zu
vermercken, wenn ich nicht nach Wuͤrden tractirt
wuͤrde, weil man ſich nicht darauf gefaſt gemacht.
Jch wurde von neuen dergeſtalt verwirret, daß
ich in Wahrheit ſelbſt nicht mehr weiß, was ich ihm
geantwortet habe. Es wendete ſich aber der Mar-
quis zu ſeiner Frau, kuͤſſete ſie auf den Mund, und
ſagte mit einer laͤchlenden Mine: Wie nun, Ma-
dame! ſoll man euch nunmehro auch mit unter
die einfaͤltigen Weiber zaͤhlen? Und glaubt ihr nun,
daß die Maͤnner auch liſtig ſeyn? Monsieur! ihr
habt in beyden Stuͤcken recht, (gab ſie zur Ant-
wort) allein, wenn ihr ſo guͤtig ſeyn, und nicht
mehr an das, was einmahl geſchehen iſt, gedencken
werdet/ wird ſich meine Hochachtung gegen euch
vervielfaͤltigen. Der Marquis klopffte ſie hierauf
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/402>, abgerufen am 22.11.2024.
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