Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

Morgen mit dem frühesten, uns zu suchen, aus-
gehen werden. Sie treffen uns nun an oder nicht,
so können wir ihnen doch|nach hero desto füglicher
weiß machen: Wir hätten die Brücke und den vo-
rigen Weg gar nicht finden können, sondern wä-
ren durch andere höchst-gefährliche Wege endlich auf
der Nord-Ost-Seite mit Kummer und Noth
wieder vom Berge herunter gekommen. Dieser
Vorschlag ließ sich wohl hören, derowegen ruhe-
ten wir noch eine Zeit lang, und spatzirten so dann,
weil es eine angenehme gantz helle Nacht war, ein
gut Stück Weges um den Berg herum nach Nor-
den zu, machten bey einem Gepüsche ein Feuer an,
lagerten uns, und schlieffen Wechses-weise, biß die
Sonne schon 2. biß 3. Stunden unsern Horizont
beschienen hatte, kamen auch nicht eher als Nach-
mitttags in den Hütten an/ und erfuhren daselbst so
gleich, das früh vor Anbruch des Tages 6. Mann
von ihrer Gesellschafft uns zu suchen ausgegangen
wären, indem ihnen allen unser gar zu langes Aus-
senbleiben bedencklich gefallen wäre. Wir über-
liessen die Antwort dem Capitain Horn, welcher
ihnen lauter erdichtet Zeug mit vielen Umständen
vorschwatzte, endlich auch sagte: daß wir zwar
wiederum auf die Stelle gekommen, wo die höl-
tzerne Brücke geschlagen gewesen, hätten aber die
Brücke selbst nicht wieder finden können, weßwe-
gen wir uns gemüßiget gesehen, die gräßlichsten
Klippen und Klüffte zu überklettern, da es sich denn
endlich gefügt, daß wir gestern in später Nacht an
der Nord-Ost-Seite herunter kommen, und ein ge-
ruhiges Nacht-Lager in selbiger Gegend halten kön-
nen.

Jn-

Morgen mit dem fruͤheſten, uns zu ſuchen, aus-
gehen werden. Sie treffen uns nun an oder nicht,
ſo koͤnnen wir ihnen doch|nach hero deſto fuͤglicher
weiß machen: Wir haͤtten die Bruͤcke und den vo-
rigen Weg gar nicht finden koͤnnen, ſondern waͤ-
ren durch andere hoͤchſt-gefaͤhrliche Wege endlich auf
der Nord-Oſt-Seite mit Kummer und Noth
wieder vom Berge herunter gekommen. Dieſer
Vorſchlag ließ ſich wohl hoͤren, derowegen ruhe-
ten wir noch eine Zeit lang, und ſpatzirten ſo dann,
weil es eine angenehme gantz helle Nacht war, ein
gut Stuͤck Weges um den Berg herum nach Nor-
den zu, machten bey einem Gepuͤſche ein Feuer an,
lagerten uns, und ſchlieffen Wechſes-weiſe, biß die
Sonne ſchon 2. biß 3. Stunden unſern Horizont
beſchienen hatte, kamen auch nicht eher als Nach-
mitttags in den Huͤtten an/ und erfuhren daſelbſt ſo
gleich, das fruͤh vor Anbruch des Tages 6. Mann
von ihrer Geſellſchafft uns zu ſuchen ausgegangen
waͤren, indem ihnen allen unſer gar zu langes Auſ-
ſenbleiben bedencklich gefallen waͤre. Wir uͤber-
lieſſen die Antwort dem Capitain Horn, welcher
ihnen lauter erdichtet Zeug mit vielen Umſtaͤnden
vorſchwatzte, endlich auch ſagte: daß wir zwar
wiederum auf die Stelle gekommen, wo die hoͤl-
tzerne Bruͤcke geſchlagen geweſen, haͤtten aber die
Bruͤcke ſelbſt nicht wieder finden koͤnnen, weßwe-
gen wir uns gemuͤßiget geſehen, die graͤßlichſten
Klippen und Kluͤffte zu uͤberklettern, da es ſich denn
endlich gefuͤgt, daß wir geſtern in ſpaͤter Nacht an
der Nord-Oſt-Seite herunter kommen, und ein ge-
ruhiges Nacht-Lager in ſelbiger Gegend halten koͤn-
nen.

Jn-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0346" n="338"/>
Morgen mit dem fru&#x0364;he&#x017F;ten, uns zu &#x017F;uchen, aus-<lb/>
gehen werden. Sie treffen uns nun an oder nicht,<lb/>
&#x017F;o ko&#x0364;nnen wir ihnen doch|nach hero de&#x017F;to fu&#x0364;glicher<lb/>
weiß machen: Wir ha&#x0364;tten die Bru&#x0364;cke und den vo-<lb/>
rigen Weg gar nicht finden ko&#x0364;nnen, &#x017F;ondern wa&#x0364;-<lb/>
ren durch andere ho&#x0364;ch&#x017F;t-gefa&#x0364;hrliche Wege endlich auf<lb/>
der Nord-O&#x017F;t-Seite mit Kummer und Noth<lb/>
wieder vom Berge herunter gekommen. Die&#x017F;er<lb/>
Vor&#x017F;chlag ließ &#x017F;ich wohl ho&#x0364;ren, derowegen ruhe-<lb/>
ten wir noch eine Zeit lang, und &#x017F;patzirten &#x017F;o dann,<lb/>
weil es eine angenehme gantz helle Nacht war, ein<lb/>
gut Stu&#x0364;ck Weges um den Berg herum nach Nor-<lb/>
den zu, machten bey einem Gepu&#x0364;&#x017F;che ein Feuer an,<lb/>
lagerten uns, und &#x017F;chlieffen Wech&#x017F;es-wei&#x017F;e, biß die<lb/>
Sonne &#x017F;chon 2. biß 3. Stunden un&#x017F;ern Horizont<lb/>
be&#x017F;chienen hatte, kamen auch nicht eher als Nach-<lb/>
mitttags in den Hu&#x0364;tten an/ und erfuhren da&#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;o<lb/>
gleich, das fru&#x0364;h vor Anbruch des Tages 6. Mann<lb/>
von ihrer Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft uns zu &#x017F;uchen ausgegangen<lb/>
wa&#x0364;ren, indem ihnen allen un&#x017F;er gar zu langes Au&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enbleiben bedencklich gefallen wa&#x0364;re. Wir u&#x0364;ber-<lb/>
lie&#x017F;&#x017F;en die Antwort dem <hi rendition="#aq">Capitain</hi> Horn, welcher<lb/>
ihnen lauter erdichtet Zeug mit vielen Um&#x017F;ta&#x0364;nden<lb/>
vor&#x017F;chwatzte, endlich auch &#x017F;agte: daß wir zwar<lb/>
wiederum auf die Stelle gekommen, wo die ho&#x0364;l-<lb/>
tzerne Bru&#x0364;cke ge&#x017F;chlagen gewe&#x017F;en, ha&#x0364;tten aber die<lb/>
Bru&#x0364;cke &#x017F;elb&#x017F;t nicht wieder finden ko&#x0364;nnen, weßwe-<lb/>
gen wir uns gemu&#x0364;ßiget ge&#x017F;ehen, die gra&#x0364;ßlich&#x017F;ten<lb/>
Klippen und Klu&#x0364;ffte zu u&#x0364;berklettern, da es &#x017F;ich denn<lb/>
endlich gefu&#x0364;gt, daß wir ge&#x017F;tern in &#x017F;pa&#x0364;ter Nacht an<lb/>
der Nord-O&#x017F;t-Seite herunter kommen, und ein ge-<lb/>
ruhiges Nacht-Lager in &#x017F;elbiger Gegend halten ko&#x0364;n-<lb/>
nen.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Jn-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[338/0346] Morgen mit dem fruͤheſten, uns zu ſuchen, aus- gehen werden. Sie treffen uns nun an oder nicht, ſo koͤnnen wir ihnen doch|nach hero deſto fuͤglicher weiß machen: Wir haͤtten die Bruͤcke und den vo- rigen Weg gar nicht finden koͤnnen, ſondern waͤ- ren durch andere hoͤchſt-gefaͤhrliche Wege endlich auf der Nord-Oſt-Seite mit Kummer und Noth wieder vom Berge herunter gekommen. Dieſer Vorſchlag ließ ſich wohl hoͤren, derowegen ruhe- ten wir noch eine Zeit lang, und ſpatzirten ſo dann, weil es eine angenehme gantz helle Nacht war, ein gut Stuͤck Weges um den Berg herum nach Nor- den zu, machten bey einem Gepuͤſche ein Feuer an, lagerten uns, und ſchlieffen Wechſes-weiſe, biß die Sonne ſchon 2. biß 3. Stunden unſern Horizont beſchienen hatte, kamen auch nicht eher als Nach- mitttags in den Huͤtten an/ und erfuhren daſelbſt ſo gleich, das fruͤh vor Anbruch des Tages 6. Mann von ihrer Geſellſchafft uns zu ſuchen ausgegangen waͤren, indem ihnen allen unſer gar zu langes Auſ- ſenbleiben bedencklich gefallen waͤre. Wir uͤber- lieſſen die Antwort dem Capitain Horn, welcher ihnen lauter erdichtet Zeug mit vielen Umſtaͤnden vorſchwatzte, endlich auch ſagte: daß wir zwar wiederum auf die Stelle gekommen, wo die hoͤl- tzerne Bruͤcke geſchlagen geweſen, haͤtten aber die Bruͤcke ſelbſt nicht wieder finden koͤnnen, weßwe- gen wir uns gemuͤßiget geſehen, die graͤßlichſten Klippen und Kluͤffte zu uͤberklettern, da es ſich denn endlich gefuͤgt, daß wir geſtern in ſpaͤter Nacht an der Nord-Oſt-Seite herunter kommen, und ein ge- ruhiges Nacht-Lager in ſelbiger Gegend halten koͤn- nen. Jn-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/346
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/346>, abgerufen am 17.05.2024.