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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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schönen Glantz gaben, ja rechte Strahlen von sich
warffen, zumahlen, da wir nachhero bey Nachts-
Zeit Lichter dargegen stelleten. Rings um diesen
Altar herum, zähleten wir 12. halb-runde Altäre
an den Wänden des Tempels angefügt, auf deren
jeden ein 2. Ellen hohes massiv-güldenes Götzen-
Bild, und zwar in ordentlicher Weite von einander
stunden. Das erste, so der Thür, wo wir hinein
getreten, gegen über stund, praesentirte sich in Ge-
stalt eines Frauenzimmers, die einen mit Edelgestei-
nen besetzten halben Mond auf dem Kopffe, in den
Händen aber einen gespanneten Bogen mit darauf
gelegten Pfeile hatte, und sich stellete, als ob sie eben
loßdrücken wolte; zu ihren Füssen waren 2. Hirsch-
Köpffe mit Geweyhen, ebenfalls von Golde zu se-
hen. Das andere von oben her, uns zur Rechten,
war ein scheußliches Monstrum, indem es einen
Kopff fast wie eine Nacht-Eule, vor der Stirn nur
ein grosses Auge, sonsten aber fast über und über
die Gestalt eines Bären hatte. Das dritte mach-
te die Stellung eines ergrimmten Menschen, der
etwas mit der Keule in Stücken zerschlagen will.
Das vierte war zwar auch am Leibe gestaltet als ein
Mensch, hatte aber einen Hunds-Kopff mit einem
geraden spitzigen Horne. Das fünffte zeigte die
Figur eines aufgerichts sitzenden Ochsen, der die bey-
den Vorder-Pfoten ausstreckte, und den Rachen
weit aufsperrete. Das sechste stellete das ordent-
liche Bildniß des Neptuni oder Meer-Gottes mit
seiner dreyzackigten Gabel dar, so, wie es heutiges
Tages gemahlt oder ausgehauen wird. Das sie-
bende war unter allen das scheußlichste, indem es

einen

ſchoͤnen Glantz gaben, ja rechte Strahlen von ſich
warffen, zumahlen, da wir nachhero bey Nachts-
Zeit Lichter dargegen ſtelleten. Rings um dieſen
Altar herum, zaͤhleten wir 12. halb-runde Altaͤre
an den Waͤnden des Tempels angefuͤgt, auf deren
jeden ein 2. Ellen hohes maſſiv-guͤldenes Goͤtzen-
Bild, und zwar in ordentlicher Weite von einander
ſtunden. Das erſte, ſo der Thuͤr, wo wir hinein
getreten, gegen uͤber ſtund, præſentirte ſich in Ge-
ſtalt eines Frauenzimmers, die einen mit Edelgeſtei-
nen beſetzten halben Mond auf dem Kopffe, in den
Haͤnden aber einen geſpanneten Bogen mit darauf
gelegten Pfeile hatte, und ſich ſtellete, als ob ſie eben
loßdruͤcken wolte; zu ihren Fuͤſſen waren 2. Hirſch-
Koͤpffe mit Geweyhen, ebenfalls von Golde zu ſe-
hen. Das andere von oben her, uns zur Rechten,
war ein ſcheußliches Monſtrum, indem es einen
Kopff faſt wie eine Nacht-Eule, vor der Stirn nur
ein groſſes Auge, ſonſten aber faſt uͤber und uͤber
die Geſtalt eines Baͤren hatte. Das dritte mach-
te die Stellung eines ergrimmten Menſchen, der
etwas mit der Keule in Stuͤcken zerſchlagen will.
Das vierte war zwar auch am Leibe geſtaltet als ein
Menſch, hatte aber einen Hunds-Kopff mit einem
geraden ſpitzigen Horne. Das fuͤnffte zeigte die
Figur eines aufgerichts ſitzenden Ochſen, der die bey-
den Vorder-Pfoten ausſtreckte, und den Rachen
weit aufſperrete. Das ſechſte ſtellete das ordent-
liche Bildniß des Neptuni oder Meer-Gottes mit
ſeiner dreyzackigten Gabel dar, ſo, wie es heutiges
Tages gemahlt oder ausgehauen wird. Das ſie-
bende war unter allen das ſcheußlichſte, indem es

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[319/0327] ſchoͤnen Glantz gaben, ja rechte Strahlen von ſich warffen, zumahlen, da wir nachhero bey Nachts- Zeit Lichter dargegen ſtelleten. Rings um dieſen Altar herum, zaͤhleten wir 12. halb-runde Altaͤre an den Waͤnden des Tempels angefuͤgt, auf deren jeden ein 2. Ellen hohes maſſiv-guͤldenes Goͤtzen- Bild, und zwar in ordentlicher Weite von einander ſtunden. Das erſte, ſo der Thuͤr, wo wir hinein getreten, gegen uͤber ſtund, præſentirte ſich in Ge- ſtalt eines Frauenzimmers, die einen mit Edelgeſtei- nen beſetzten halben Mond auf dem Kopffe, in den Haͤnden aber einen geſpanneten Bogen mit darauf gelegten Pfeile hatte, und ſich ſtellete, als ob ſie eben loßdruͤcken wolte; zu ihren Fuͤſſen waren 2. Hirſch- Koͤpffe mit Geweyhen, ebenfalls von Golde zu ſe- hen. Das andere von oben her, uns zur Rechten, war ein ſcheußliches Monſtrum, indem es einen Kopff faſt wie eine Nacht-Eule, vor der Stirn nur ein groſſes Auge, ſonſten aber faſt uͤber und uͤber die Geſtalt eines Baͤren hatte. Das dritte mach- te die Stellung eines ergrimmten Menſchen, der etwas mit der Keule in Stuͤcken zerſchlagen will. Das vierte war zwar auch am Leibe geſtaltet als ein Menſch, hatte aber einen Hunds-Kopff mit einem geraden ſpitzigen Horne. Das fuͤnffte zeigte die Figur eines aufgerichts ſitzenden Ochſen, der die bey- den Vorder-Pfoten ausſtreckte, und den Rachen weit aufſperrete. Das ſechſte ſtellete das ordent- liche Bildniß des Neptuni oder Meer-Gottes mit ſeiner dreyzackigten Gabel dar, ſo, wie es heutiges Tages gemahlt oder ausgehauen wird. Das ſie- bende war unter allen das ſcheußlichſte, indem es einen

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/327>, abgerufen am 17.05.2024.