Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

voll Geld heraus brachte und sagte: Meine lieben
Freunde! ich bin so glücklich gewesen, auf ein vor
verlohren gehaltenes Schiff, durch Wetten, 20000.
Thlr. zu gewinnen, und habe mich, da ich diesel-
ben vor etlichen Tagen ausgezahlt bekommen, erin-
nert, daß ich ihrem Sohne, meinem Franz 1000.
Thlr. davon versprochen, alldieweiln er sein red-
lich Hertze bißhero in allen Stücken gegen mich ge-
zeiget, hier sind die 1000. Thlr. man kan ihm die-
selben auf Zinsen austhun, biß er mit GOtt seine
eigene Handlung anfängt.

Es wird leichtlich zu glauben seyn, daß meine El-
tern und ich anfänglich von Bestürtzung und Freu-
de eingenommen, gäntzlich verstummeten, endlich
aber da mein Patron mit Lächeln zu mir sagte:
Nun wie stehets? Franz, bin ich nicht ein Mann
der sein Wort redlich hält, und meynest du nicht,
daß dir dieses Geld einmahl eine gute Beyhülffe
seyn kan, eine eigene Handlung anzufangen? brach
endlich das Band meiner Zunge, ich küssete ihm die
Hand und danckte mit den verbindlichsten Worten
vor so ein grosses unverhofftes Geschencke, meine El-
tern spareten gleichfals nichts, ihre schuldigste
Danckbarkeit meinetwegen zu erkennen zu geben,
bathen aber den Patron, doch selbsten die Güte zu ha-
ben und diese Gelder auf Zinsen auszuthun, welches
er sich denn nicht wegerte, ihnen hingegen eine schrift-
liche Obligation auf 1000. Thlr. gab. Mein güti-
ger Patron beschenckte mich nachhero mit noch al-
lerley Sachen, deren ich bedürftig war, denn die
Generositee schien ihm angebohren zu seyn, bey so
vielen Mitteln aber die er hatte, wunderte sich ein

jeder-

voll Geld heraus brachte und ſagte: Meine lieben
Freunde! ich bin ſo gluͤcklich geweſen, auf ein vor
verlohren gehaltenes Schiff, durch Wetten, 20000.
Thlr. zu gewinnen, und habe mich, da ich dieſel-
ben vor etlichen Tagen ausgezahlt bekommen, erin-
nert, daß ich ihrem Sohne, meinem Franz 1000.
Thlr. davon verſprochen, alldieweiln er ſein red-
lich Hertze bißhero in allen Stuͤcken gegen mich ge-
zeiget, hier ſind die 1000. Thlr. man kan ihm die-
ſelben auf Zinſen austhun, biß er mit GOtt ſeine
eigene Handlung anfaͤngt.

Es wird leichtlich zu glauben ſeyn, daß meine El-
tern und ich anfaͤnglich von Beſtuͤrtzung und Freu-
de eingenommen, gaͤntzlich verſtummeten, endlich
aber da mein Patron mit Laͤcheln zu mir ſagte:
Nun wie ſtehets? Franz, bin ich nicht ein Mann
der ſein Wort redlich haͤlt, und meyneſt du nicht,
daß dir dieſes Geld einmahl eine gute Beyhuͤlffe
ſeyn kan, eine eigene Handlung anzufangen? brach
endlich das Band meiner Zunge, ich kuͤſſete ihm die
Hand und danckte mit den verbindlichſten Worten
vor ſo ein groſſes unverhofftes Geſchencke, meine El-
tern ſpareten gleichfals nichts, ihre ſchuldigſte
Danckbarkeit meinetwegen zu erkennen zu geben,
bathen aber den Patron, doch ſelbſten die Guͤte zu ha-
ben und dieſe Gelder auf Zinſen auszuthun, welches
er ſich denn nicht wegerte, ihnen hingegen eine ſchrift-
liche Obligation auf 1000. Thlr. gab. Mein guͤti-
ger Patron beſchenckte mich nachhero mit noch al-
lerley Sachen, deren ich beduͤrftig war, denn die
Generoſitée ſchien ihm angebohren zu ſeyn, bey ſo
vielen Mitteln aber die er hatte, wunderte ſich ein

jeder-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0022" n="14"/>
voll Geld heraus brachte und &#x017F;agte: Meine lieben<lb/>
Freunde! ich bin &#x017F;o glu&#x0364;cklich gewe&#x017F;en, auf ein vor<lb/>
verlohren gehaltenes Schiff, durch Wetten, 20000.<lb/>
Thlr. zu gewinnen, und habe mich, da ich die&#x017F;el-<lb/>
ben vor etlichen Tagen ausgezahlt bekommen, erin-<lb/>
nert, daß ich ihrem Sohne, meinem <hi rendition="#aq">Franz</hi> 1000.<lb/>
Thlr. davon ver&#x017F;prochen, alldieweiln er &#x017F;ein red-<lb/>
lich Hertze bißhero in allen Stu&#x0364;cken gegen mich ge-<lb/>
zeiget, hier &#x017F;ind die 1000. Thlr. man kan ihm die-<lb/>
&#x017F;elben auf Zin&#x017F;en austhun, biß er mit GOtt &#x017F;eine<lb/>
eigene Handlung anfa&#x0364;ngt.</p><lb/>
        <p>Es wird leichtlich zu glauben &#x017F;eyn, daß meine El-<lb/>
tern und ich anfa&#x0364;nglich von Be&#x017F;tu&#x0364;rtzung und Freu-<lb/>
de eingenommen, ga&#x0364;ntzlich ver&#x017F;tummeten, endlich<lb/>
aber da mein <hi rendition="#aq">Patron</hi> mit La&#x0364;cheln zu mir &#x017F;agte:<lb/>
Nun wie &#x017F;tehets? <hi rendition="#aq">Franz,</hi> bin ich nicht ein Mann<lb/>
der &#x017F;ein Wort redlich ha&#x0364;lt, und meyne&#x017F;t du nicht,<lb/>
daß dir die&#x017F;es Geld einmahl eine gute Beyhu&#x0364;lffe<lb/>
&#x017F;eyn kan, eine eigene Handlung anzufangen? brach<lb/>
endlich das Band meiner Zunge, ich ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;ete ihm die<lb/>
Hand und danckte mit den verbindlich&#x017F;ten Worten<lb/>
vor &#x017F;o ein gro&#x017F;&#x017F;es unverhofftes Ge&#x017F;chencke, meine El-<lb/>
tern &#x017F;pareten gleichfals nichts, ihre &#x017F;chuldig&#x017F;te<lb/>
Danckbarkeit meinetwegen zu erkennen zu geben,<lb/>
bathen aber den <hi rendition="#aq">Patron,</hi> doch &#x017F;elb&#x017F;ten die Gu&#x0364;te zu ha-<lb/>
ben und die&#x017F;e Gelder auf Zin&#x017F;en auszuthun, welches<lb/>
er &#x017F;ich denn nicht wegerte, ihnen hingegen eine &#x017F;chrift-<lb/>
liche <hi rendition="#aq">Obligation</hi> auf 1000. Thlr. gab. Mein gu&#x0364;ti-<lb/>
ger <hi rendition="#aq">Patron</hi> be&#x017F;chenckte mich nachhero mit noch al-<lb/>
lerley Sachen, deren ich bedu&#x0364;rftig war, denn die<lb/><hi rendition="#aq">Genero&#x017F;itée</hi> &#x017F;chien ihm angebohren zu &#x017F;eyn, bey &#x017F;o<lb/>
vielen Mitteln aber die er hatte, wunderte &#x017F;ich ein<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">jeder-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0022] voll Geld heraus brachte und ſagte: Meine lieben Freunde! ich bin ſo gluͤcklich geweſen, auf ein vor verlohren gehaltenes Schiff, durch Wetten, 20000. Thlr. zu gewinnen, und habe mich, da ich dieſel- ben vor etlichen Tagen ausgezahlt bekommen, erin- nert, daß ich ihrem Sohne, meinem Franz 1000. Thlr. davon verſprochen, alldieweiln er ſein red- lich Hertze bißhero in allen Stuͤcken gegen mich ge- zeiget, hier ſind die 1000. Thlr. man kan ihm die- ſelben auf Zinſen austhun, biß er mit GOtt ſeine eigene Handlung anfaͤngt. Es wird leichtlich zu glauben ſeyn, daß meine El- tern und ich anfaͤnglich von Beſtuͤrtzung und Freu- de eingenommen, gaͤntzlich verſtummeten, endlich aber da mein Patron mit Laͤcheln zu mir ſagte: Nun wie ſtehets? Franz, bin ich nicht ein Mann der ſein Wort redlich haͤlt, und meyneſt du nicht, daß dir dieſes Geld einmahl eine gute Beyhuͤlffe ſeyn kan, eine eigene Handlung anzufangen? brach endlich das Band meiner Zunge, ich kuͤſſete ihm die Hand und danckte mit den verbindlichſten Worten vor ſo ein groſſes unverhofftes Geſchencke, meine El- tern ſpareten gleichfals nichts, ihre ſchuldigſte Danckbarkeit meinetwegen zu erkennen zu geben, bathen aber den Patron, doch ſelbſten die Guͤte zu ha- ben und dieſe Gelder auf Zinſen auszuthun, welches er ſich denn nicht wegerte, ihnen hingegen eine ſchrift- liche Obligation auf 1000. Thlr. gab. Mein guͤti- ger Patron beſchenckte mich nachhero mit noch al- lerley Sachen, deren ich beduͤrftig war, denn die Generoſitée ſchien ihm angebohren zu ſeyn, bey ſo vielen Mitteln aber die er hatte, wunderte ſich ein jeder-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/22
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/22>, abgerufen am 23.11.2024.