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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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thun müssen, ehe sie das versprochene Honorarium,
theils mit Korn, Weitzen, Gerste, Butter, Käse,
Flachs, jungen Schweinen, Kälbern, Hünern,
Gänsen etc. theils mit baarem Gelde abtragen kön-
nen, worüber dennoch die allzu nahrhaffte Frau
das debet und dedit nach ihrer Autorität einrich-
tete. Ein gewisser noch ziemlich passabler Studio-
sus Theol.
bekam den allerelendesten Schul-Col-
legen-
Dienst in der Stadt, jedennoch aus lautern
Gnaden, dieweil er ein sehr artiges, und von sei-
nen eigenen Händen fabricirtes Poppen-Schränck-
gen mit Schublädgen zum Present überreichte.
Jch glaube nicht ohne Ursach, daß in einem solcher
Schublädgen, etwa etliche geharnischte Männer
mit Schwerdern, verarrestirt gelegen, kan es aber
dennoch nicht vor gantz gewiß aussagen. Die Herren
Dorff-Schulmeisters oder Cantores, wie sie gern
heissen wollen, mußten sich desto genereuser zeigen,
ein oder ein paar Bienen-Stöcke, etliche Kannen
Honig oder Pflaumen-Mus, Butter und Käse,
wurden gar negligent angenommen, derjenige
aber, so einen oder ein paar fette Consistorial-Vö-
gel, wenigstens so viel Capaunen, eine mit vielen
Küchleins gesegnete Gluck-Henne, und dergleichen
brachte, bekam nicht allein freundliche Minen,
sondern verblümter weise so gar spem successionis
auf die Pfarre. Sonsten war die Frau Primariin
die Zuflucht aller Männer-begierigen Jungfern,
denn wenn diese nur erstlich die rechten Schliche zu
Deroselben Hertzen fanden, wurde ihnen nach
Standes-Gebühr gar bald mit einem Pfarrer,
Kirchen-oder Schul-Diener geholffen, und solcher-

gestalt

thun muͤſſen, ehe ſie das verſprochene Honorarium,
theils mit Korn, Weitzen, Gerſte, Butter, Kaͤſe,
Flachs, jungen Schweinen, Kaͤlbern, Huͤnern,
Gaͤnſen ꝛc. theils mit baarem Gelde abtragen koͤn-
nen, woruͤber dennoch die allzu nahrhaffte Frau
das debet und dedit nach ihrer Autoritaͤt einrich-
tete. Ein gewiſſer noch ziemlich paſſabler Studio-
ſus Theol.
bekam den allerelendeſten Schul-Col-
legen-
Dienſt in der Stadt, jedennoch aus lautern
Gnaden, dieweil er ein ſehr artiges, und von ſei-
nen eigenen Haͤnden fabricirtes Poppen-Schraͤnck-
gen mit Schublaͤdgen zum Preſent uͤberreichte.
Jch glaube nicht ohne Urſach, daß in einem ſolcher
Schublaͤdgen, etwa etliche geharniſchte Maͤnner
mit Schwerdern, verarreſtirt gelegen, kan es aber
dennoch nicht vor gantz gewiß ausſagen. Die Herren
Dorff-Schulmeiſters oder Cantores, wie ſie gern
heiſſen wollen, mußten ſich deſto genereuſer zeigen,
ein oder ein paar Bienen-Stoͤcke, etliche Kannen
Honig oder Pflaumen-Mus, Butter und Kaͤſe,
wurden gar negligent angenommen, derjenige
aber, ſo einen oder ein paar fette Conſiſtorial-Voͤ-
gel, wenigſtens ſo viel Capaunen, eine mit vielen
Kuͤchleins geſegnete Gluck-Henne, und dergleichen
brachte, bekam nicht allein freundliche Minen,
ſondern verbluͤmter weiſe ſo gar ſpem ſucceſſionis
auf die Pfarre. Sonſten war die Frau Primariin
die Zuflucht aller Maͤnner-begierigen Jungfern,
denn wenn dieſe nur erſtlich die rechten Schliche zu
Deroſelben Hertzen fanden, wurde ihnen nach
Standes-Gebuͤhr gar bald mit einem Pfarrer,
Kirchen-oder Schul-Diener geholffen, und ſolcher-

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[58/0072] thun muͤſſen, ehe ſie das verſprochene Honorarium, theils mit Korn, Weitzen, Gerſte, Butter, Kaͤſe, Flachs, jungen Schweinen, Kaͤlbern, Huͤnern, Gaͤnſen ꝛc. theils mit baarem Gelde abtragen koͤn- nen, woruͤber dennoch die allzu nahrhaffte Frau das debet und dedit nach ihrer Autoritaͤt einrich- tete. Ein gewiſſer noch ziemlich paſſabler Studio- ſus Theol. bekam den allerelendeſten Schul-Col- legen-Dienſt in der Stadt, jedennoch aus lautern Gnaden, dieweil er ein ſehr artiges, und von ſei- nen eigenen Haͤnden fabricirtes Poppen-Schraͤnck- gen mit Schublaͤdgen zum Preſent uͤberreichte. Jch glaube nicht ohne Urſach, daß in einem ſolcher Schublaͤdgen, etwa etliche geharniſchte Maͤnner mit Schwerdern, verarreſtirt gelegen, kan es aber dennoch nicht vor gantz gewiß ausſagen. Die Herren Dorff-Schulmeiſters oder Cantores, wie ſie gern heiſſen wollen, mußten ſich deſto genereuſer zeigen, ein oder ein paar Bienen-Stoͤcke, etliche Kannen Honig oder Pflaumen-Mus, Butter und Kaͤſe, wurden gar negligent angenommen, derjenige aber, ſo einen oder ein paar fette Conſiſtorial-Voͤ- gel, wenigſtens ſo viel Capaunen, eine mit vielen Kuͤchleins geſegnete Gluck-Henne, und dergleichen brachte, bekam nicht allein freundliche Minen, ſondern verbluͤmter weiſe ſo gar ſpem ſucceſſionis auf die Pfarre. Sonſten war die Frau Primariin die Zuflucht aller Maͤnner-begierigen Jungfern, denn wenn dieſe nur erſtlich die rechten Schliche zu Deroſelben Hertzen fanden, wurde ihnen nach Standes-Gebuͤhr gar bald mit einem Pfarrer, Kirchen-oder Schul-Diener geholffen, und ſolcher- geſtalt

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/72>, abgerufen am 21.11.2024.