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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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überbringt derowegen der Frau Primariin ein paar
Päcklein feines Zeug, welches kaum mit der Elle
ausgemessen, da schon der fröhliche Geber von aller
Schuld los gesprochen ist, ja als der andere Mensch
diesen Flecken nicht alleine wolte auf sich hafften
lassen, gibt ihm der Herr Primarius noch diese
tröstliche Vermahnung: Er solle es doch immer
gut seyn lassen, es wäre ein menschlicher Fehler,
welcher durch eine mäßige Kirchen-Censur abge-
than werden könte, er wäre ein lediger Mensch, der
aus Liebe zu seinem verehligten Nächsten, derglei-
chen Sache eher auf sich nehmen könte, als der
andere, mit dem es schon etwas mehrers auf sich
hätte.

Man bedencke, ob allhier nicht eingetroffen,
was GOTT durch den Propheten Micha cap. 3.
v.
11. redet: Jhre Häupter richten um Ge-
schencke, ihre Priester lehren um Lohn, und
ihre Propheten wahrsagen um Geld.
Je-
doch nur noch etwas weniges und wahrhafftes von
meinem damahligen Patrono zu melden, so wußte
er alles dermassen politisch zu spielen, daß nie-
mand leichtlich einen Pfarr- oder Schul-Dienst in
der Stadt oder auf dem Lande bekam, als wer sich
vorhero quovis modo mit der Frauen abgefunden,
denn weil deren Mann die andern Kirchen- und
Schul-Patronos dergestalt eingenommen hatte,
daß sie ihn in allen dergleichen Handlungen fast
nach eigenem Gefallen schalten und walten liessen,
that er mehrentheils was er wolte, doch besser ge-
sagt, was seiner Frauen gefiel. Jch weiß etliche
arme Dorff-Prediger, die sich wehe genug haben

thun
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uͤberbringt derowegen der Frau Primariin ein paar
Paͤcklein feines Zeug, welches kaum mit der Elle
ausgemeſſen, da ſchon der froͤhliche Geber von aller
Schuld los geſprochen iſt, ja als der andere Menſch
dieſen Flecken nicht alleine wolte auf ſich hafften
laſſen, gibt ihm der Herr Primarius noch dieſe
troͤſtliche Vermahnung: Er ſolle es doch immer
gut ſeyn laſſen, es waͤre ein menſchlicher Fehler,
welcher durch eine maͤßige Kirchen-Cenſur abge-
than werden koͤnte, er waͤre ein lediger Menſch, der
aus Liebe zu ſeinem verehligten Naͤchſten, derglei-
chen Sache eher auf ſich nehmen koͤnte, als der
andere, mit dem es ſchon etwas mehrers auf ſich
haͤtte.

Man bedencke, ob allhier nicht eingetroffen,
was GOTT durch den Propheten Micha cap. 3.
v.
11. redet: Jhre Haͤupter richten um Ge-
ſchencke, ihre Prieſter lehren um Lohn, und
ihre Propheten wahrſagen um Geld.
Je-
doch nur noch etwas weniges und wahrhafftes von
meinem damahligen Patrono zu melden, ſo wußte
er alles dermaſſen politiſch zu ſpielen, daß nie-
mand leichtlich einen Pfarr- oder Schul-Dienſt in
der Stadt oder auf dem Lande bekam, als wer ſich
vorhero quovis modo mit der Frauen abgefunden,
denn weil deren Mann die andern Kirchen- und
Schul-Patronos dergeſtalt eingenommen hatte,
daß ſie ihn in allen dergleichen Handlungen faſt
nach eigenem Gefallen ſchalten und walten lieſſen,
that er mehrentheils was er wolte, doch beſſer ge-
ſagt, was ſeiner Frauen gefiel. Jch weiß etliche
arme Dorff-Prediger, die ſich wehe genug haben

thun
d 5
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[57/0071] uͤberbringt derowegen der Frau Primariin ein paar Paͤcklein feines Zeug, welches kaum mit der Elle ausgemeſſen, da ſchon der froͤhliche Geber von aller Schuld los geſprochen iſt, ja als der andere Menſch dieſen Flecken nicht alleine wolte auf ſich hafften laſſen, gibt ihm der Herr Primarius noch dieſe troͤſtliche Vermahnung: Er ſolle es doch immer gut ſeyn laſſen, es waͤre ein menſchlicher Fehler, welcher durch eine maͤßige Kirchen-Cenſur abge- than werden koͤnte, er waͤre ein lediger Menſch, der aus Liebe zu ſeinem verehligten Naͤchſten, derglei- chen Sache eher auf ſich nehmen koͤnte, als der andere, mit dem es ſchon etwas mehrers auf ſich haͤtte. Man bedencke, ob allhier nicht eingetroffen, was GOTT durch den Propheten Micha cap. 3. v. 11. redet: Jhre Haͤupter richten um Ge- ſchencke, ihre Prieſter lehren um Lohn, und ihre Propheten wahrſagen um Geld. Je- doch nur noch etwas weniges und wahrhafftes von meinem damahligen Patrono zu melden, ſo wußte er alles dermaſſen politiſch zu ſpielen, daß nie- mand leichtlich einen Pfarr- oder Schul-Dienſt in der Stadt oder auf dem Lande bekam, als wer ſich vorhero quovis modo mit der Frauen abgefunden, denn weil deren Mann die andern Kirchen- und Schul-Patronos dergeſtalt eingenommen hatte, daß ſie ihn in allen dergleichen Handlungen faſt nach eigenem Gefallen ſchalten und walten lieſſen, that er mehrentheils was er wolte, doch beſſer ge- ſagt, was ſeiner Frauen gefiel. Jch weiß etliche arme Dorff-Prediger, die ſich wehe genug haben thun d 5

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/71>, abgerufen am 21.11.2024.