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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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ins Angesichte, wovon er gantz betaubt wird, sie aber
Zeit bekömmt, sich gäntzlich von ihm los zureissen
und fort zu lauffen. Zu allem Unglück kömmt ihr
sogleich ihr Bräutigam Frisch entgegen, dem sie das
leichtfertige Vorhaben erzehlet, und ihn dergestalt
zum Zorne reitzet, daß er so gleich den Wellingson
aufsucht und mit ihm anbinden will, allein dieser
Bösewicht läßt den armen Frisch, nicht einmahl gantz
an sich kommen, sondern wirfft ihm sein in Händen
habendes scharff gespitzt und geschliffenes Beil der-
gestalt tieff in den Leib hinein, daß so gleich das Ein-
geweide durch die heßlich grosse Oeffnung heraus
dringet.

Wir hatten nicht so bald Nachricht von diesem
abermahligen Unglück empfangen, als wir den töd-
lich Verwundeten auf einer Trage-Bahre in die
Hütten trugen, vermeinten anbey, Wellingson
würde nicht wieder zum Vorscheine kommen, son-
dern sich vielleicht des bösen Gewissens wegen in der
Wildniß verbergen, allein er kam noch ehe es Abend
wurde, und stellete sich mit ergrimmten Gebärden
an, als ob er noch Recht überley hätte, ich ließ ihn
aber so gleich fest machen, und bis auf fernern Be-
scheid krumm zusammen schliessen.

Frisch starb dritten Tages nach empfangener
Wunde recht erbärmlich, und so zu sagen mit ge-
funden und frischen Hertzen, nachdem wir ihn aber
mit grossem Leidwesen begraben hatten, traten wis
die fernere Reise an, und erreichten endlich, nach vie-
len ausgestandenen Widerwärtigkeiten von Wind
und Wetter, die grosse Philippinische Jnsul Min-
danao.

Jndem

ins Angeſichte, wovon er gantz betaubt wird, ſie aber
Zeit bekoͤmmt, ſich gaͤntzlich von ihm los zureiſſen
und fort zu lauffen. Zu allem Ungluͤck koͤmmt ihr
ſogleich ihr Braͤutigam Friſch entgegen, dem ſie das
leichtfertige Vorhaben erzehlet, und ihn dergeſtalt
zum Zorne reitzet, daß er ſo gleich den Wellingſon
aufſucht und mit ihm anbinden will, allein dieſer
Boͤſewicht laͤßt den armen Friſch, nicht einmahl gantz
an ſich kommen, ſondern wirfft ihm ſein in Haͤnden
habendes ſcharff geſpitzt und geſchliffenes Beil der-
geſtalt tieff in den Leib hinein, daß ſo gleich das Ein-
geweide durch die heßlich groſſe Oeffnung heraus
dringet.

Wir hatten nicht ſo bald Nachricht von dieſem
abermahligen Ungluͤck empfangen, als wir den toͤd-
lich Verwundeten auf einer Trage-Bahre in die
Huͤtten trugen, vermeinten anbey, Wellingſon
wuͤrde nicht wieder zum Vorſcheine kommen, ſon-
dern ſich vielleicht des boͤſen Gewiſſens wegen in der
Wildniß verbergen, allein er kam noch ehe es Abend
wurde, und ſtellete ſich mit ergrimmten Gebaͤrden
an, als ob er noch Recht uͤberley haͤtte, ich ließ ihn
aber ſo gleich feſt machen, und bis auf fernern Be-
ſcheid krumm zuſammen ſchlieſſen.

Friſch ſtarb dritten Tages nach empfangener
Wunde recht erbaͤrmlich, und ſo zu ſagen mit ge-
funden und friſchen Hertzen, nachdem wir ihn aber
mit groſſem Leidweſen begraben hatten, traten wis
die fernere Reiſe an, und erreichten endlich, nach vie-
len ausgeſtandenen Widerwaͤrtigkeiten von Wind
und Wetter, die groſſe Philippiniſche Jnſul Min-
danao.

Jndem
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[538/0554] ins Angeſichte, wovon er gantz betaubt wird, ſie aber Zeit bekoͤmmt, ſich gaͤntzlich von ihm los zureiſſen und fort zu lauffen. Zu allem Ungluͤck koͤmmt ihr ſogleich ihr Braͤutigam Friſch entgegen, dem ſie das leichtfertige Vorhaben erzehlet, und ihn dergeſtalt zum Zorne reitzet, daß er ſo gleich den Wellingſon aufſucht und mit ihm anbinden will, allein dieſer Boͤſewicht laͤßt den armen Friſch, nicht einmahl gantz an ſich kommen, ſondern wirfft ihm ſein in Haͤnden habendes ſcharff geſpitzt und geſchliffenes Beil der- geſtalt tieff in den Leib hinein, daß ſo gleich das Ein- geweide durch die heßlich groſſe Oeffnung heraus dringet. Wir hatten nicht ſo bald Nachricht von dieſem abermahligen Ungluͤck empfangen, als wir den toͤd- lich Verwundeten auf einer Trage-Bahre in die Huͤtten trugen, vermeinten anbey, Wellingſon wuͤrde nicht wieder zum Vorſcheine kommen, ſon- dern ſich vielleicht des boͤſen Gewiſſens wegen in der Wildniß verbergen, allein er kam noch ehe es Abend wurde, und ſtellete ſich mit ergrimmten Gebaͤrden an, als ob er noch Recht uͤberley haͤtte, ich ließ ihn aber ſo gleich feſt machen, und bis auf fernern Be- ſcheid krumm zuſammen ſchlieſſen. Friſch ſtarb dritten Tages nach empfangener Wunde recht erbaͤrmlich, und ſo zu ſagen mit ge- funden und friſchen Hertzen, nachdem wir ihn aber mit groſſem Leidweſen begraben hatten, traten wis die fernere Reiſe an, und erreichten endlich, nach vie- len ausgeſtandenen Widerwaͤrtigkeiten von Wind und Wetter, die groſſe Philippiniſche Jnſul Min- danao. Jndem

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/554>, abgerufen am 23.11.2024.