dacht, in was vor sonderbarem Werthe das Euro- päische Vieh auf unsererer Jnsul gewesen, fällt mir bey, daß als eines Tages Herr Wolffgang den Alt- Vater, nebst einigen andern guten Freunden zu Ga- ste, und unter andern Gerichten, etliche gekochte jun- ge Hüner, nebst einem Kalbs-Braten aufgesetzt hat- te, war der Alt-Vater dermassen eigensinnig, daß er weder von dem einen, noch dem andern Gerichte et- was kosten wolte, sondern es dem ehrlichen Herrn Wolffgang vor eine unverantwortliche Verschwen- dung auslegte, indem sich selbige Thiere noch lange nicht so starck vermehret hätten, daß man sie mit Recht zu Leckerbissen brauchen dürffte. Herr Wolff- gang aber zeigte sich hierauf dermassen gefällig gegen den Alt-Vater, daß er ihm angelobte binnen Jahr und Tag kein einzig Stück Feder-Vieh, binnen 5. Jahren auch kein vierfüßiges Europäisches Thier schlachten zu lassen, ohngeacht wir damahliger Zeit schon eine ungemein starcke Anzahl von Hünern, Gänsen, Tauben und dergleichen hatten.
Am 23. May wurde ein junger Mann aus Si- mons-Raum, welcher zur unrechten Zeit etwas von sehr feinen Thone aus den Thon-Gruben hauen wol- len, plötzlich verschüttet und sehr zerdrückt, jedoch weil es andere Leute zeitig wahrgenommen, annoch vom jämmerlichen Ersticken errettet, und von Mons. Kramern wiederum völlig aus curiret. Acht oder 10. Tage hernach fiel unsers ehrlichen Töpfers Mei- ster Schreiners, Brenn-Ofen ein, so, daß alles darin- nen befindliche Töpfer-Zeug zerschlagen, einer von seinen Lehrlingen aber durch einen Stein auf dem Kopfe sehr beschädiget wurde.
Zu
dacht, in was vor ſonderbarem Werthe das Euro- paͤiſche Vieh auf unſererer Jnſul geweſen, faͤllt mir bey, daß als eines Tages Herr Wolffgang den Alt- Vater, nebſt einigen andern guten Freunden zu Ga- ſte, und unter andern Gerichten, etliche gekochte jun- ge Huͤner, nebſt einem Kalbs-Braten aufgeſetzt hat- te, war der Alt-Vater dermaſſen eigenſinnig, daß er weder von dem einen, noch dem andern Gerichte et- was koſten wolte, ſondern es dem ehrlichen Herrn Wolffgang vor eine unverantwortliche Verſchwen- dung auslegte, indem ſich ſelbige Thiere noch lange nicht ſo ſtarck vermehret haͤtten, daß man ſie mit Recht zu Leckerbiſſen brauchen duͤrffte. Herr Wolff- gang aber zeigte ſich hierauf dermaſſen gefaͤllig gegen den Alt-Vater, daß er ihm angelobte binnen Jahr und Tag kein einzig Stuͤck Feder-Vieh, binnen 5. Jahren auch kein vierfuͤßiges Europaͤiſches Thier ſchlachten zu laſſen, ohngeacht wir damahliger Zeit ſchon eine ungemein ſtarcke Anzahl von Huͤnern, Gaͤnſen, Tauben und dergleichen hatten.
Am 23. May wurde ein junger Mann aus Si- mons-Raum, welcher zur unrechten Zeit etwas von ſehr feinen Thone aus den Thon-Gruben hauen wol- len, ploͤtzlich verſchuͤttet und ſehr zerdruͤckt, jedoch weil es andere Leute zeitig wahrgenommen, annoch vom jaͤmmerlichen Erſticken errettet, und von Monſ. Kramern wiederum voͤllig aus curiret. Acht oder 10. Tage hernach fiel unſers ehrlichen Toͤpfers Mei- ſter Schreiners, Brenn-Ofen ein, ſo, daß alles darin- nen befindliche Toͤpfer-Zeug zerſchlagen, einer von ſeinen Lehrlingen aber durch einen Stein auf dem Kopfe ſehr beſchaͤdiget wurde.
Zu
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0530"n="514"/>
dacht, in was vor ſonderbarem Werthe das Euro-<lb/>
paͤiſche Vieh auf unſererer Jnſul geweſen, faͤllt mir<lb/>
bey, daß als eines Tages Herr Wolffgang den Alt-<lb/>
Vater, nebſt einigen andern guten Freunden zu Ga-<lb/>ſte, und unter andern Gerichten, etliche gekochte jun-<lb/>
ge Huͤner, nebſt einem Kalbs-Braten aufgeſetzt hat-<lb/>
te, war der Alt-Vater dermaſſen eigenſinnig, daß er<lb/>
weder von dem einen, noch dem andern Gerichte et-<lb/>
was koſten wolte, ſondern es dem ehrlichen Herrn<lb/>
Wolffgang vor eine unverantwortliche Verſchwen-<lb/>
dung auslegte, indem ſich ſelbige Thiere noch lange<lb/>
nicht ſo ſtarck vermehret haͤtten, daß man ſie mit<lb/>
Recht zu Leckerbiſſen brauchen duͤrffte. Herr Wolff-<lb/>
gang aber zeigte ſich hierauf dermaſſen gefaͤllig gegen<lb/>
den Alt-Vater, daß er ihm angelobte binnen Jahr<lb/>
und Tag kein einzig Stuͤck Feder-Vieh, binnen 5.<lb/>
Jahren auch kein vierfuͤßiges Europaͤiſches Thier<lb/>ſchlachten zu laſſen, ohngeacht wir damahliger Zeit<lb/>ſchon eine ungemein ſtarcke Anzahl von Huͤnern,<lb/>
Gaͤnſen, Tauben und dergleichen hatten.</p><lb/><p>Am 23. <hirendition="#aq">May</hi> wurde ein junger Mann aus <hirendition="#aq">Si-<lb/>
mons</hi>-Raum, welcher zur unrechten Zeit etwas von<lb/>ſehr feinen Thone aus den Thon-Gruben hauen wol-<lb/>
len, ploͤtzlich verſchuͤttet und ſehr zerdruͤckt, jedoch weil<lb/>
es andere Leute zeitig wahrgenommen, annoch vom<lb/>
jaͤmmerlichen Erſticken errettet, und von <hirendition="#aq">Monſ.<lb/>
Kramern</hi> wiederum voͤllig aus <hirendition="#aq">curi</hi>ret. Acht oder<lb/>
10. Tage hernach fiel unſers ehrlichen Toͤpfers Mei-<lb/>ſter Schreiners, Brenn-Ofen ein, ſo, daß alles darin-<lb/>
nen befindliche Toͤpfer-Zeug zerſchlagen, einer von<lb/>ſeinen Lehrlingen aber durch einen Stein auf dem<lb/>
Kopfe ſehr beſchaͤdiget wurde.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Zu</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[514/0530]
dacht, in was vor ſonderbarem Werthe das Euro-
paͤiſche Vieh auf unſererer Jnſul geweſen, faͤllt mir
bey, daß als eines Tages Herr Wolffgang den Alt-
Vater, nebſt einigen andern guten Freunden zu Ga-
ſte, und unter andern Gerichten, etliche gekochte jun-
ge Huͤner, nebſt einem Kalbs-Braten aufgeſetzt hat-
te, war der Alt-Vater dermaſſen eigenſinnig, daß er
weder von dem einen, noch dem andern Gerichte et-
was koſten wolte, ſondern es dem ehrlichen Herrn
Wolffgang vor eine unverantwortliche Verſchwen-
dung auslegte, indem ſich ſelbige Thiere noch lange
nicht ſo ſtarck vermehret haͤtten, daß man ſie mit
Recht zu Leckerbiſſen brauchen duͤrffte. Herr Wolff-
gang aber zeigte ſich hierauf dermaſſen gefaͤllig gegen
den Alt-Vater, daß er ihm angelobte binnen Jahr
und Tag kein einzig Stuͤck Feder-Vieh, binnen 5.
Jahren auch kein vierfuͤßiges Europaͤiſches Thier
ſchlachten zu laſſen, ohngeacht wir damahliger Zeit
ſchon eine ungemein ſtarcke Anzahl von Huͤnern,
Gaͤnſen, Tauben und dergleichen hatten.
Am 23. May wurde ein junger Mann aus Si-
mons-Raum, welcher zur unrechten Zeit etwas von
ſehr feinen Thone aus den Thon-Gruben hauen wol-
len, ploͤtzlich verſchuͤttet und ſehr zerdruͤckt, jedoch weil
es andere Leute zeitig wahrgenommen, annoch vom
jaͤmmerlichen Erſticken errettet, und von Monſ.
Kramern wiederum voͤllig aus curiret. Acht oder
10. Tage hernach fiel unſers ehrlichen Toͤpfers Mei-
ſter Schreiners, Brenn-Ofen ein, ſo, daß alles darin-
nen befindliche Toͤpfer-Zeug zerſchlagen, einer von
ſeinen Lehrlingen aber durch einen Stein auf dem
Kopfe ſehr beſchaͤdiget wurde.
Zu
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 514. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/530>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.