Am 15. May kam in Alberts Raum durch Ver- wahrlosung eines kleinen 4. jährigen Mägdleins, welches in Abwesenheit der Eltern einen glüenden Feuer-Brand zu nahe an den gedörreten Flachs ge- tragen, ein Haus dergestalt geschwind in Brand, daß, ohngeacht aller angewandten Arbeit, keine Rettung zu thun war, sondern dasselbe nebst Scheunen und Ställen zum Aschen-Hauffen werden mußte, jedoch, ausser dem allermeisten Hausgeräthe dieser guten Leute, war nichts beklagenswürdiger, als ein junges Rind, und 13. Stück Hüner, welche, weil man in der Angst nicht an dieselben gedacht, mit verbrannt waren.
Die klare Wahrheit zu sagen, so war uns allen an diesem jungen Stück Rind-Vieh, und den Hü- nern dermassen viel, ja weit mehr gelegen, als an einem gantzen Hause, und allen darzu benöthigten Hausrathe, denn dergleichen Haus war bey so redlicher Handreichung, binnen kurtzer Zeit wieder aufgebauet, der Hausrath aber konte in einem eintzigen Tage, ohne jemands Schaden, zehnfach, ja was sage ich? hundertfach ersetzt werden. O! wie mancher Bösewicht in Teutschland solte sich mit größten Vergnügen, ohne eintzigen Gewissens- Scrupel zu machen, sein Wohnhaus selbst über dem Kopfe anzünden, auch nackend und blos heraus lauffen, wenn er sich nur dergleichen Beneficien zu getrösten hätte. Sonsten, weil ich eben itzo ge-
dacht
*
gekommen sind, so daß fast ein jeder gemeiner Mann in Teutschland ziemlich wohl darvon zu raisoniren weiß, also habe mich unterstan- den, selbigen aussen zu lassen. *
II.Theil. k k
*
Am 15. May kam in Alberts Raum durch Ver- wahrloſung eines kleinen 4. jaͤhrigen Maͤgdleins, welches in Abweſenheit der Eltern einen gluͤenden Feuer-Brand zu nahe an den gedoͤrreten Flachs ge- tragen, ein Haus dergeſtalt geſchwind in Brand, daß, ohngeacht aller angewandten Arbeit, keine Rettung zu thun war, ſondern daſſelbe nebſt Scheunen und Staͤllen zum Aſchen-Hauffen werden mußte, jedoch, auſſer dem allermeiſten Hausgeraͤthe dieſer guten Leute, war nichts beklagenswuͤrdiger, als ein junges Rind, und 13. Stuͤck Huͤner, welche, weil man in der Angſt nicht an dieſelben gedacht, mit verbrannt waren.
Die klare Wahrheit zu ſagen, ſo war uns allen an dieſem jungen Stuͤck Rind-Vieh, und den Huͤ- nern dermaſſen viel, ja weit mehr gelegen, als an einem gantzen Hauſe, und allen darzu benoͤthigten Hausrathe, denn dergleichen Haus war bey ſo redlicher Handreichung, binnen kurtzer Zeit wieder aufgebauet, der Hausrath aber konte in einem eintzigen Tage, ohne jemands Schaden, zehnfach, ja was ſage ich? hundertfach erſetzt werden. O! wie mancher Boͤſewicht in Teutſchland ſolte ſich mit groͤßten Vergnuͤgen, ohne eintzigen Gewiſſens- Scrupel zu machen, ſein Wohnhaus ſelbſt uͤber dem Kopfe anzuͤnden, auch nackend und blos heraus lauffen, wenn er ſich nur dergleichen Beneficien zu getroͤſten haͤtte. Sonſten, weil ich eben itzo ge-
dacht
*
gekommen ſind, ſo daß faſt ein jeder gemeiner Mann in Teutſchland ziemlich wohl darvon zu raiſoniren weiß, alſo habe mich unterſtan- den, ſelbigen auſſen zu laſſen. *
II.Theil. k k
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><noteplace="foot"n="*"><pbfacs="#f0529"n="513"/>
gekommen ſind, ſo daß faſt ein jeder gemeiner<lb/>
Mann in Teutſchland ziemlich wohl darvon<lb/>
zu <hirendition="#aq">raiſoni</hi>ren weiß, alſo habe mich unterſtan-<lb/>
den, ſelbigen auſſen zu laſſen. *</note><lb/><p>Am 15. <hirendition="#aq">May</hi> kam in <hirendition="#aq">Alberts</hi> Raum durch Ver-<lb/>
wahrloſung eines kleinen 4. jaͤhrigen Maͤgdleins,<lb/>
welches in Abweſenheit der Eltern einen gluͤenden<lb/>
Feuer-Brand zu nahe an den gedoͤrreten Flachs ge-<lb/>
tragen, ein Haus dergeſtalt geſchwind in Brand, daß,<lb/>
ohngeacht aller angewandten Arbeit, keine Rettung<lb/>
zu thun war, ſondern daſſelbe nebſt Scheunen und<lb/>
Staͤllen zum Aſchen-Hauffen werden mußte, jedoch,<lb/>
auſſer dem allermeiſten Hausgeraͤthe dieſer guten<lb/>
Leute, war nichts beklagenswuͤrdiger, als ein junges<lb/>
Rind, und 13. Stuͤck Huͤner, welche, weil man in<lb/>
der Angſt nicht an dieſelben gedacht, mit verbrannt<lb/>
waren.</p><lb/><p>Die klare Wahrheit zu ſagen, ſo war uns allen<lb/>
an dieſem jungen Stuͤck Rind-Vieh, und den Huͤ-<lb/>
nern dermaſſen viel, ja weit mehr gelegen, als an<lb/>
einem gantzen Hauſe, und allen darzu benoͤthigten<lb/>
Hausrathe, denn dergleichen Haus war bey ſo<lb/>
redlicher Handreichung, binnen kurtzer Zeit wieder<lb/>
aufgebauet, der Hausrath aber konte in einem<lb/>
eintzigen Tage, ohne jemands Schaden, zehnfach,<lb/>
ja was ſage ich? hundertfach erſetzt werden. O!<lb/>
wie mancher Boͤſewicht in Teutſchland ſolte ſich<lb/>
mit groͤßten Vergnuͤgen, ohne eintzigen Gewiſſens-<lb/>
Scrupel zu machen, ſein Wohnhaus ſelbſt uͤber<lb/>
dem Kopfe anzuͤnden, auch nackend und blos heraus<lb/>
lauffen, wenn er ſich nur dergleichen <hirendition="#aq">Benefici</hi>en zu<lb/>
getroͤſten haͤtte. Sonſten, weil ich eben itzo ge-<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">II.</hi><hirendition="#fr">Theil.</hi> k k</fw><fwplace="bottom"type="catch">dacht</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[513/0529]
*
Am 15. May kam in Alberts Raum durch Ver-
wahrloſung eines kleinen 4. jaͤhrigen Maͤgdleins,
welches in Abweſenheit der Eltern einen gluͤenden
Feuer-Brand zu nahe an den gedoͤrreten Flachs ge-
tragen, ein Haus dergeſtalt geſchwind in Brand, daß,
ohngeacht aller angewandten Arbeit, keine Rettung
zu thun war, ſondern daſſelbe nebſt Scheunen und
Staͤllen zum Aſchen-Hauffen werden mußte, jedoch,
auſſer dem allermeiſten Hausgeraͤthe dieſer guten
Leute, war nichts beklagenswuͤrdiger, als ein junges
Rind, und 13. Stuͤck Huͤner, welche, weil man in
der Angſt nicht an dieſelben gedacht, mit verbrannt
waren.
Die klare Wahrheit zu ſagen, ſo war uns allen
an dieſem jungen Stuͤck Rind-Vieh, und den Huͤ-
nern dermaſſen viel, ja weit mehr gelegen, als an
einem gantzen Hauſe, und allen darzu benoͤthigten
Hausrathe, denn dergleichen Haus war bey ſo
redlicher Handreichung, binnen kurtzer Zeit wieder
aufgebauet, der Hausrath aber konte in einem
eintzigen Tage, ohne jemands Schaden, zehnfach,
ja was ſage ich? hundertfach erſetzt werden. O!
wie mancher Boͤſewicht in Teutſchland ſolte ſich
mit groͤßten Vergnuͤgen, ohne eintzigen Gewiſſens-
Scrupel zu machen, ſein Wohnhaus ſelbſt uͤber
dem Kopfe anzuͤnden, auch nackend und blos heraus
lauffen, wenn er ſich nur dergleichen Beneficien zu
getroͤſten haͤtte. Sonſten, weil ich eben itzo ge-
dacht
* gekommen ſind, ſo daß faſt ein jeder gemeiner
Mann in Teutſchland ziemlich wohl darvon
zu raiſoniren weiß, alſo habe mich unterſtan-
den, ſelbigen auſſen zu laſſen. *
II. Theil. k k
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 513. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/529>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.