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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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Tage hernach die fernere Reise fort setzte. Auf
selbiger bekam ich weit vortrefflichere Oerter als
bishero zu sehen, endlich aber blieben wir in Ulm
hafften, um daselbst eine Zeitlang auszuruhen.
Allhier fragte mich nun mein Herr, ob ich bereit sey
ein Handwerck anzutreten? Meine Antwort war,
daß ich, in so ferne es ihm beliebig, gleich diese Stun-
de bereit darzu wäre. Was hast du dir, sprach er,
vor ein Handwerck ausgesonnen? Noch keins, er-
klärte ich mich, sondern ich |erwarte worzu mich Ew.
Gn. bestimmet haben. Jch will, fragte er ferner,
doch erstlich wissen, worzu du am meisten Lust hast?
derowegen sage deine Meinung nur ohne Scheu.
Wenn es bey mir allein stünde, versetzte ich dem-
nach, so erwehlete ich das Zimmer-Handwerck, weil
mein Vater ein Zimmermann gewesen ist. Hier-
über fieng mein Herr hertzlich an zu lachen und mir
vorzustellen, warum ich so ein einfältiger Tropf
sey, und dergleichen beschwerliche und verdrießliche
Profession erwehlet, die ausserdem nicht das gan-
tze Jahr hindurch gangbar sey, endlich sprach er:
Höre mein Sohn, meine eigenthümlichen Güther,
die ich an den Böhmischen Gräntzen liegen habe,
sind etwas weit von der Stadt abgelegen, derowe-
gen macht es mir und den Meinigen viel Verdruß,
wenn etwa ein Schlüssel verlohren oder sonsten ein
oder andere Schlösser-Arbeit nöthig ist, also halte
vors rathsamste, daß du das Schlösser-Hand-
Werck erwehlest, und dasselbe recht wohl erlernest,
solchergestalt will ich dir dein gutes Auskommen
bis in den Tod versprechen. Jn Wahrheit es schien
mir diesen Augenblick das Schlösser-Handwerck

das
II. Theil. h h

Tage hernach die fernere Reiſe fort ſetzte. Auf
ſelbiger bekam ich weit vortrefflichere Oerter als
bishero zu ſehen, endlich aber blieben wir in Ulm
hafften, um daſelbſt eine Zeitlang auszuruhen.
Allhier fragte mich nun mein Herr, ob ich bereit ſey
ein Handwerck anzutreten? Meine Antwort war,
daß ich, in ſo ferne es ihm beliebig, gleich dieſe Stun-
de bereit darzu waͤre. Was haſt du dir, ſprach er,
vor ein Handwerck ausgeſonnen? Noch keins, er-
klaͤrte ich mich, ſondern ich |erwarte worzu mich Ew.
Gn. beſtimmet haben. Jch will, fragte er ferner,
doch erſtlich wiſſen, worzu du am meiſten Luſt haſt?
derowegen ſage deine Meinung nur ohne Scheu.
Wenn es bey mir allein ſtuͤnde, verſetzte ich dem-
nach, ſo erwehlete ich das Zimmer-Handwerck, weil
mein Vater ein Zimmermann geweſen iſt. Hier-
uͤber fieng mein Herr hertzlich an zu lachen und mir
vorzuſtellen, warum ich ſo ein einfaͤltiger Tropf
ſey, und dergleichen beſchwerliche und verdrießliche
Profeſſion erwehlet, die auſſerdem nicht das gan-
tze Jahr hindurch gangbar ſey, endlich ſprach er:
Hoͤre mein Sohn, meine eigenthuͤmlichen Guͤther,
die ich an den Boͤhmiſchen Graͤntzen liegen habe,
ſind etwas weit von der Stadt abgelegen, derowe-
gen macht es mir und den Meinigen viel Verdruß,
wenn etwa ein Schluͤſſel verlohren oder ſonſten ein
oder andere Schloͤſſer-Arbeit noͤthig iſt, alſo halte
vors rathſamſte, daß du das Schloͤſſer-Hand-
Werck erwehleſt, und daſſelbe recht wohl erlerneſt,
ſolchergeſtalt will ich dir dein gutes Auskommen
bis in den Tod verſprechen. Jn Wahrheit es ſchien
mir dieſen Augenblick das Schloͤſſer-Handwerck

das
II. Theil. h h
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[481/0497] Tage hernach die fernere Reiſe fort ſetzte. Auf ſelbiger bekam ich weit vortrefflichere Oerter als bishero zu ſehen, endlich aber blieben wir in Ulm hafften, um daſelbſt eine Zeitlang auszuruhen. Allhier fragte mich nun mein Herr, ob ich bereit ſey ein Handwerck anzutreten? Meine Antwort war, daß ich, in ſo ferne es ihm beliebig, gleich dieſe Stun- de bereit darzu waͤre. Was haſt du dir, ſprach er, vor ein Handwerck ausgeſonnen? Noch keins, er- klaͤrte ich mich, ſondern ich |erwarte worzu mich Ew. Gn. beſtimmet haben. Jch will, fragte er ferner, doch erſtlich wiſſen, worzu du am meiſten Luſt haſt? derowegen ſage deine Meinung nur ohne Scheu. Wenn es bey mir allein ſtuͤnde, verſetzte ich dem- nach, ſo erwehlete ich das Zimmer-Handwerck, weil mein Vater ein Zimmermann geweſen iſt. Hier- uͤber fieng mein Herr hertzlich an zu lachen und mir vorzuſtellen, warum ich ſo ein einfaͤltiger Tropf ſey, und dergleichen beſchwerliche und verdrießliche Profeſſion erwehlet, die auſſerdem nicht das gan- tze Jahr hindurch gangbar ſey, endlich ſprach er: Hoͤre mein Sohn, meine eigenthuͤmlichen Guͤther, die ich an den Boͤhmiſchen Graͤntzen liegen habe, ſind etwas weit von der Stadt abgelegen, derowe- gen macht es mir und den Meinigen viel Verdruß, wenn etwa ein Schluͤſſel verlohren oder ſonſten ein oder andere Schloͤſſer-Arbeit noͤthig iſt, alſo halte vors rathſamſte, daß du das Schloͤſſer-Hand- Werck erwehleſt, und daſſelbe recht wohl erlerneſt, ſolchergeſtalt will ich dir dein gutes Auskommen bis in den Tod verſprechen. Jn Wahrheit es ſchien mir dieſen Augenblick das Schloͤſſer-Handwerck das II. Theil. h h

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 481. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/497>, abgerufen am 23.11.2024.