Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

Probe von dem himmlischen Arcano zu sehen be-
kommet, der Sache völligen Glauben zu geben,
und die Schrifften eures Vettern auszuliefern.
Jst dieses auch etwas besonderes? O ihr thörichter
Mensch! warum woltet ihr euch nicht vielmehr
bestreben sein Jünger und mein Mitschüler zu wer-
den? Wie viel Könige, wie viel Fürsten, wie viel
tausend Gelehrte und Ungelehrte solten sich ein sol-
ches Glück nicht wünschen, und es mit der Helffte
ihres Bluts erkauffen? Lebet wohl! Jch verlasse
euch und zweifele, ob ihr mich nur ein eintzigmahl
wieder zu sehen das Glück haben werdet.

Jch meines theils weiß bis diese Stunde noch
nicht, ob mich dieser Mensch mit seinen blosen
Worten bezaubert, oder als ein Basiliske durch
das Ansehen vergifftet hatte, denn so bald er mir
nur den Rücken zukehren wolte, wurde mein gan-
tzes Wesen dergestalt verändert, daß ich augenblick-
lich aufsprung, ihm um den Hals fiel, und hertzlich
bat, mich als einen verwirrten Menschen, der da
nicht wisse, was er glauben solle, um des Himmels
willen nicht zu verlassen, sondern meiner Schwach-
heit zu Hülffe zu kommen, und wenigstens morgen,
nachdem ich meine 5. Sinne wiederum in einige
Ordnung gebracht, noch ein eintziges mahl bey mir
einzusprechen. Er versprach solches zwar, iedoch
mit einer solchen Gebärde, daß ich daraus die stärck-
ste Ursache nahm, an der Erfüllung seines Worts
zu zweifeln, weßwegen ich mit Bitten nicht abließ,
bis er endlich den Schwur that, mir, so wahr er ein
wahrhafftiger Anbeter des grossen Jehova wäre,
sein Wort zu halten.

Wenn

Probe von dem himmliſchen Arcano zu ſehen be-
kommet, der Sache voͤlligen Glauben zu geben,
und die Schrifften eures Vettern auszuliefern.
Jſt dieſes auch etwas beſonderes? O ihr thoͤrichter
Menſch! warum woltet ihr euch nicht vielmehr
beſtreben ſein Juͤnger und mein Mitſchuͤler zu wer-
den? Wie viel Koͤnige, wie viel Fuͤrſten, wie viel
tauſend Gelehrte und Ungelehrte ſolten ſich ein ſol-
ches Gluͤck nicht wuͤnſchen, und es mit der Helffte
ihres Bluts erkauffen? Lebet wohl! Jch verlaſſe
euch und zweifele, ob ihr mich nur ein eintzigmahl
wieder zu ſehen das Gluͤck haben werdet.

Jch meines theils weiß bis dieſe Stunde noch
nicht, ob mich dieſer Menſch mit ſeinen bloſen
Worten bezaubert, oder als ein Baſiliske durch
das Anſehen vergifftet hatte, denn ſo bald er mir
nur den Ruͤcken zukehren wolte, wurde mein gan-
tzes Weſen dergeſtalt veraͤndert, daß ich augenblick-
lich aufſprung, ihm um den Hals fiel, und hertzlich
bat, mich als einen verwirrten Menſchen, der da
nicht wiſſe, was er glauben ſolle, um des Himmels
willen nicht zu verlaſſen, ſondern meiner Schwach-
heit zu Huͤlffe zu kommen, und wenigſtens morgen,
nachdem ich meine 5. Sinne wiederum in einige
Ordnung gebracht, noch ein eintziges mahl bey mir
einzuſprechen. Er verſprach ſolches zwar, iedoch
mit einer ſolchen Gebaͤrde, daß ich daraus die ſtaͤrck-
ſte Urſache nahm, an der Erfuͤllung ſeines Worts
zu zweifeln, weßwegen ich mit Bitten nicht abließ,
bis er endlich den Schwur that, mir, ſo wahr er ein
wahrhafftiger Anbeter des groſſen Jehova waͤre,
ſein Wort zu halten.

Wenn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <floatingText>
            <body>
              <div n="1">
                <p><pb facs="#f0276" n="262"/>
Probe von dem himmli&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Arcano</hi> zu &#x017F;ehen be-<lb/>
kommet, der Sache vo&#x0364;lligen Glauben zu geben,<lb/>
und die Schrifften eures Vettern auszuliefern.<lb/>
J&#x017F;t die&#x017F;es auch etwas be&#x017F;onderes? O ihr tho&#x0364;richter<lb/>
Men&#x017F;ch! warum woltet ihr euch nicht vielmehr<lb/>
be&#x017F;treben &#x017F;ein Ju&#x0364;nger und mein Mit&#x017F;chu&#x0364;ler zu wer-<lb/>
den? Wie viel Ko&#x0364;nige, wie viel Fu&#x0364;r&#x017F;ten, wie viel<lb/>
tau&#x017F;end Gelehrte und Ungelehrte &#x017F;olten &#x017F;ich ein &#x017F;ol-<lb/>
ches Glu&#x0364;ck nicht wu&#x0364;n&#x017F;chen, und es mit der Helffte<lb/>
ihres Bluts erkauffen? Lebet wohl! Jch verla&#x017F;&#x017F;e<lb/>
euch und zweifele, ob ihr mich nur ein eintzigmahl<lb/>
wieder zu &#x017F;ehen das Glu&#x0364;ck haben werdet.</p><lb/>
                <p>Jch meines theils weiß bis die&#x017F;e Stunde noch<lb/>
nicht, ob mich die&#x017F;er Men&#x017F;ch mit &#x017F;einen blo&#x017F;en<lb/>
Worten bezaubert, oder als ein Ba&#x017F;iliske durch<lb/>
das An&#x017F;ehen vergifftet hatte, denn &#x017F;o bald er mir<lb/>
nur den Ru&#x0364;cken zukehren wolte, wurde mein gan-<lb/>
tzes We&#x017F;en derge&#x017F;talt vera&#x0364;ndert, daß ich augenblick-<lb/>
lich auf&#x017F;prung, ihm um den Hals fiel, und hertzlich<lb/>
bat, mich als einen verwirrten Men&#x017F;chen, der da<lb/>
nicht wi&#x017F;&#x017F;e, was er glauben &#x017F;olle, um des Himmels<lb/>
willen nicht zu verla&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ondern meiner Schwach-<lb/>
heit zu Hu&#x0364;lffe zu kommen, und wenig&#x017F;tens morgen,<lb/>
nachdem ich meine 5. Sinne wiederum in einige<lb/>
Ordnung gebracht, noch ein eintziges mahl bey mir<lb/>
einzu&#x017F;prechen. Er ver&#x017F;prach &#x017F;olches zwar, iedoch<lb/>
mit einer &#x017F;olchen Geba&#x0364;rde, daß ich daraus die &#x017F;ta&#x0364;rck-<lb/>
&#x017F;te Ur&#x017F;ache nahm, an der Erfu&#x0364;llung &#x017F;eines Worts<lb/>
zu zweifeln, weßwegen ich mit Bitten nicht abließ,<lb/>
bis er endlich den Schwur that, mir, &#x017F;o wahr er ein<lb/>
wahrhafftiger Anbeter des gro&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">Jehova</hi> wa&#x0364;re,<lb/>
&#x017F;ein Wort zu halten.</p><lb/>
                <fw place="bottom" type="catch">Wenn</fw><lb/>
              </div>
            </body>
          </floatingText>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[262/0276] Probe von dem himmliſchen Arcano zu ſehen be- kommet, der Sache voͤlligen Glauben zu geben, und die Schrifften eures Vettern auszuliefern. Jſt dieſes auch etwas beſonderes? O ihr thoͤrichter Menſch! warum woltet ihr euch nicht vielmehr beſtreben ſein Juͤnger und mein Mitſchuͤler zu wer- den? Wie viel Koͤnige, wie viel Fuͤrſten, wie viel tauſend Gelehrte und Ungelehrte ſolten ſich ein ſol- ches Gluͤck nicht wuͤnſchen, und es mit der Helffte ihres Bluts erkauffen? Lebet wohl! Jch verlaſſe euch und zweifele, ob ihr mich nur ein eintzigmahl wieder zu ſehen das Gluͤck haben werdet. Jch meines theils weiß bis dieſe Stunde noch nicht, ob mich dieſer Menſch mit ſeinen bloſen Worten bezaubert, oder als ein Baſiliske durch das Anſehen vergifftet hatte, denn ſo bald er mir nur den Ruͤcken zukehren wolte, wurde mein gan- tzes Weſen dergeſtalt veraͤndert, daß ich augenblick- lich aufſprung, ihm um den Hals fiel, und hertzlich bat, mich als einen verwirrten Menſchen, der da nicht wiſſe, was er glauben ſolle, um des Himmels willen nicht zu verlaſſen, ſondern meiner Schwach- heit zu Huͤlffe zu kommen, und wenigſtens morgen, nachdem ich meine 5. Sinne wiederum in einige Ordnung gebracht, noch ein eintziges mahl bey mir einzuſprechen. Er verſprach ſolches zwar, iedoch mit einer ſolchen Gebaͤrde, daß ich daraus die ſtaͤrck- ſte Urſache nahm, an der Erfuͤllung ſeines Worts zu zweifeln, weßwegen ich mit Bitten nicht abließ, bis er endlich den Schwur that, mir, ſo wahr er ein wahrhafftiger Anbeter des groſſen Jehova waͤre, ſein Wort zu halten. Wenn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/276
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/276>, abgerufen am 09.05.2024.