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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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Künste und Wissenschafften, die ich in Wahrheit
nunmehro erstlich vor Koth, Eitelkeit und Stück-
werck erkenne, niemahls verleiten, GOttes darü-
ber zu vergessen, oder solche Güther höher, als die
unvergänglichen zu achten. Bleibe, mein Sohn!
beständig bey der einmahl erkannten evangelischen
Wahrheit, so wirst du auf deinem Todt-Bette
nicht Ursache haben, dich halb verzweifelt, mit
dem Teufel und deinem bösen Gewissen herum zu
schlagen, wie du leyder, an mir zur Gnüge ver-
spüret. Laß dich nicht zu solchen Sachen verfüh-
ren, die dir zu hoch sind, sondern bleibe viel lieber in
deinem Stande und Beruf, lege dein Geld nicht
an etwas ungewisses, zum wenigsten nicht mehr,
als du ohne deinen Schaden verschencken oder ver-
liehren kanst, sondern halt dasselbe zu rathe, weil du
an mir vermerckest, daß Armuth im Alter und auf
dem Siech-Bette wehe thut. Ja, mein Sohn!
strebe nicht so eifrig nach Reichthum, denn es bleibt
ewig wahr, was die heil. Schrifft sagt: Die da
reich werden wollen, fallen in Versuchung und
Stricke, u. s. f. Hüte dich ein Weib zur Ehe zu neh-
men, die anderer Religion ist als du, hauptsächlich
aber vor einer Reformirten. Glaube mir, da ich
itzo zwischen Tod und Leben stehe, daß ein Refor-
mirtes Weib den Grund-Stein zu meinem zeitli-
chen Verderben gelegt, GOtt erbarme sich ihrer
und bekehre sie, wo sie anders noch am Leben ist.
Uberhaupt laß dir gesagt seyn, daß du dich nicht
leicht einem andern Glaubens-Genossen anvertrau-
est, ich vor meine Person weiß gewiß, daß ich unter
hunderten kaum einen angetroffen, der ohne Falsch-

heit
II. Theil. r

Kuͤnſte und Wiſſenſchafften, die ich in Wahrheit
nunmehro erſtlich vor Koth, Eitelkeit und Stuͤck-
werck erkenne, niemahls verleiten, GOttes daruͤ-
ber zu vergeſſen, oder ſolche Guͤther hoͤher, als die
unvergaͤnglichen zu achten. Bleibe, mein Sohn!
beſtaͤndig bey der einmahl erkannten evangeliſchen
Wahrheit, ſo wirſt du auf deinem Todt-Bette
nicht Urſache haben, dich halb verzweifelt, mit
dem Teufel und deinem boͤſen Gewiſſen herum zu
ſchlagen, wie du leyder, an mir zur Gnuͤge ver-
ſpuͤret. Laß dich nicht zu ſolchen Sachen verfuͤh-
ren, die dir zu hoch ſind, ſondern bleibe viel lieber in
deinem Stande und Beruf, lege dein Geld nicht
an etwas ungewiſſes, zum wenigſten nicht mehr,
als du ohne deinen Schaden verſchencken oder ver-
liehren kanſt, ſondern halt daſſelbe zu rathe, weil du
an mir vermerckeſt, daß Armuth im Alter und auf
dem Siech-Bette wehe thut. Ja, mein Sohn!
ſtrebe nicht ſo eifrig nach Reichthum, denn es bleibt
ewig wahr, was die heil. Schrifft ſagt: Die da
reich werden wollen, fallen in Verſuchung und
Stricke, u. ſ. f. Huͤte dich ein Weib zur Ehe zu neh-
men, die anderer Religion iſt als du, hauptſaͤchlich
aber vor einer Reformirten. Glaube mir, da ich
itzo zwiſchen Tod und Leben ſtehe, daß ein Refor-
mirtes Weib den Grund-Stein zu meinem zeitli-
chen Verderben gelegt, GOtt erbarme ſich ihrer
und bekehre ſie, wo ſie anders noch am Leben iſt.
Uberhaupt laß dir geſagt ſeyn, daß du dich nicht
leicht einem andern Glaubens-Genoſſen anvertrau-
eſt, ich vor meine Perſon weiß gewiß, daß ich unter
hunderten kaum einen angetroffen, der ohne Falſch-

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II. Theil. r
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[257/0271] Kuͤnſte und Wiſſenſchafften, die ich in Wahrheit nunmehro erſtlich vor Koth, Eitelkeit und Stuͤck- werck erkenne, niemahls verleiten, GOttes daruͤ- ber zu vergeſſen, oder ſolche Guͤther hoͤher, als die unvergaͤnglichen zu achten. Bleibe, mein Sohn! beſtaͤndig bey der einmahl erkannten evangeliſchen Wahrheit, ſo wirſt du auf deinem Todt-Bette nicht Urſache haben, dich halb verzweifelt, mit dem Teufel und deinem boͤſen Gewiſſen herum zu ſchlagen, wie du leyder, an mir zur Gnuͤge ver- ſpuͤret. Laß dich nicht zu ſolchen Sachen verfuͤh- ren, die dir zu hoch ſind, ſondern bleibe viel lieber in deinem Stande und Beruf, lege dein Geld nicht an etwas ungewiſſes, zum wenigſten nicht mehr, als du ohne deinen Schaden verſchencken oder ver- liehren kanſt, ſondern halt daſſelbe zu rathe, weil du an mir vermerckeſt, daß Armuth im Alter und auf dem Siech-Bette wehe thut. Ja, mein Sohn! ſtrebe nicht ſo eifrig nach Reichthum, denn es bleibt ewig wahr, was die heil. Schrifft ſagt: Die da reich werden wollen, fallen in Verſuchung und Stricke, u. ſ. f. Huͤte dich ein Weib zur Ehe zu neh- men, die anderer Religion iſt als du, hauptſaͤchlich aber vor einer Reformirten. Glaube mir, da ich itzo zwiſchen Tod und Leben ſtehe, daß ein Refor- mirtes Weib den Grund-Stein zu meinem zeitli- chen Verderben gelegt, GOtt erbarme ſich ihrer und bekehre ſie, wo ſie anders noch am Leben iſt. Uberhaupt laß dir geſagt ſeyn, daß du dich nicht leicht einem andern Glaubens-Genoſſen anvertrau- eſt, ich vor meine Perſon weiß gewiß, daß ich unter hunderten kaum einen angetroffen, der ohne Falſch- heit II. Theil. r

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/271>, abgerufen am 25.11.2024.