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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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telst folgender Umstände: Wir wurden fast täglich
von einem benachbarten Land-Juncker besucht, wel-
cher Charlottens Gewogenheit zu erwerben, sich die
größte Mühe gab. Dieser war sonsten ein Mensch
von ziemlich gutem Ansehen und Eigenschafften, hat-
te auch zu seinem Stande hinlängliche Einkünffte,
jedoch schon verschiedene mahl das Malheur gehabt:
seine Ausgeberinnen, Köchinnen, und so gar die
Vieh-Mägde, in den Stand der Ammen zu verse-
tzen, wie ihm denn nur noch vor weniger Zeit eine
Vieh-Magd, die er ohngeacht ihres starck geschwol-
lenen Leibs, von sich geprügelt, zur Revange auf ein-
mahl ein paar Zwillinge vor der Thür praesentiret
hatte. Nun waren zwar nachhero alle diese Hän-
del mit Gelde geschlichtet und abgethan, dem ohn-
geacht machten ihm selbige aller Orten, wo dieser
Herr Ferdinand von H.** seinen Haaken ehelicher
Liebe einzuschlagen suchte, die allergrößte Verhinde-
rung. Bey Charlotten hergegen vermeinete er
noch am allerersten anzukommen, weil selbige ein
zwar schönes, dabey aber sehr armes Fräulein wa-
re, die wohl kaum 500. Thlr. im Vermögen
hatte.

Eines Tages wurde er so treuhertzig gegen mich,
mir sein gantzes Geheimniß, bey Gelegenheit eines
einsamen Spatzier-Ganges zu offenbaren, und
meine Person also unverschuldeter Weise zu seinem
Liebes-Vertrauten zu machen, auch sich meinen
Vorspruch bey Charlotten auszubitten, indem er
glaubte, daß ich nicht allein bey derselben, sondern
auch des Principals Herrn von V.** Fräulein Töch-
tern in sehr gutem Credite stünde, und zwar darum,

weil

telſt folgender Umſtaͤnde: Wir wurden faſt taͤglich
von einem benachbarten Land-Juncker beſucht, wel-
cher Charlottens Gewogenheit zu erwerben, ſich die
groͤßte Muͤhe gab. Dieſer war ſonſten ein Menſch
von ziemlich gutem Anſehen und Eigenſchafften, hat-
te auch zu ſeinem Stande hinlaͤngliche Einkuͤnffte,
jedoch ſchon verſchiedene mahl das Malheur gehabt:
ſeine Ausgeberinnen, Koͤchinnen, und ſo gar die
Vieh-Maͤgde, in den Stand der Ammen zu verſe-
tzen, wie ihm denn nur noch vor weniger Zeit eine
Vieh-Magd, die er ohngeacht ihres ſtarck geſchwol-
lenen Leibs, von ſich gepruͤgelt, zur Revange auf ein-
mahl ein paar Zwillinge vor der Thuͤr præſentiret
hatte. Nun waren zwar nachhero alle dieſe Haͤn-
del mit Gelde geſchlichtet und abgethan, dem ohn-
geacht machten ihm ſelbige aller Orten, wo dieſer
Herr Ferdinand von H.** ſeinen Haaken ehelicher
Liebe einzuſchlagen ſuchte, die allergroͤßte Verhinde-
rung. Bey Charlotten hergegen vermeinete er
noch am allererſten anzukommen, weil ſelbige ein
zwar ſchoͤnes, dabey aber ſehr armes Fraͤulein wa-
re, die wohl kaum 500. Thlr. im Vermoͤgen
hatte.

Eines Tages wurde er ſo treuhertzig gegen mich,
mir ſein gantzes Geheimniß, bey Gelegenheit eines
einſamen Spatzier-Ganges zu offenbaren, und
meine Perſon alſo unverſchuldeter Weiſe zu ſeinem
Liebes-Vertrauten zu machen, auch ſich meinen
Vorſpruch bey Charlotten auszubitten, indem er
glaubte, daß ich nicht allein bey derſelben, ſondern
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tern in ſehr gutem Credite ſtuͤnde, und zwar darum,

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[100/0114] telſt folgender Umſtaͤnde: Wir wurden faſt taͤglich von einem benachbarten Land-Juncker beſucht, wel- cher Charlottens Gewogenheit zu erwerben, ſich die groͤßte Muͤhe gab. Dieſer war ſonſten ein Menſch von ziemlich gutem Anſehen und Eigenſchafften, hat- te auch zu ſeinem Stande hinlaͤngliche Einkuͤnffte, jedoch ſchon verſchiedene mahl das Malheur gehabt: ſeine Ausgeberinnen, Koͤchinnen, und ſo gar die Vieh-Maͤgde, in den Stand der Ammen zu verſe- tzen, wie ihm denn nur noch vor weniger Zeit eine Vieh-Magd, die er ohngeacht ihres ſtarck geſchwol- lenen Leibs, von ſich gepruͤgelt, zur Revange auf ein- mahl ein paar Zwillinge vor der Thuͤr præſentiret hatte. Nun waren zwar nachhero alle dieſe Haͤn- del mit Gelde geſchlichtet und abgethan, dem ohn- geacht machten ihm ſelbige aller Orten, wo dieſer Herr Ferdinand von H.** ſeinen Haaken ehelicher Liebe einzuſchlagen ſuchte, die allergroͤßte Verhinde- rung. Bey Charlotten hergegen vermeinete er noch am allererſten anzukommen, weil ſelbige ein zwar ſchoͤnes, dabey aber ſehr armes Fraͤulein wa- re, die wohl kaum 500. Thlr. im Vermoͤgen hatte. Eines Tages wurde er ſo treuhertzig gegen mich, mir ſein gantzes Geheimniß, bey Gelegenheit eines einſamen Spatzier-Ganges zu offenbaren, und meine Perſon alſo unverſchuldeter Weiſe zu ſeinem Liebes-Vertrauten zu machen, auch ſich meinen Vorſpruch bey Charlotten auszubitten, indem er glaubte, daß ich nicht allein bey derſelben, ſondern auch des Principals Herrn von V.** Fraͤulein Toͤch- tern in ſehr gutem Credite ſtuͤnde, und zwar darum, weil

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/114>, abgerufen am 24.11.2024.