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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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noch gantz neue Kleider, wovon das eine starck mit
Golde bordirt war. Der alte von Adel aber be-
schenckte mich, vor das ihm gemachte Praesent, wel-
ches in allerhand Arten geschliffener Vergrösserungs-
Gläser, curieusen Sonnen-Uhren und dergleichen
Plunder bestund, mit 50. spec. Ducaten, also konte
nach etlichen Tagen in einer seiner Carossen, sehr
vergnügt wiederum zu meinen Compagnons
reisen.

Diesen zeigte ich mich nun, wenige Tage hernach,
in meinen wohl aptirten neuen Staats-Kleidern,
und bekräfftigte dadurch das alte Sprüchwort:
Kleider machen Leute. Hiernächst inspirirte mir
meine Gold-Beurse einen solchen unverzagten
Muth, daß ich fest glaubte, es könne einem mit so vie-
len Glücks-Güthern überhäufften Avanturier un-
möglich etwas in der Welt fehl schlagen. Allein bey
mir traff solchergestalt auch ein, was geschrieben ste-
het: Des Menschen Feinde sind seine eigene
Hausgenossen,
worunter ohnfehlbar die thörichten
Affecten eines Menschen zu verstehen sind. Denn ich
hatte zwar bishero, ohngeachtet der, um diese Jahre
sonst meistentheils schwermenden Jugend, meine
Affecten ziemlicher massen moderiren können, doch
unverhofft fing sich ein gantz besonderer Affect an
zu regen, und mich plötzlich dergestalt zu übermei-
stern, daß ich denselben, weder mit dem Zaume der
Klugheit, noch mit dem Gebisse der Renomee, zu
regieren vermögend war. Kurtz zu sagen: Jch
wurde verliebt gemacht, und zwar von dem ausbün-
dig schönen Fräulein Charlotten, wiewohl nicht vor-
setzlicher und freventlicher Weise, sondern vermit-

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noch gantz neue Kleider, wovon das eine ſtarck mit
Golde bordirt war. Der alte von Adel aber be-
ſchenckte mich, vor das ihm gemachte Præſent, wel-
ches in allerhand Arten geſchliffeneꝛ Veꝛgroͤſſerungs-
Glaͤſer, curieuſen Sonnen-Uhren und dergleichen
Plunder beſtund, mit 50. ſpec. Ducaten, alſo konte
nach etlichen Tagen in einer ſeiner Caroſſen, ſehr
vergnuͤgt wiederum zu meinen Compagnons
reiſen.

Dieſen zeigte ich mich nun, wenige Tage hernach,
in meinen wohl aptirten neuen Staats-Kleidern,
und bekraͤfftigte dadurch das alte Spruͤchwort:
Kleider machen Leute. Hiernaͤchſt inſpirirte mir
meine Gold-Beurſe einen ſolchen unverzagten
Muth, daß ich feſt glaubte, es koͤnne einem mit ſo vie-
len Gluͤcks-Guͤthern uͤberhaͤufften Avanturier un-
moͤglich etwas in der Welt fehl ſchlagen. Allein bey
mir traff ſolchergeſtalt auch ein, was geſchrieben ſte-
het: Des Menſchen Feinde ſind ſeine eigene
Hausgenoſſen,
worunter ohnfehlbar die thoͤrichten
Affecten eines Menſchen zu verſtehen ſind. Denn ich
hatte zwar bishero, ohngeachtet der, um dieſe Jahre
ſonſt meiſtentheils ſchwermenden Jugend, meine
Affecten ziemlicher maſſen moderiren koͤnnen, doch
unverhofft fing ſich ein gantz beſonderer Affect an
zu regen, und mich ploͤtzlich dergeſtalt zu uͤbermei-
ſtern, daß ich denſelben, weder mit dem Zaume der
Klugheit, noch mit dem Gebiſſe der Renomée, zu
regieren vermoͤgend war. Kurtz zu ſagen: Jch
wurde verliebt gemacht, und zwar von dem ausbuͤn-
dig ſchoͤnen Fraͤulein Charlotten, wiewohl nicht vor-
ſetzlicher und freventlicher Weiſe, ſondern vermit-

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[99/0113] noch gantz neue Kleider, wovon das eine ſtarck mit Golde bordirt war. Der alte von Adel aber be- ſchenckte mich, vor das ihm gemachte Præſent, wel- ches in allerhand Arten geſchliffeneꝛ Veꝛgroͤſſerungs- Glaͤſer, curieuſen Sonnen-Uhren und dergleichen Plunder beſtund, mit 50. ſpec. Ducaten, alſo konte nach etlichen Tagen in einer ſeiner Caroſſen, ſehr vergnuͤgt wiederum zu meinen Compagnons reiſen. Dieſen zeigte ich mich nun, wenige Tage hernach, in meinen wohl aptirten neuen Staats-Kleidern, und bekraͤfftigte dadurch das alte Spruͤchwort: Kleider machen Leute. Hiernaͤchſt inſpirirte mir meine Gold-Beurſe einen ſolchen unverzagten Muth, daß ich feſt glaubte, es koͤnne einem mit ſo vie- len Gluͤcks-Guͤthern uͤberhaͤufften Avanturier un- moͤglich etwas in der Welt fehl ſchlagen. Allein bey mir traff ſolchergeſtalt auch ein, was geſchrieben ſte- het: Des Menſchen Feinde ſind ſeine eigene Hausgenoſſen, worunter ohnfehlbar die thoͤrichten Affecten eines Menſchen zu verſtehen ſind. Denn ich hatte zwar bishero, ohngeachtet der, um dieſe Jahre ſonſt meiſtentheils ſchwermenden Jugend, meine Affecten ziemlicher maſſen moderiren koͤnnen, doch unverhofft fing ſich ein gantz beſonderer Affect an zu regen, und mich ploͤtzlich dergeſtalt zu uͤbermei- ſtern, daß ich denſelben, weder mit dem Zaume der Klugheit, noch mit dem Gebiſſe der Renomée, zu regieren vermoͤgend war. Kurtz zu ſagen: Jch wurde verliebt gemacht, und zwar von dem ausbuͤn- dig ſchoͤnen Fraͤulein Charlotten, wiewohl nicht vor- ſetzlicher und freventlicher Weiſe, ſondern vermit- telſt g 2

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/113>, abgerufen am 24.11.2024.