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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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Mörder, meines Vaters jämmerlichen Tod zu rä-
chen, und wenn es auch des Obristen selbst eigne
Person betreffen solte.

Nun hatten zwar verständige Leute ein grosses
Mittleiden wegen meines Unglücks, gaben sich auch
die Mühe, meinen ohnmächtigen Eyffer mit den
Vorstellungen zu bezähmen daß es im Kriege
nicht anders her zu gehen pflegte, und daselbst kein
Ansehen der Person gelte. Letztlich wurde auch ge-
warnet, sonderlich wegen meines Obristen, nicht
also frey zu sprechen, allermassen mich sonsten gar
leichtlich in Ungnade und bösen Verdacht bey ihm
stürtzen könte, hergegen solte erwegen, daß dersel-
be doch voritzo meines Vaters Stelle verträte.
Diese Reden überzeugten mich nicht wenig meines
Unverstandes, nahm mir derowegen vor, in Zu-
kunfft klüger zu sprechen, aber vor einmahl war es
schon zu späte, denn ein verzweifeltes Cammer-
Kätzgen bey dieser Adelichen Dame, hatte alle mei-
ne Reden noch selbigen Tages, einem von unsers
Obristen Laquayen, mit welchem sie vielleicht in
heimlicher Liebe lebte, gantz im Vertrauen wieder
gesagt Dieser Kerl war wegen seines liederlichen
Lebens sehr übel beym Obristen angeschrieben, und
stunde es damahls eben darauf, daß er die Musquete
auf den Buckel nehmen solte, derowegen suchte er
sich zu meinem Unglücke, aufs neue einzuschmei-
cheln, und unter dem Schein der Treue und des
Rechts, dem Obristen die gantze Sache, nebst vie-
len beygefügten Lügen, dergestalt plausibel vorzu-
stellen, daß derselbe würcklich auf die Gedancken
verfiel: wie er vielleicht an mir eine Schlange in

seinem

Moͤrder, meines Vaters jaͤmmerlichen Tod zu raͤ-
chen, und wenn es auch des Obriſten ſelbſt eigne
Perſon betreffen ſolte.

Nun hatten zwar verſtaͤndige Leute ein groſſes
Mittleiden wegen meines Ungluͤcks, gaben ſich auch
die Muͤhe, meinen ohnmaͤchtigen Eyffer mit den
Vorſtellungen zu bezaͤhmen daß es im Kriege
nicht anders her zu gehen pflegte, und daſelbſt kein
Anſehen der Perſon gelte. Letztlich wurde auch ge-
warnet, ſonderlich wegen meines Obriſten, nicht
alſo frey zu ſprechen, allermaſſen mich ſonſten gar
leichtlich in Ungnade und boͤſen Verdacht bey ihm
ſtuͤrtzen koͤnte, hergegen ſolte erwegen, daß derſel-
be doch voritzo meines Vaters Stelle vertraͤte.
Dieſe Reden uͤberzeugten mich nicht wenig meines
Unverſtandes, nahm mir derowegen vor, in Zu-
kunfft kluͤger zu ſprechen, aber vor einmahl war es
ſchon zu ſpaͤte, denn ein verzweifeltes Cammer-
Kaͤtzgen bey dieſer Adelichen Dame, hatte alle mei-
ne Reden noch ſelbigen Tages, einem von unſers
Obriſten Laquayen, mit welchem ſie vielleicht in
heimlicher Liebe lebte, gantz im Vertrauen wieder
geſagt Dieſer Kerl war wegen ſeines liederlichen
Lebens ſehr uͤbel beym Obriſten angeſchrieben, und
ſtunde es damahls eben darauf, daß er die Muſquete
auf den Buckel nehmen ſolte, derowegen ſuchte er
ſich zu meinem Ungluͤcke, aufs neue einzuſchmei-
cheln, und unter dem Schein der Treue und des
Rechts, dem Obriſten die gantze Sache, nebſt vie-
len beygefuͤgten Luͤgen, dergeſtalt plauſibel vorzu-
ſtellen, daß derſelbe wuͤrcklich auf die Gedancken
verfiel: wie er vielleicht an mir eine Schlange in

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[88/0102] Moͤrder, meines Vaters jaͤmmerlichen Tod zu raͤ- chen, und wenn es auch des Obriſten ſelbſt eigne Perſon betreffen ſolte. Nun hatten zwar verſtaͤndige Leute ein groſſes Mittleiden wegen meines Ungluͤcks, gaben ſich auch die Muͤhe, meinen ohnmaͤchtigen Eyffer mit den Vorſtellungen zu bezaͤhmen daß es im Kriege nicht anders her zu gehen pflegte, und daſelbſt kein Anſehen der Perſon gelte. Letztlich wurde auch ge- warnet, ſonderlich wegen meines Obriſten, nicht alſo frey zu ſprechen, allermaſſen mich ſonſten gar leichtlich in Ungnade und boͤſen Verdacht bey ihm ſtuͤrtzen koͤnte, hergegen ſolte erwegen, daß derſel- be doch voritzo meines Vaters Stelle vertraͤte. Dieſe Reden uͤberzeugten mich nicht wenig meines Unverſtandes, nahm mir derowegen vor, in Zu- kunfft kluͤger zu ſprechen, aber vor einmahl war es ſchon zu ſpaͤte, denn ein verzweifeltes Cammer- Kaͤtzgen bey dieſer Adelichen Dame, hatte alle mei- ne Reden noch ſelbigen Tages, einem von unſers Obriſten Laquayen, mit welchem ſie vielleicht in heimlicher Liebe lebte, gantz im Vertrauen wieder geſagt Dieſer Kerl war wegen ſeines liederlichen Lebens ſehr uͤbel beym Obriſten angeſchrieben, und ſtunde es damahls eben darauf, daß er die Muſquete auf den Buckel nehmen ſolte, derowegen ſuchte er ſich zu meinem Ungluͤcke, aufs neue einzuſchmei- cheln, und unter dem Schein der Treue und des Rechts, dem Obriſten die gantze Sache, nebſt vie- len beygefuͤgten Luͤgen, dergeſtalt plauſibel vorzu- ſtellen, daß derſelbe wuͤrcklich auf die Gedancken verfiel: wie er vielleicht an mir eine Schlange in ſeinem

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/102>, abgerufen am 27.04.2024.