Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

schöne Prinzeßin klebte mir zwar noch ziemlich am
Hertzen, da ich sie aber auf der andern Seite als
eine Heydin und Hure eines alten Adjutanten be-
trachtete, verging mir zugleich mit Wiedererlan-
gung meines gesunden Verstandes, auf einmahl der
Appetit nach solcher falschen Müntze, doch stund
ich noch lange nicht in dem gradu der Heiligkeit,
daß ich mein bey ihr erworbenes Geld den Armen
ausgetheilet hätte, sondern verwahrete es zum Ge-
brauch, und wünschete ihr davor viel Vergnügen,
bedaurete auch zum öfftern der schönen Brunette
seine Gestalt, wunderliche Fata, und sonderlich das
zu mir getragene gute Gemüthe.

William van Raac mochte, nachdem er mich
recht kennen lernen, etwas an mir gefunden ha-
ben, das ihm gefiele; weßwegen er sich öffters bey
mir aufhielt, und seinen Zeitvertreib in ein und an-
dern politischen Gesprächen suchte, auch bey Gele-
genheit mitbesonders guter Manier allerhand Ra-
rit
äten verehrte. Jch revangirte mich zwar mit
diesen und jenen nicht weniger artigen Sachen,
verspürete aber doch, daß er nicht eher ruhete, biß
er wieder so viel bey mir angebracht, das den Werth
des Meinigen vielfältig überstieg.

Ein gewisser Sergeant auf dem Schiffe, Nah-
mens David Böckling, mit welchem William
vorhero starcke Freundschafft gehalten, seit mei-
nem Arrest aber sehr mit ihm zerfallen war, sahe
unser öffteres Beysammensitzen mit gröstem Ver-
drusse an, brauchte auch allerhand Räncke, uns
zusammen zu hetzen, weil er ein sehr wüster Kopff
und eben derjenige war, welcher mich am Meer-

Ufer,
D 4

ſchoͤne Prinzeßin klebte mir zwar noch ziemlich am
Hertzen, da ich ſie aber auf der andern Seite als
eine Heydin und Hure eines alten Adjutanten be-
trachtete, verging mir zugleich mit Wiedererlan-
gung meines geſunden Verſtandes, auf einmahl der
Appetit nach ſolcher falſchen Muͤntze, doch ſtund
ich noch lange nicht in dem gradu der Heiligkeit,
daß ich mein bey ihr erworbenes Geld den Armen
ausgetheilet haͤtte, ſondern verwahrete es zum Ge-
brauch, und wuͤnſchete ihr davor viel Vergnuͤgen,
bedaurete auch zum oͤfftern der ſchoͤnen Brunette
ſeine Geſtalt, wunderliche Fata, und ſonderlich das
zu mir getragene gute Gemuͤthe.

William van Raac mochte, nachdem er mich
recht kennen lernen, etwas an mir gefunden ha-
ben, das ihm gefiele; weßwegen er ſich oͤffters bey
mir aufhielt, und ſeinen Zeitvertreib in ein und an-
dern politiſchen Geſpraͤchen ſuchte, auch bey Gele-
genheit mitbeſonders guter Manier allerhand Ra-
rit
aͤten verehrte. Jch revangirte mich zwar mit
dieſen und jenen nicht weniger artigen Sachen,
verſpuͤrete aber doch, daß er nicht eher ruhete, biß
er wieder ſo viel bey mir angebracht, das den Werth
des Meinigen vielfaͤltig uͤberſtieg.

Ein gewiſſer Sergeant auf dem Schiffe, Nah-
mens David Böckling, mit welchem William
vorhero ſtarcke Freundſchafft gehalten, ſeit mei-
nem Arreſt aber ſehr mit ihm zerfallen war, ſahe
unſer oͤffteres Beyſammenſitzen mit groͤſtem Ver-
druſſe an, brauchte auch allerhand Raͤncke, uns
zuſammen zu hetzen, weil er ein ſehr wuͤſter Kopff
und eben derjenige war, welcher mich am Meer-

Ufer,
D 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0067" n="55"/>
&#x017F;cho&#x0364;ne Prinzeßin klebte mir zwar noch ziemlich am<lb/>
Hertzen, da ich &#x017F;ie aber auf der andern Seite als<lb/>
eine Heydin und Hure eines alten <hi rendition="#aq">Adjutant</hi>en be-<lb/>
trachtete, verging mir zugleich mit Wiedererlan-<lb/>
gung meines ge&#x017F;unden Ver&#x017F;tandes, auf einmahl der<lb/><hi rendition="#aq">Appetit</hi> nach &#x017F;olcher fal&#x017F;chen Mu&#x0364;ntze, doch &#x017F;tund<lb/>
ich noch lange nicht in dem <hi rendition="#aq">gradu</hi> der Heiligkeit,<lb/>
daß ich mein bey ihr erworbenes Geld den Armen<lb/>
ausgetheilet ha&#x0364;tte, &#x017F;ondern verwahrete es zum Ge-<lb/>
brauch, und wu&#x0364;n&#x017F;chete ihr davor viel Vergnu&#x0364;gen,<lb/>
bedaurete auch zum o&#x0364;fftern der &#x017F;cho&#x0364;nen <hi rendition="#aq">Brunette</hi><lb/>
&#x017F;eine Ge&#x017F;talt, wunderliche <hi rendition="#aq">Fata,</hi> und &#x017F;onderlich das<lb/>
zu mir getragene gute Gemu&#x0364;the.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">William van Raac</hi> mochte, nachdem er mich<lb/>
recht kennen lernen, etwas an mir gefunden ha-<lb/>
ben, das ihm gefiele; weßwegen er &#x017F;ich o&#x0364;ffters bey<lb/>
mir aufhielt, und &#x017F;einen Zeitvertreib in ein und an-<lb/>
dern <hi rendition="#aq">politi</hi>&#x017F;chen Ge&#x017F;pra&#x0364;chen &#x017F;uchte, auch bey Gele-<lb/>
genheit mitbe&#x017F;onders guter Manier allerhand <hi rendition="#aq">Ra-<lb/>
rit</hi>a&#x0364;ten verehrte. Jch <hi rendition="#aq">revangir</hi>te mich zwar mit<lb/>
die&#x017F;en und jenen nicht weniger artigen Sachen,<lb/>
ver&#x017F;pu&#x0364;rete aber doch, daß er nicht eher ruhete, biß<lb/>
er wieder &#x017F;o viel bey mir angebracht, das den Werth<lb/>
des Meinigen vielfa&#x0364;ltig u&#x0364;ber&#x017F;tieg.</p><lb/>
        <p>Ein gewi&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#aq">Sergeant</hi> auf dem Schiffe, Nah-<lb/>
mens <hi rendition="#aq">David Böckling,</hi> mit welchem <hi rendition="#aq">William</hi><lb/>
vorhero &#x017F;tarcke Freund&#x017F;chafft gehalten, &#x017F;eit mei-<lb/>
nem <hi rendition="#aq">Arre&#x017F;t</hi> aber &#x017F;ehr mit ihm zerfallen war, &#x017F;ahe<lb/>
un&#x017F;er o&#x0364;ffteres Bey&#x017F;ammen&#x017F;itzen mit gro&#x0364;&#x017F;tem Ver-<lb/>
dru&#x017F;&#x017F;e an, brauchte auch allerhand Ra&#x0364;ncke, uns<lb/>
zu&#x017F;ammen zu hetzen, weil er ein &#x017F;ehr wu&#x0364;&#x017F;ter Kopff<lb/>
und eben derjenige war, welcher mich am Meer-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Ufer,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[55/0067] ſchoͤne Prinzeßin klebte mir zwar noch ziemlich am Hertzen, da ich ſie aber auf der andern Seite als eine Heydin und Hure eines alten Adjutanten be- trachtete, verging mir zugleich mit Wiedererlan- gung meines geſunden Verſtandes, auf einmahl der Appetit nach ſolcher falſchen Muͤntze, doch ſtund ich noch lange nicht in dem gradu der Heiligkeit, daß ich mein bey ihr erworbenes Geld den Armen ausgetheilet haͤtte, ſondern verwahrete es zum Ge- brauch, und wuͤnſchete ihr davor viel Vergnuͤgen, bedaurete auch zum oͤfftern der ſchoͤnen Brunette ſeine Geſtalt, wunderliche Fata, und ſonderlich das zu mir getragene gute Gemuͤthe. William van Raac mochte, nachdem er mich recht kennen lernen, etwas an mir gefunden ha- ben, das ihm gefiele; weßwegen er ſich oͤffters bey mir aufhielt, und ſeinen Zeitvertreib in ein und an- dern politiſchen Geſpraͤchen ſuchte, auch bey Gele- genheit mitbeſonders guter Manier allerhand Ra- ritaͤten verehrte. Jch revangirte mich zwar mit dieſen und jenen nicht weniger artigen Sachen, verſpuͤrete aber doch, daß er nicht eher ruhete, biß er wieder ſo viel bey mir angebracht, das den Werth des Meinigen vielfaͤltig uͤberſtieg. Ein gewiſſer Sergeant auf dem Schiffe, Nah- mens David Böckling, mit welchem William vorhero ſtarcke Freundſchafft gehalten, ſeit mei- nem Arreſt aber ſehr mit ihm zerfallen war, ſahe unſer oͤffteres Beyſammenſitzen mit groͤſtem Ver- druſſe an, brauchte auch allerhand Raͤncke, uns zuſammen zu hetzen, weil er ein ſehr wuͤſter Kopff und eben derjenige war, welcher mich am Meer- Ufer, D 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/67
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/67>, abgerufen am 06.05.2024.