* Du wirst, mein Leser, dir ohnfehlbar eine wunderliche Vorstellung von meinem Glau- ben machen, da ich in diesen Paragraphodie Vorsorge des Himmels bewundert, und doch oben beschrieben habe, wie meine Ge- fährten das Schif nebst allen dem was drin- nen, worunter auch die mit Getreyde ange- fülleten Flaschen gewesen, unredlicher Wei- se an sich gebracht, ja aufrichtig zu reden, ge- stohlen haben; Wie reimet sich dieses/ wirstu sagen, zur Erkändniß der Vorsorge GOttes? Allein sey zufrieden, wenn ich bey. Verlust meiner Seeligkeit betheure: daß so wohl ich als mein getreuer Chascal an diesen Diebs- Streiche keinen gefallen gehabt, vielmehr ha- be ich mich aus allen Kräfften darwieder ge- setzt, jedoch nichts erlangen können- Jst es Sünde gewesen, daß ich in diesem Schiffe mitten unter den Dieben davon gefahren, und mich aus dermahligen augenscheinlichen Verderben gerissen, so weiß ich gewiß, daß mir GOTT dieselbe auf meine eiffrige Busse und Gebeth gnädiglich vergeben hat. Jn- zwischen muß ich doch vieler Umstände wegen die Göttliche Vorsorge hiebey erkennen, die mich nicht allein auf der stürmenden See, sondern auch in der grausamen Hungers- Noth und schädlichen Seuche erhalten, und auf der Jnsul mittelbarer Weise mit vielem guten überhäufft. Meine Gefährten sind alle in der Helffte ihrer Tage gestorben, ausge- nommen der eintzige Chascal, welcher sein Le-
ben
* Du wirſt, mein Leſer, dir ohnfehlbar eine wunderliche Vorſtellung von meinem Glau- ben machen, da ich in dieſen Paragraphodie Vorſorge des Himmels bewundert, und doch oben beſchrieben habe, wie meine Ge- faͤhrten das Schif nebſt allen dem was drin- nen, worunter auch die mit Getreyde ange- fuͤlleten Flaſchen geweſen, unredlicher Wei- ſe an ſich gebracht, ja aufrichtig zu reden, ge- ſtohlen haben; Wie reimet ſich dieſes/ wirſtu ſagen, zur Erkaͤndniß der Vorſorge GOttes? Allein ſey zufrieden, wenn ich bey. Verluſt meiner Seeligkeit betheure: daß ſo wohl ich als mein getreuer Chaſcal an dieſen Diebs- Streiche keinen gefallen gehabt, vielmehr ha- be ich mich aus allen Kraͤfften darwieder ge- ſetzt, jedoch nichts erlangen koͤnnen- Jſt es Suͤnde geweſen, daß ich in dieſem Schiffe mitten unter den Dieben davon gefahren, und mich aus dermahligen augenſcheinlichen Verderben geriſſen, ſo weiß ich gewiß, daß mir GOTT dieſelbe auf meine eiffrige Buſſe und Gebeth gnaͤdiglich vergeben hat. Jn- zwiſchen muß ich doch vieler Umſtaͤnde wegen die Goͤttliche Vorſorge hiebey erkennen, die mich nicht allein auf der ſtuͤrmenden See, ſondern auch in der grauſamen Hungers- Noth und ſchaͤdlichen Seuche erhalten, und auf der Jnſul mittelbarer Weiſe mit vielem guten uͤberhaͤufft. Meine Gefaͤhrten ſind alle in der Helffte ihrer Tage geſtorben, ausge- nommen der eintzige Chaſcal, welcher ſein Le-
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* Du wirſt, mein Leſer, dir ohnfehlbar eine
wunderliche Vorſtellung von meinem Glau-
ben machen, da ich in dieſen Paragrapho die
Vorſorge des Himmels bewundert, und
doch oben beſchrieben habe, wie meine Ge-
faͤhrten das Schif nebſt allen dem was drin-
nen, worunter auch die mit Getreyde ange-
fuͤlleten Flaſchen geweſen, unredlicher Wei-
ſe an ſich gebracht, ja aufrichtig zu reden, ge-
ſtohlen haben; Wie reimet ſich dieſes/ wirſtu
ſagen, zur Erkaͤndniß der Vorſorge GOttes?
Allein ſey zufrieden, wenn ich bey. Verluſt
meiner Seeligkeit betheure: daß ſo wohl ich
als mein getreuer Chaſcal an dieſen Diebs-
Streiche keinen gefallen gehabt, vielmehr ha-
be ich mich aus allen Kraͤfften darwieder ge-
ſetzt, jedoch nichts erlangen koͤnnen- Jſt es
Suͤnde geweſen, daß ich in dieſem Schiffe
mitten unter den Dieben davon gefahren,
und mich aus dermahligen augenſcheinlichen
Verderben geriſſen, ſo weiß ich gewiß, daß mir
GOTT dieſelbe auf meine eiffrige Buſſe
und Gebeth gnaͤdiglich vergeben hat. Jn-
zwiſchen muß ich doch vieler Umſtaͤnde wegen
die Goͤttliche Vorſorge hiebey erkennen, die
mich nicht allein auf der ſtuͤrmenden See,
ſondern auch in der grauſamen Hungers-
Noth und ſchaͤdlichen Seuche erhalten, und
auf der Jnſul mittelbarer Weiſe mit vielem
guten uͤberhaͤufft. Meine Gefaͤhrten ſind alle
in der Helffte ihrer Tage geſtorben, ausge-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 590. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/604>, abgerufen am 24.11.2024.
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