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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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Glauben hegte, auch sich hertzlich gern gründlich
darinnen unterweisen und tauffen lassen wolte;
allein ihr Liebhaber der Signor Canengo verzögerte
dieses von einer Zeit zur andern, hätte auch binnen
einem Jahre fast gar nicht mehr daran gedacht,
ohngeacht es anfänglich sein ernstlicher Vorsatz ge-
wesen, er auch deßfals viel Mühe angewendet.
Nechst diesen klagte sie über ihres Liebhabers wun-
derliche Conduite, sonderlich aber über seine zwar
willigen, doch ohnmächtigen Liebes-Dienste, und
wünschte aus einfältigen treuen Hertzen, daß ich bey
ihr an seiner Stelle seyn möchte. So bald ich mei-
ne Brunette aus diesem Thone reden hörete, war
ich gleich bereit, derselbigen meine so wohl willigen
als kräfftigen Bedienungen anzutragen, und vermey-
nete gleich stante pede meinen erwünschten, wie-
wohl straffbaren Zweck zu erlangen, jedoch die Hey-
din war in diesem Stücke noch tugendhaffter als
ich, indem sie sich scheuete, dergleichen auf eine so lie-
derliche Art, und an einem solchen Orte, wo es fast
so gut als unter freyen Himmel war, vorzunehmen,
immittelst führeten wir beyderseits starcke hand-
greifliche Discourse, wobey ich vollens so hitzig ver-
liebt wurde, daß bey nahe resolvirt war, nach und
nach Gewalt zu brauchen, alleine, die nicht weniger
erhitzte Brunette wuste mich dennoch mit so artigen
Liebkosungen zu bändigen, daß ich endlich Raison
annahm, weil sie mir theuer versprach, morgende
Nacht in ihrem Schlaff-Gemache alles dasjenige,
was ich jetzo verlangete, auf eine weit angenehmere
und sichere Arth zu vergönnen. Denn, wie sie ver-
nommen, würde ihr Amant selbige Nacht nicht

nach

Glauben hegte, auch ſich hertzlich gern gruͤndlich
darinnen unterweiſen und tauffen laſſen wolte;
allein ihr Liebhaber der Signor Canengo verzoͤgerte
dieſes von einer Zeit zur andern, haͤtte auch binnen
einem Jahre faſt gar nicht mehr daran gedacht,
ohngeacht es anfaͤnglich ſein ernſtlicher Vorſatz ge-
weſen, er auch deßfals viel Muͤhe angewendet.
Nechſt dieſen klagte ſie uͤber ihres Liebhabers wun-
derliche Conduite, ſonderlich aber uͤber ſeine zwar
willigen, doch ohnmaͤchtigen Liebes-Dienſte, und
wuͤnſchte aus einfaͤltigen treuen Hertzen, daß ich bey
ihr an ſeiner Stelle ſeyn moͤchte. So bald ich mei-
ne Brunette aus dieſem Thone reden hoͤrete, war
ich gleich bereit, derſelbigen meine ſo wohl willigen
als kraͤfftigen Bedienungen anzutragen, und vermey-
nete gleich ſtante pede meinen erwuͤnſchten, wie-
wohl ſtraffbaren Zweck zu erlangen, jedoch die Hey-
din war in dieſem Stuͤcke noch tugendhaffter als
ich, indem ſie ſich ſcheuete, dergleichen auf eine ſo lie-
derliche Art, und an einem ſolchen Orte, wo es faſt
ſo gut als unter freyen Himmel war, vorzunehmen,
immittelſt fuͤhreten wir beyderſeits ſtarcke hand-
greifliche Diſcourſe, wobey ich vollens ſo hitzig ver-
liebt wurde, daß bey nahe reſolvirt war, nach und
nach Gewalt zu brauchen, alleine, die nicht weniger
erhitzte Brunette wuſte mich dennoch mit ſo artigen
Liebkoſungen zu baͤndigen, daß ich endlich Raiſon
annahm, weil ſie mir theuer verſprach, morgende
Nacht in ihrem Schlaff-Gemache alles dasjenige,
was ich jetzo verlangete, auf eine weit angenehmere
und ſichere Arth zu vergoͤnnen. Denn, wie ſie ver-
nommen, wuͤrde ihr Amant ſelbige Nacht nicht

nach
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[45/0057] Glauben hegte, auch ſich hertzlich gern gruͤndlich darinnen unterweiſen und tauffen laſſen wolte; allein ihr Liebhaber der Signor Canengo verzoͤgerte dieſes von einer Zeit zur andern, haͤtte auch binnen einem Jahre faſt gar nicht mehr daran gedacht, ohngeacht es anfaͤnglich ſein ernſtlicher Vorſatz ge- weſen, er auch deßfals viel Muͤhe angewendet. Nechſt dieſen klagte ſie uͤber ihres Liebhabers wun- derliche Conduite, ſonderlich aber uͤber ſeine zwar willigen, doch ohnmaͤchtigen Liebes-Dienſte, und wuͤnſchte aus einfaͤltigen treuen Hertzen, daß ich bey ihr an ſeiner Stelle ſeyn moͤchte. So bald ich mei- ne Brunette aus dieſem Thone reden hoͤrete, war ich gleich bereit, derſelbigen meine ſo wohl willigen als kraͤfftigen Bedienungen anzutragen, und vermey- nete gleich ſtante pede meinen erwuͤnſchten, wie- wohl ſtraffbaren Zweck zu erlangen, jedoch die Hey- din war in dieſem Stuͤcke noch tugendhaffter als ich, indem ſie ſich ſcheuete, dergleichen auf eine ſo lie- derliche Art, und an einem ſolchen Orte, wo es faſt ſo gut als unter freyen Himmel war, vorzunehmen, immittelſt fuͤhreten wir beyderſeits ſtarcke hand- greifliche Diſcourſe, wobey ich vollens ſo hitzig ver- liebt wurde, daß bey nahe reſolvirt war, nach und nach Gewalt zu brauchen, alleine, die nicht weniger erhitzte Brunette wuſte mich dennoch mit ſo artigen Liebkoſungen zu baͤndigen, daß ich endlich Raiſon annahm, weil ſie mir theuer verſprach, morgende Nacht in ihrem Schlaff-Gemache alles dasjenige, was ich jetzo verlangete, auf eine weit angenehmere und ſichere Arth zu vergoͤnnen. Denn, wie ſie ver- nommen, wuͤrde ihr Amant ſelbige Nacht nicht nach

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/57>, abgerufen am 06.05.2024.