Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

einträffe, ein jeder die Freyheit haben solte hin zu ge-
hen wohin er wolte.

Seine Haupt-Absichten waren, sich in Hispa-
niola
an seiner Wunde bey verständigen Aertzten
völlig heilen zu lassen, und dann zu erforschen, was
den Don Anciso abgehaiten hätte, uns mit dem be-
stellten Proviant zu folgen. Demnach setzte er sich
in das Schiff, welches Bernardino de Calavera
heimlich und ohne Erlaubniß des Ober-Admirals
und anderer Regenten aus Hispaniola entführet
hatte, und seegelte mit selbigen auf bemeldte Jnsul
zu.

Wir Zurückgebliebenen warteten mit Schmer-
tzen auf dessen Wiederkunfft, da aber nicht allein die
50. Tage, sondern noch mehr als zweymahl so viel
verlauffen waren, und wir binnen der Zeit vieles
Ungemach, so wohl wegen feindlicher Anfälle, als
grosser Hungers-Noth erlitten hatten, theilete sich
alles Volck in des Hojez zurück gelassene zwey
Schiffe ein, des willens ihren Gouverneur selbst in
Hispaniola aufzusuchen.

Kaum hatten wir das hohe Meer erreicht, da uns
ein entsetzlicher Sturm überfiel, welcher das Schiff,
worinnen unsere Mit-Gesellen sassen, in einem Au-
genblick umstürtzte und in den Abgrund versenck-
te, so daß kein eintziger zu erretten war. Wir übri-
gen suchten dergleichen Unglücke zu entgehen, lande-
ten derowegen bey der Jnsul Fortis, wurden aber
von den Pfeilen der wilden Einwohner dermassen
unfreundlich empfangen, daß wir vor unser gröstes
Glück schätzten, noch bey zeiten das Schiff zu errei-
chen, und von dannen zu seegeln.

Jn-

eintraͤffe, ein jeder die Freyheit haben ſolte hin zu ge-
hen wohin er wolte.

Seine Haupt-Abſichten waren, ſich in Hiſpa-
niola
an ſeiner Wunde bey verſtaͤndigen Aertzten
voͤllig heilen zu laſſen, und dann zu erforſchen, was
den Don Anciſo abgehaiten haͤtte, uns mit dem be-
ſtellten Proviant zu folgen. Demnach ſetzte er ſich
in das Schiff, welches Bernardino de Calavera
heimlich und ohne Erlaubniß des Ober-Admirals
und anderer Regenten aus Hiſpaniola entfuͤhret
hatte, und ſeegelte mit ſelbigen auf bemeldte Jnſul
zu.

Wir Zuruͤckgebliebenen warteten mit Schmer-
tzen auf deſſen Wiederkunfft, da aber nicht allein die
50. Tage, ſondern noch mehr als zweymahl ſo viel
verlauffen waren, und wir binnen der Zeit vieles
Ungemach, ſo wohl wegen feindlicher Anfaͤlle, als
groſſer Hungers-Noth erlitten hatten, theilete ſich
alles Volck in des Hojez zuruͤck gelaſſene zwey
Schiffe ein, des willens ihren Gouverneur ſelbſt in
Hiſpaniola aufzuſuchen.

Kaum hatten wir das hohe Meer erreicht, da uns
ein entſetzlicher Sturm uͤberfiel, welcher das Schiff,
worinnen unſere Mit-Geſellen ſaſſen, in einem Au-
genblick umſtuͤrtzte und in den Abgrund verſenck-
te, ſo daß kein eintziger zu erretten war. Wir uͤbri-
gen ſuchten dergleichen Ungluͤcke zu entgehen, lande-
ten derowegen bey der Jnſul Fortis, wurden aber
von den Pfeilen der wilden Einwohner dermaſſen
unfreundlich empfangen, daß wir vor unſer groͤſtes
Gluͤck ſchaͤtzten, noch bey zeiten das Schiff zu errei-
chen, und von dannen zu ſeegeln.

Jn-
<TEI>
  <text>
    <back>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0569" n="555"/>
eintra&#x0364;ffe, ein jeder die Freyheit haben &#x017F;olte hin zu ge-<lb/>
hen wohin er wolte.</p><lb/>
          <p>Seine Haupt-Ab&#x017F;ichten waren, &#x017F;ich in <hi rendition="#aq">Hi&#x017F;pa-<lb/>
niola</hi> an &#x017F;einer Wunde bey ver&#x017F;ta&#x0364;ndigen Aertzten<lb/>
vo&#x0364;llig heilen zu la&#x017F;&#x017F;en, und dann zu erfor&#x017F;chen, was<lb/>
den <hi rendition="#aq">Don Anci&#x017F;o</hi> abgehaiten ha&#x0364;tte, uns mit dem be-<lb/>
&#x017F;tellten <hi rendition="#aq">Proviant</hi> zu folgen. Demnach &#x017F;etzte er &#x017F;ich<lb/>
in das Schiff, welches <hi rendition="#aq">Bernardino de Calavera</hi><lb/>
heimlich und ohne Erlaubniß des Ober-<hi rendition="#aq">Admirals</hi><lb/>
und anderer Regenten aus <hi rendition="#aq">Hi&#x017F;paniola</hi> entfu&#x0364;hret<lb/>
hatte, und &#x017F;eegelte mit &#x017F;elbigen auf bemeldte Jn&#x017F;ul<lb/>
zu.</p><lb/>
          <p>Wir Zuru&#x0364;ckgebliebenen warteten mit Schmer-<lb/>
tzen auf de&#x017F;&#x017F;en Wiederkunfft, da aber nicht allein die<lb/>
50. Tage, &#x017F;ondern noch mehr als zweymahl &#x017F;o viel<lb/>
verlauffen waren, und wir binnen der Zeit vieles<lb/>
Ungemach, &#x017F;o wohl wegen feindlicher Anfa&#x0364;lle, als<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;er Hungers-Noth erlitten hatten, theilete &#x017F;ich<lb/>
alles Volck in des <hi rendition="#aq">Hojez</hi> zuru&#x0364;ck gela&#x017F;&#x017F;ene zwey<lb/>
Schiffe ein, des willens ihren <hi rendition="#aq">Gouverneur</hi> &#x017F;elb&#x017F;t in<lb/><hi rendition="#aq">Hi&#x017F;paniola</hi> aufzu&#x017F;uchen.</p><lb/>
          <p>Kaum hatten wir das hohe Meer erreicht, da uns<lb/>
ein ent&#x017F;etzlicher Sturm u&#x0364;berfiel, welcher das Schiff,<lb/>
worinnen un&#x017F;ere Mit-Ge&#x017F;ellen &#x017F;a&#x017F;&#x017F;en, in einem Au-<lb/>
genblick um&#x017F;tu&#x0364;rtzte und in den Abgrund ver&#x017F;enck-<lb/>
te, &#x017F;o daß kein eintziger zu erretten war. Wir u&#x0364;bri-<lb/>
gen &#x017F;uchten dergleichen Unglu&#x0364;cke zu entgehen, lande-<lb/>
ten derowegen bey der Jn&#x017F;ul <hi rendition="#aq">Fortis,</hi> wurden aber<lb/>
von den Pfeilen der wilden Einwohner derma&#x017F;&#x017F;en<lb/>
unfreundlich empfangen, daß wir vor un&#x017F;er gro&#x0364;&#x017F;tes<lb/>
Glu&#x0364;ck &#x017F;cha&#x0364;tzten, noch bey zeiten das Schiff zu errei-<lb/>
chen, und von dannen zu &#x017F;eegeln.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Jn-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </back>
  </text>
</TEI>
[555/0569] eintraͤffe, ein jeder die Freyheit haben ſolte hin zu ge- hen wohin er wolte. Seine Haupt-Abſichten waren, ſich in Hiſpa- niola an ſeiner Wunde bey verſtaͤndigen Aertzten voͤllig heilen zu laſſen, und dann zu erforſchen, was den Don Anciſo abgehaiten haͤtte, uns mit dem be- ſtellten Proviant zu folgen. Demnach ſetzte er ſich in das Schiff, welches Bernardino de Calavera heimlich und ohne Erlaubniß des Ober-Admirals und anderer Regenten aus Hiſpaniola entfuͤhret hatte, und ſeegelte mit ſelbigen auf bemeldte Jnſul zu. Wir Zuruͤckgebliebenen warteten mit Schmer- tzen auf deſſen Wiederkunfft, da aber nicht allein die 50. Tage, ſondern noch mehr als zweymahl ſo viel verlauffen waren, und wir binnen der Zeit vieles Ungemach, ſo wohl wegen feindlicher Anfaͤlle, als groſſer Hungers-Noth erlitten hatten, theilete ſich alles Volck in des Hojez zuruͤck gelaſſene zwey Schiffe ein, des willens ihren Gouverneur ſelbſt in Hiſpaniola aufzuſuchen. Kaum hatten wir das hohe Meer erreicht, da uns ein entſetzlicher Sturm uͤberfiel, welcher das Schiff, worinnen unſere Mit-Geſellen ſaſſen, in einem Au- genblick umſtuͤrtzte und in den Abgrund verſenck- te, ſo daß kein eintziger zu erretten war. Wir uͤbri- gen ſuchten dergleichen Ungluͤcke zu entgehen, lande- ten derowegen bey der Jnſul Fortis, wurden aber von den Pfeilen der wilden Einwohner dermaſſen unfreundlich empfangen, daß wir vor unſer groͤſtes Gluͤck ſchaͤtzten, noch bey zeiten das Schiff zu errei- chen, und von dannen zu ſeegeln. Jn-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/569
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 555. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/569>, abgerufen am 19.05.2024.