mahl sehr tief feufzete, jedoch unsers Zuredens ohngeacht, die äuserste Verstockuug zeigte, und durchaus kein Wort antworten wolte. Demnach ließ ich ihren verfluchten Liebhaber in seiner Blösse, so wohl als die schändliche Beata herzu führen, da denn der Erste auf alle unsere Fragen richtige Ant- wort gab, und bekannte: Daß er Don Vicentio de Garziano hiesse, und seit 4 oder 5 Monathen da- her, mit der Eleonora seine schandbare Lust getrie- ben hatte, bat anbey, ich möchte in Betrachtung sei- ner Jugend und vornehmen Geschlechts ihm das Leben schencken. Es ist mir, versetzte ich, mit dem Tode eines solchen liederlichen Menschen, wie du bist, wenig oder nichts geholffen, derowegen solst du zwar nicht hingerichtet, aber doch also gezeichnet werden, daß die Lust nach frembden Weibern ver- schwinden, und dein Leben ein täglicher Tod seyn soll. Hiermit gab ich meinem Leib-Diener einen Winck, welcher so gleich 4. Handfeste Knechte her- ein treten ließ, die den Vicentio sogleich anpackten, und auf eine Tafel bunden. Dieser merckte bald was ihm wiederfahren würde/ fing derowegen aufs neue zu bitten und endlich zu drohen an: wie nem- lich sein Vater, der ein vornehmer Königl. Bedien- ter und Mit-Glied der Heil. Inqvisition sey, dessen Schimpf sattsam rächen könte, allein es half nichts, sondern meine Knechte verrichteten ihr Amt so, daß er unter kläglichen Geschrey seiner Mannheit beraubt, und nachhero wiederum [g]eheftet wurde. Jch [mu]ste zu meinem allergrösten Verdrusse sehen: Daß Eleonora dieser wegen die bittersten Thränen fallen ließ, um deßwillen sie von mir mit dem Fusse
der-
mahl ſehr tief feufzete, jedoch unſers Zuredens ohngeacht, die aͤuſerſte Verſtockuug zeigte, und durchaus kein Wort antworten wolte. Demnach ließ ich ihren verfluchten Liebhaber in ſeiner Bloͤſſe, ſo wohl als die ſchaͤndliche Beata herzu fuͤhren, da denn der Erſte auf alle unſere Fragen richtige Ant- wort gab, und bekannte: Daß er Don Vicentio de Garziano hieſſe, und ſeit 4 oder 5 Monathen da- her, mit der Eleonora ſeine ſchandbare Luſt getrie- ben hatte, bat anbey, ich moͤchte in Betrachtung ſei- ner Jugend und vornehmen Geſchlechts ihm das Leben ſchencken. Es iſt mir, verſetzte ich, mit dem Tode eines ſolchen liederlichen Menſchen, wie du biſt, wenig oder nichts geholffen, derowegen ſolſt du zwar nicht hingerichtet, aber doch alſo gezeichnet werden, daß die Luſt nach frembden Weibern ver- ſchwinden, und dein Leben ein taͤglicher Tod ſeyn ſoll. Hiermit gab ich meinem Leib-Diener einen Winck, welcher ſo gleich 4. Handfeſte Knechte her- ein treten ließ, die den Vicentio ſogleich anpackten, und auf eine Tafel bunden. Dieſer merckte bald was ihm wiederfahren wuͤrde/ fing derowegen aufs neue zu bitten und endlich zu drohen an: wie nem- lich ſein Vater, der ein vornehmer Koͤnigl. Bedien- ter und Mit-Glied der Heil. Inqviſition ſey, deſſen Schimpf ſattſam raͤchen koͤnte, allein es half nichts, ſondern meine Knechte verrichteten ihr Amt ſo, daß er unter klaͤglichen Geſchrey ſeiner Mannheit beraubt, und nachhero wiederum [g]eheftet wurde. Jch [mu]ſte zu meinem allergroͤſten Verdruſſe ſehen: Daß Eleonora dieſer wegen die bitterſten Thraͤnen fallen ließ, um deßwillen ſie von mir mit dem Fuſſe
der-
<TEI><text><back><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0554"n="540"/>
mahl ſehr tief feufzete, jedoch unſers Zuredens<lb/>
ohngeacht, die aͤuſerſte Verſtockuug zeigte, und<lb/>
durchaus kein Wort antworten wolte. Demnach<lb/>
ließ ich ihren verfluchten Liebhaber in ſeiner Bloͤſſe,<lb/>ſo wohl als die ſchaͤndliche <hirendition="#aq">Beata</hi> herzu fuͤhren, da<lb/>
denn der Erſte auf alle unſere Fragen richtige Ant-<lb/>
wort gab, und bekannte: Daß er <hirendition="#aq">Don Vicentio<lb/>
de Garziano</hi> hieſſe, und ſeit 4 oder 5 Monathen da-<lb/>
her, mit der <hirendition="#aq">Eleonora</hi>ſeine ſchandbare Luſt getrie-<lb/>
ben hatte, bat anbey, ich moͤchte in Betrachtung ſei-<lb/>
ner Jugend und vornehmen Geſchlechts ihm das<lb/>
Leben ſchencken. Es iſt mir, verſetzte ich, mit dem<lb/>
Tode eines ſolchen liederlichen Menſchen, wie du<lb/>
biſt, wenig oder nichts geholffen, derowegen ſolſt du<lb/>
zwar nicht hingerichtet, aber doch alſo gezeichnet<lb/>
werden, daß die Luſt nach frembden Weibern ver-<lb/>ſchwinden, und dein Leben ein taͤglicher Tod ſeyn<lb/>ſoll. Hiermit gab ich meinem Leib-Diener einen<lb/>
Winck, welcher ſo gleich 4. Handfeſte Knechte her-<lb/>
ein treten ließ, die den <hirendition="#aq">Vicentio</hi>ſogleich anpackten,<lb/>
und auf eine Tafel bunden. Dieſer merckte bald<lb/>
was ihm wiederfahren wuͤrde/ fing derowegen aufs<lb/>
neue zu bitten und endlich zu drohen an: wie nem-<lb/>
lich ſein Vater, der ein vornehmer Koͤnigl. Bedien-<lb/>
ter und Mit-Glied der Heil. <hirendition="#aq">Inqviſition</hi>ſey, deſſen<lb/>
Schimpf ſattſam raͤchen koͤnte, allein es half<lb/>
nichts, ſondern meine Knechte verrichteten ihr Amt<lb/>ſo, daß er unter klaͤglichen Geſchrey ſeiner Mannheit<lb/>
beraubt, und nachhero wiederum <supplied>g</supplied>eheftet wurde.<lb/>
Jch <supplied>mu</supplied>ſte zu meinem allergroͤſten Verdruſſe ſehen:<lb/>
Daß <hirendition="#aq">Eleonora</hi> dieſer wegen die bitterſten Thraͤnen<lb/>
fallen ließ, um deßwillen ſie von mir mit dem Fuſſe<lb/><fwplace="bottom"type="catch">der-</fw><lb/></p></div></div></back></text></TEI>
[540/0554]
mahl ſehr tief feufzete, jedoch unſers Zuredens
ohngeacht, die aͤuſerſte Verſtockuug zeigte, und
durchaus kein Wort antworten wolte. Demnach
ließ ich ihren verfluchten Liebhaber in ſeiner Bloͤſſe,
ſo wohl als die ſchaͤndliche Beata herzu fuͤhren, da
denn der Erſte auf alle unſere Fragen richtige Ant-
wort gab, und bekannte: Daß er Don Vicentio
de Garziano hieſſe, und ſeit 4 oder 5 Monathen da-
her, mit der Eleonora ſeine ſchandbare Luſt getrie-
ben hatte, bat anbey, ich moͤchte in Betrachtung ſei-
ner Jugend und vornehmen Geſchlechts ihm das
Leben ſchencken. Es iſt mir, verſetzte ich, mit dem
Tode eines ſolchen liederlichen Menſchen, wie du
biſt, wenig oder nichts geholffen, derowegen ſolſt du
zwar nicht hingerichtet, aber doch alſo gezeichnet
werden, daß die Luſt nach frembden Weibern ver-
ſchwinden, und dein Leben ein taͤglicher Tod ſeyn
ſoll. Hiermit gab ich meinem Leib-Diener einen
Winck, welcher ſo gleich 4. Handfeſte Knechte her-
ein treten ließ, die den Vicentio ſogleich anpackten,
und auf eine Tafel bunden. Dieſer merckte bald
was ihm wiederfahren wuͤrde/ fing derowegen aufs
neue zu bitten und endlich zu drohen an: wie nem-
lich ſein Vater, der ein vornehmer Koͤnigl. Bedien-
ter und Mit-Glied der Heil. Inqviſition ſey, deſſen
Schimpf ſattſam raͤchen koͤnte, allein es half
nichts, ſondern meine Knechte verrichteten ihr Amt
ſo, daß er unter klaͤglichen Geſchrey ſeiner Mannheit
beraubt, und nachhero wiederum geheftet wurde.
Jch muſte zu meinem allergroͤſten Verdruſſe ſehen:
Daß Eleonora dieſer wegen die bitterſten Thraͤnen
fallen ließ, um deßwillen ſie von mir mit dem Fuſſe
der-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/554>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.