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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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men werden. Wiewohl nun solches leichtlich zu er-
rathen stund, so wurde doch von uns die rechte Zeit
und zwar mit erstaunlicher Gelassenheit abgepasset.
So bald demnach ein jedes von den Schand-Bäl-
gen einen grossen Becher ausgeleeret, der mit einem
besonders annehmlichen Geträncke, welches die ver-
fluchte Geilheit annoch vermehren solte, angefüllet
gewesen; fielen sie, als gantz berauschte Furien, auf
das seitwärts stehende Huren-Lager, und trieben
daselbst solche Unflätereyen, deren Angedencken ich
gern auf ewig aus meinen Gedancken verbannet
wissen möchte. Nunmehro sagte mein Bruder,
haben die Lasterhafften den höchsten Gipffel aller
schändlichen Wollüste erstiegen, derowegen kommt
mein Bruter! und lasset uns dieselben in den tieff-
sten Abgrund alles Elendes stürtzen, jedoch nehmet
euch so wohl als ich in acht, daß keins von beyden
tödtlich verwundet werde. Demnach wurde die
kleine Thür in aller Stille aufgemacht, wir traten
durch die Tapeten hinein, ohne von ihnen gemerckt
zu werden, bis ich den verfluchten geilen Bock beym
Haaren ergriff, und aus dem Bette auf den Boden
warff. Eleonora that einen eintzigen lauten Schrey,
und blieb hernach auf der Stelle ohnmächtig liegen.
Die verteuffelte B[ea]ta kam im blossen Hembde mit
einem Dolche herzu gesprungen, und hätte mich ohn-
fehlbar getroffen, wo nicht mein Bruden ihr einen
solchen heftigen Hieb über den Arm versetzt/ wo-
von derselbe biß auf eine eintzige Sehne durchschnit-
ten und gelähmet wurde. Jch gab meinem Leib-
Diener ein abgeredetes Zeichen, welcher sogleich
nebst 2. Knechten in dem Neben-Zimmer zum Vor-

scheine

men werden. Wiewohl nun ſolches leichtlich zu er-
rathen ſtund, ſo wurde doch von uns die rechte Zeit
und zwar mit erſtaunlicher Gelaſſenheit abgepaſſet.
So bald demnach ein jedes von den Schand-Baͤl-
gen einen groſſen Becher ausgeleeret, der mit einem
beſonders annehmlichen Getraͤncke, welches die ver-
fluchte Geilheit annoch vermehren ſolte, angefuͤllet
geweſen; fielen ſie, als gantz berauſchte Furien, auf
das ſeitwaͤrts ſtehende Huren-Lager, und trieben
daſelbſt ſolche Unflaͤtereyen, deren Angedencken ich
gern auf ewig aus meinen Gedancken verbannet
wiſſen moͤchte. Nunmehro ſagte mein Bruder,
haben die Laſterhafften den hoͤchſten Gipffel aller
ſchaͤndlichen Wolluͤſte erſtiegen, derowegen kommt
mein Bruter! und laſſet uns dieſelben in den tieff-
ſten Abgrund alles Elendes ſtuͤrtzen, jedoch nehmet
euch ſo wohl als ich in acht, daß keins von beyden
toͤdtlich verwundet werde. Demnach wurde die
kleine Thuͤr in aller Stille aufgemacht, wir traten
durch die Tapeten hinein, ohne von ihnen gemerckt
zu werden, bis ich den verfluchten geilen Bock beym
Haaren ergriff, und aus dem Bette auf den Boden
warff. Eleonora that einen eintzigen lauten Schrey,
und blieb hernach auf der Stelle ohnmaͤchtig liegen.
Die verteuffelte B[ea]ta kam im bloſſen Hembde mit
einem Dolche herzu geſprungen, und haͤtte mich ohn-
fehlbar getroffen, wo nicht mein Bruden ihr einen
ſolchen heftigen Hieb uͤber den Arm verſetzt/ wo-
von derſelbe biß auf eine eintzige Sehne durchſchnit-
ten und gelaͤhmet wurde. Jch gab meinem Leib-
Diener ein abgeredetes Zeichen, welcher ſogleich
nebſt 2. Knechten in dem Neben-Zimmer zum Vor-

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[538/0552] men werden. Wiewohl nun ſolches leichtlich zu er- rathen ſtund, ſo wurde doch von uns die rechte Zeit und zwar mit erſtaunlicher Gelaſſenheit abgepaſſet. So bald demnach ein jedes von den Schand-Baͤl- gen einen groſſen Becher ausgeleeret, der mit einem beſonders annehmlichen Getraͤncke, welches die ver- fluchte Geilheit annoch vermehren ſolte, angefuͤllet geweſen; fielen ſie, als gantz berauſchte Furien, auf das ſeitwaͤrts ſtehende Huren-Lager, und trieben daſelbſt ſolche Unflaͤtereyen, deren Angedencken ich gern auf ewig aus meinen Gedancken verbannet wiſſen moͤchte. Nunmehro ſagte mein Bruder, haben die Laſterhafften den hoͤchſten Gipffel aller ſchaͤndlichen Wolluͤſte erſtiegen, derowegen kommt mein Bruter! und laſſet uns dieſelben in den tieff- ſten Abgrund alles Elendes ſtuͤrtzen, jedoch nehmet euch ſo wohl als ich in acht, daß keins von beyden toͤdtlich verwundet werde. Demnach wurde die kleine Thuͤr in aller Stille aufgemacht, wir traten durch die Tapeten hinein, ohne von ihnen gemerckt zu werden, bis ich den verfluchten geilen Bock beym Haaren ergriff, und aus dem Bette auf den Boden warff. Eleonora that einen eintzigen lauten Schrey, und blieb hernach auf der Stelle ohnmaͤchtig liegen. Die verteuffelte Beata kam im bloſſen Hembde mit einem Dolche herzu geſprungen, und haͤtte mich ohn- fehlbar getroffen, wo nicht mein Bruden ihr einen ſolchen heftigen Hieb uͤber den Arm verſetzt/ wo- von derſelbe biß auf eine eintzige Sehne durchſchnit- ten und gelaͤhmet wurde. Jch gab meinem Leib- Diener ein abgeredetes Zeichen, welcher ſogleich nebſt 2. Knechten in dem Neben-Zimmer zum Vor- ſcheine

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/552>, abgerufen am 22.11.2024.