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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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läge, welcher denn dieserwegen eben so heftige Ge-
müths-Bewegungen als ich selbst empfand, jedoch
wir verstelleten uns nach genommener Abrede aufs
beste, und schienen so wohl als alle andern, drey
Tage nach einander rechtschaffen lustig zu seyn. Am
vierdten Tage aber reiseten wir wiederum aus ein-
ander, nachdem mein Bruder versprochen, alsofort
bey mir zu erscheinen so bald ich ihm deßfalls nur ei-
nen Bothen gesendet hätte. Zwey Tage nach un-
serer Heilnkunft, kam die verhüllte Beata nebst ih-
rer vermeynten Tochter in aller frühe gewandelt,
und wurde von Eleonoren mit gröstem Vergnügen
empfangen. Mein Hertz im Leibe enthrannte vom
Eifer und Rache, nachdem ich aber die Arbeit mei-
nes Leib-Dieners mit Fleiß betrachtet, und die ver-
borgene Thür nach meinem Sinne vollkommen
wohl gemacht befunden[,] ließ ich meinen Bruder zu
mir entbiethen, welcher sich denn noch vor Abends
einstellete. Meine Gemahlin war bey der Abend-
Mahlzeit ausserordentlich wohl aufgeräumt, und
schertzte wieder ihre Gewohnheit sehr lange mit
uns; da wir aber nach der Mahlzeit einige Rech-
nungen durchzugehen vornahmen, sagte sie: Meine
Herren, ich weiß doch, daß euch meine Gegenwart
bey dergleichen ernstlichen Zeitvertreibe beschwer-
lich fällt, derowegen will mit eurer gütigen Erlaub-
niß Abschied nehmen, meine Andacht verrichten,
hernach schlafen gehen, weil ich ohnedem heute aus-
serordentlich müde bin. Wir fertigten sie von bey-
den Seiten mit unverdächtiger Freundlichkeit ab,
blieben noch eine kurtze Zeit beysammen sitzen, be-
gaben uns hernach mit zweyen Blend-Laternen und

blossen

laͤge, welcher denn dieſerwegen eben ſo heftige Ge-
muͤths-Bewegungen als ich ſelbſt empfand, jedoch
wir verſtelleten uns nach genommener Abrede aufs
beſte, und ſchienen ſo wohl als alle andern, drey
Tage nach einander rechtſchaffen luſtig zu ſeyn. Am
vierdten Tage aber reiſeten wir wiederum aus ein-
ander, nachdem mein Bruder verſprochen, alſofort
bey mir zu erſcheinen ſo bald ich ihm deßfalls nur ei-
nen Bothen geſendet haͤtte. Zwey Tage nach un-
ſerer Heilnkunft, kam die verhuͤllte Beata nebſt ih-
rer vermeynten Tochter in aller fruͤhe gewandelt,
und wurde von Eleonoren mit groͤſtem Vergnuͤgen
empfangen. Mein Hertz im Leibe enthrannte vom
Eifer und Rache, nachdem ich aber die Arbeit mei-
nes Leib-Dieners mit Fleiß betrachtet, und die ver-
borgene Thuͤr nach meinem Sinne vollkommen
wohl gemacht befunden[,] ließ ich meinen Bruder zu
mir entbiethen, welcher ſich denn noch vor Abends
einſtellete. Meine Gemahlin war bey der Abend-
Mahlzeit auſſerordentlich wohl aufgeraͤumt, und
ſchertzte wieder ihre Gewohnheit ſehr lange mit
uns; da wir aber nach der Mahlzeit einige Rech-
nungen durchzugehen vornahmen, ſagte ſie: Meine
Herren, ich weiß doch, daß euch meine Gegenwart
bey dergleichen ernſtlichen Zeitvertreibe beſchwer-
lich faͤllt, derowegen will mit eurer guͤtigen Erlaub-
niß Abſchied nehmen, meine Andacht verrichten,
hernach ſchlafen gehen, weil ich ohnedem heute auſ-
ſerordentlich muͤde bin. Wir fertigten ſie von bey-
den Seiten mit unverdaͤchtiger Freundlichkeit ab,
blieben noch eine kurtze Zeit beyſammen ſitzen, be-
gaben uns hernach mit zweyen Blend-Laternen und

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[536/0550] laͤge, welcher denn dieſerwegen eben ſo heftige Ge- muͤths-Bewegungen als ich ſelbſt empfand, jedoch wir verſtelleten uns nach genommener Abrede aufs beſte, und ſchienen ſo wohl als alle andern, drey Tage nach einander rechtſchaffen luſtig zu ſeyn. Am vierdten Tage aber reiſeten wir wiederum aus ein- ander, nachdem mein Bruder verſprochen, alſofort bey mir zu erſcheinen ſo bald ich ihm deßfalls nur ei- nen Bothen geſendet haͤtte. Zwey Tage nach un- ſerer Heilnkunft, kam die verhuͤllte Beata nebſt ih- rer vermeynten Tochter in aller fruͤhe gewandelt, und wurde von Eleonoren mit groͤſtem Vergnuͤgen empfangen. Mein Hertz im Leibe enthrannte vom Eifer und Rache, nachdem ich aber die Arbeit mei- nes Leib-Dieners mit Fleiß betrachtet, und die ver- borgene Thuͤr nach meinem Sinne vollkommen wohl gemacht befunden, ließ ich meinen Bruder zu mir entbiethen, welcher ſich denn noch vor Abends einſtellete. Meine Gemahlin war bey der Abend- Mahlzeit auſſerordentlich wohl aufgeraͤumt, und ſchertzte wieder ihre Gewohnheit ſehr lange mit uns; da wir aber nach der Mahlzeit einige Rech- nungen durchzugehen vornahmen, ſagte ſie: Meine Herren, ich weiß doch, daß euch meine Gegenwart bey dergleichen ernſtlichen Zeitvertreibe beſchwer- lich faͤllt, derowegen will mit eurer guͤtigen Erlaub- niß Abſchied nehmen, meine Andacht verrichten, hernach ſchlafen gehen, weil ich ohnedem heute auſ- ſerordentlich muͤde bin. Wir fertigten ſie von bey- den Seiten mit unverdaͤchtiger Freundlichkeit ab, blieben noch eine kurtze Zeit beyſammen ſitzen, be- gaben uns hernach mit zweyen Blend-Laternen und bloſſen

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 536. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/550>, abgerufen am 28.05.2024.