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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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und Fehler, so wie ich von GOtt Vergebung
zu erhalten verhoffe, lasset meinen armseeli-
gen Leib in keine ungeweyhete Erde begra-
ben, und etliche Seel-Messen vor mich und
meine Leibes-Frucht lesen, damit ihr in Zu-
kunfft von unsern Geistern nicht verunruhi-
get werdet. GOtt, der meine Seele zu trö-
sten nunmehro einen Anfang machet, wird
euch davor nach ausgestandenen Trübsalen
und Kümmernissen wiederum zeitlich und
ewig zu erfreuen wissen. Jch sterbe mit
grösten Schmertzen als eine bußfertige Chri-
stin und eure

unwürdige Dienerin
Apollonia.

Erwege selbst, du! der du dieses liesest, wie mir
nach Verlesung dieses Briefes müsse zu Muthe ge-
wesen seyn, denn ich weiß weiter nichts zu sagen,
als daß ich binnen zwey guten Stunden nicht ge-
wust habe, ob ich noch auf Erden oder in der Hölle
sey, denn mein Gemüthe wurde von gantz unge-
wöhnlichen Bewegungen dermassen gesoltert und
zermartert, daß ich vor Augst und Bangigkeit nicht
zu bleiben wuste, jedoch, da aus den vielen Hin-
und Hergehen der Bedienten muthmassete, daß
Eleonora erwacht seyn müsse, brachte ich dasselbe
in behörige Ordnung, nahm eine verstellte gelassene
Gebärde an und besuchte sie in ihrem Zimmer,
ich war würcklich selbst der erste/ der ihr von dem
Tode der Apolloniae die Zeitung brachte, welche
sie mit mäßiger Verwunderung anhörete, und dar-

bey

und Fehler, ſo wie ich von GOtt Vergebung
zu erhalten verhoffe, laſſet meinen armſeeli-
gen Leib in keine ungeweyhete Erde begra-
ben, und etliche Seel-Meſſen vor mich und
meine Leibes-Frucht leſen, damit ihr in Zu-
kunfft von unſern Geiſtern nicht verunruhi-
get werdet. GOtt, der meine Seele zu troͤ-
ſten nunmehro einen Anfang machet, wird
euch davor nach ausgeſtandenen Truͤbſalen
und Kuͤmmerniſſen wiederum zeitlich und
ewig zu erfreuen wiſſen. Jch ſterbe mit
groͤſten Schmertzen als eine bußfertige Chri-
ſtin und eure

unwuͤrdige Dienerin
Apollonia.

Erwege ſelbſt, du! der du dieſes lieſeſt, wie mir
nach Verleſung dieſes Briefes muͤſſe zu Muthe ge-
weſen ſeyn, denn ich weiß weiter nichts zu ſagen,
als daß ich binnen zwey guten Stunden nicht ge-
wuſt habe, ob ich noch auf Erden oder in der Hoͤlle
ſey, denn mein Gemuͤthe wurde von gantz unge-
woͤhnlichen Bewegungen dermaſſen geſoltert und
zermartert, daß ich vor Augſt und Bangigkeit nicht
zu bleiben wuſte, jedoch, da aus den vielen Hin-
und Hergehen der Bedienten muthmaſſete, daß
Eleonora erwacht ſeyn muͤſſe, brachte ich daſſelbe
in behoͤrige Ordnung, nahm eine verſtellte gelaſſene
Gebaͤrde an und beſuchte ſie in ihrem Zimmer,
ich war wuͤrcklich ſelbſt der erſte/ der ihr von dem
Tode der Apolloniæ die Zeitung brachte, welche
ſie mit maͤßiger Verwunderung anhoͤrete, und dar-

bey
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[532/0546] und Fehler, ſo wie ich von GOtt Vergebung zu erhalten verhoffe, laſſet meinen armſeeli- gen Leib in keine ungeweyhete Erde begra- ben, und etliche Seel-Meſſen vor mich und meine Leibes-Frucht leſen, damit ihr in Zu- kunfft von unſern Geiſtern nicht verunruhi- get werdet. GOtt, der meine Seele zu troͤ- ſten nunmehro einen Anfang machet, wird euch davor nach ausgeſtandenen Truͤbſalen und Kuͤmmerniſſen wiederum zeitlich und ewig zu erfreuen wiſſen. Jch ſterbe mit groͤſten Schmertzen als eine bußfertige Chri- ſtin und eure unwuͤrdige Dienerin Apollonia. Erwege ſelbſt, du! der du dieſes lieſeſt, wie mir nach Verleſung dieſes Briefes muͤſſe zu Muthe ge- weſen ſeyn, denn ich weiß weiter nichts zu ſagen, als daß ich binnen zwey guten Stunden nicht ge- wuſt habe, ob ich noch auf Erden oder in der Hoͤlle ſey, denn mein Gemuͤthe wurde von gantz unge- woͤhnlichen Bewegungen dermaſſen geſoltert und zermartert, daß ich vor Augſt und Bangigkeit nicht zu bleiben wuſte, jedoch, da aus den vielen Hin- und Hergehen der Bedienten muthmaſſete, daß Eleonora erwacht ſeyn muͤſſe, brachte ich daſſelbe in behoͤrige Ordnung, nahm eine verſtellte gelaſſene Gebaͤrde an und beſuchte ſie in ihrem Zimmer, ich war wuͤrcklich ſelbſt der erſte/ der ihr von dem Tode der Apolloniæ die Zeitung brachte, welche ſie mit maͤßiger Verwunderung anhoͤrete, und dar- bey

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 532. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/546>, abgerufen am 28.05.2024.