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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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erblickt, als ihn dero Schönheit noch geschwinder
als mich zum verliebten Narren gemacht hatte. Jch
vermerckte mehr als zu frühe, daß er sich aufs eiffrig-
ste angelegen seyn ließ, mich bey ihr aus dem Sattel
zu heben, und sich an meine Stelle hinein zu schwin-
gen, jedoch weil ich mich der Treue meiner Gelieb-
ten höchst versichert schätzte, über dieses der Höflich-
keit wegen einem Fremden etwas nachzusehen ver-
bunden war, ließ sich mein vergnügtes Hertze die-
ser wegen von keinem besondern Kummer anfechten,
Allein mit der Zeit begunte der hoffärtige Neapoli-
taner
meine Höfligkeit vor eine niederträchtige Zag-
hafftigkeit zu halten, machte sich also immer dreuster
und riß eines Tages der Eleonora einen Blumen-
Strauß uns den Händen, welchen sie mir, indem ich
hurtig vorbey gieng, darreichen wolte. Jch konte
damahls weiter nichts thun, als ihm meinen dieser-
halb geschöpfften Verdruß mit den Augen zu mel-
den, indem ich dem Könige eiligst nachfolgen muste,
allein noch selbigen Abend kam es unter uns beyden
erstlich zu einem hönischen, bald aber zum schimpff-
lichsten Wort-Wechsel, so daß ich mich genöthiget
fand, meinen Mit-Buhler kommenden Morgen
auf ein paar spitzige Lantzen und wohlgeschliffenes
Schwerdt hinaus zu fordern. Dieser stellete sich
hierüber höchst veranügt an, und vermeinete mit ei-
nem solchen zarten Ritter, der ich zu seyn schiene, gar
bald fertig zu werden, ohngeacht der Prahler die
Jünglings Jahre selbst noch nicht gantz überlebt hat-
te; Allein noch vor Mitternacht ließ mir der König
durch einen Officier von der Leib-Wacht befehlen,
bey Verlust aller seiner Königl. Gnade und mei-

nes

erblickt, als ihn dero Schoͤnheit noch geſchwinder
als mich zum verliebten Narren gemacht hatte. Jch
vermerckte mehr als zu fruͤhe, daß er ſich aufs eiffrig-
ſte angelegen ſeyn ließ, mich bey ihr aus dem Sattel
zu heben, und ſich an meine Stelle hinein zu ſchwin-
gen, jedoch weil ich mich der Treue meiner Gelieb-
ten hoͤchſt verſichert ſchaͤtzte, uͤber dieſes der Hoͤflich-
keit wegen einem Fremden etwas nachzuſehen ver-
bunden war, ließ ſich mein vergnuͤgtes Hertze die-
ſer wegen von keinem beſondern Kummer anfechten,
Allein mit der Zeit begunte der hoffaͤrtige Neapoli-
taner
meine Hoͤfligkeit vor eine niedertraͤchtige Zag-
hafftigkeit zu halten, machte ſich alſo immer dreuſter
und riß eines Tages der Eleonora einen Blumen-
Strauß uns den Haͤnden, welchen ſie mir, indem ich
hurtig vorbey gieng, darreichen wolte. Jch konte
damahls weiter nichts thun, als ihm meinen dieſer-
halb geſchoͤpfften Verdruß mit den Augen zu mel-
den, indem ich dem Koͤnige eiligſt nachfolgen muſte,
allein noch ſelbigen Abend kam es unter uns beyden
erſtlich zu einem hoͤniſchen, bald aber zum ſchimpff-
lichſten Wort-Wechſel, ſo daß ich mich genoͤthiget
fand, meinen Mit-Buhler kommenden Morgen
auf ein paar ſpitzige Lantzen und wohlgeſchliffenes
Schwerdt hinaus zu fordern. Dieſer ſtellete ſich
hieruͤber hoͤchſt veranuͤgt an, und vermeinete mit ei-
nem ſolchen zarten Ritter, der ich zu ſeyn ſchiene, gar
bald fertig zu werden, ohngeacht der Prahler die
Juͤnglings Jahre ſelbſt noch nicht gantz uͤberlebt hat-
te; Allein noch vor Mitternacht ließ mir der Koͤnig
durch einen Officier von der Leib-Wacht befehlen,
bey Verluſt aller ſeiner Koͤnigl. Gnade und mei-

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[510/0524] erblickt, als ihn dero Schoͤnheit noch geſchwinder als mich zum verliebten Narren gemacht hatte. Jch vermerckte mehr als zu fruͤhe, daß er ſich aufs eiffrig- ſte angelegen ſeyn ließ, mich bey ihr aus dem Sattel zu heben, und ſich an meine Stelle hinein zu ſchwin- gen, jedoch weil ich mich der Treue meiner Gelieb- ten hoͤchſt verſichert ſchaͤtzte, uͤber dieſes der Hoͤflich- keit wegen einem Fremden etwas nachzuſehen ver- bunden war, ließ ſich mein vergnuͤgtes Hertze die- ſer wegen von keinem beſondern Kummer anfechten, Allein mit der Zeit begunte der hoffaͤrtige Neapoli- taner meine Hoͤfligkeit vor eine niedertraͤchtige Zag- hafftigkeit zu halten, machte ſich alſo immer dreuſter und riß eines Tages der Eleonora einen Blumen- Strauß uns den Haͤnden, welchen ſie mir, indem ich hurtig vorbey gieng, darreichen wolte. Jch konte damahls weiter nichts thun, als ihm meinen dieſer- halb geſchoͤpfften Verdruß mit den Augen zu mel- den, indem ich dem Koͤnige eiligſt nachfolgen muſte, allein noch ſelbigen Abend kam es unter uns beyden erſtlich zu einem hoͤniſchen, bald aber zum ſchimpff- lichſten Wort-Wechſel, ſo daß ich mich genoͤthiget fand, meinen Mit-Buhler kommenden Morgen auf ein paar ſpitzige Lantzen und wohlgeſchliffenes Schwerdt hinaus zu fordern. Dieſer ſtellete ſich hieruͤber hoͤchſt veranuͤgt an, und vermeinete mit ei- nem ſolchen zarten Ritter, der ich zu ſeyn ſchiene, gar bald fertig zu werden, ohngeacht der Prahler die Juͤnglings Jahre ſelbſt noch nicht gantz uͤberlebt hat- te; Allein noch vor Mitternacht ließ mir der Koͤnig durch einen Officier von der Leib-Wacht befehlen, bey Verluſt aller ſeiner Koͤnigl. Gnade und mei- nes

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 510. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/524>, abgerufen am 19.05.2024.