alle diese sonst gar wohl klingenden Reden helffen, der Kauffmann Julius war fort, und ich konte wei- ter nichts von seinem gantzen Wesen zu meinem Vortheil erfahren, als daß er einen eintzigen Sohn habe, der auf der Universität in Leipzig studire. Demnach ergriff ich Feder und Dinte, setzte einen Brief an diesen mir so fromm beschriebenen Stu- diosum auf, um zu versuchen, ob ich der selbst ei- genen Reise nach Leipzig überhoben seyn, und euch, mein Eberhard, durch Schrifften zu mir locken könte. Der Himmel ist selbsten mit im Spiele ge- wesen, darum hat mirs gelungen; ich setzte euch und allen andern, die ich zu Reise-Gefährten mit- nehmen wolte, einen sehr kurtzen Termin, glaubte auch nichts weniger, als so zeitlich von Amsterdam abzusegeln, und dennoch muste sich alles nach Her- tzens Wunsche schicken. Meiner allergrösten Sor- ge aber nicht zu vergessen, muß ich melden, daß mich eines Mittags nach der Mahlzeit auf den Weg machte, um dem Seniori des dasigen Geistl. Ministerii eine Visite zu geben, und denselben zu bitten, mir einen seinen Exemplarischen Menschen zum Schiffs-Prediger zuzuweissen; weil ich aber den Herrn Senior nicht zu Hause fand, und erst- lich folgenden Morgen wieder zu ihm bestellet wur- de, nahm ich einen Spatzier-Gang ausserhalb der Stadt in einem lustigen Gange vor/ allwo ich ohngefähr einen schwartz-gekleideten Menschen in tieffen Gedancken vor mir hergehend ersahe. Dero- wegen verdoppelten sich meine Schritte, so, daß er von mir bald eingeholet wurde. Es ist gegenwär- tiger Herr Mag. Schmeltzer, und ohngeacht ich
ihn
alle dieſe ſonſt gar wohl klingenden Reden helffen, der Kauffmann Julius war fort, und ich konte wei- ter nichts von ſeinem gantzen Weſen zu meinem Vortheil erfahren, als daß er einen eintzigen Sohn habe, der auf der Univerſitaͤt in Leipzig ſtudire. Demnach ergriff ich Feder und Dinte, ſetzte einen Brief an dieſen mir ſo fromm beſchriebenen Stu- dioſum auf, um zu verſuchen, ob ich der ſelbſt ei- genen Reiſe nach Leipzig uͤberhoben ſeyn, und euch, mein Eberhard, durch Schrifften zu mir locken koͤnte. Der Himmel iſt ſelbſten mit im Spiele ge- weſen, darum hat mirs gelungen; ich ſetzte euch und allen andern, die ich zu Reiſe-Gefaͤhrten mit- nehmen wolte, einen ſehr kurtzen Termin, glaubte auch nichts weniger, als ſo zeitlich von Amſterdam abzuſegeln, und dennoch muſte ſich alles nach Her- tzens Wunſche ſchicken. Meiner allergroͤſten Sor- ge aber nicht zu vergeſſen, muß ich melden, daß mich eines Mittags nach der Mahlzeit auf den Weg machte, um dem Seniori des daſigen Geiſtl. Miniſterii eine Viſite zu geben, und denſelben zu bitten, mir einen ſeinen Exemplariſchen Menſchen zum Schiffs-Prediger zuzuweiſſen; weil ich aber den Herrn Senior nicht zu Hauſe fand, und erſt- lich folgenden Morgen wieder zu ihm beſtellet wur- de, nahm ich einen Spatzier-Gang auſſerhalb der Stadt in einem luſtigen Gange vor/ allwo ich ohngefaͤhr einen ſchwartz-gekleideten Menſchen in tieffen Gedancken vor mir hergehend erſahe. Dero- wegen verdoppelten ſich meine Schritte, ſo, daß er von mir bald eingeholet wurde. Es iſt gegenwaͤr- tiger Herr Mag. Schmeltzer, und ohngeacht ich
ihn
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alle dieſe ſonſt gar wohl klingenden Reden helffen,
der Kauffmann Julius war fort, und ich konte wei-
ter nichts von ſeinem gantzen Weſen zu meinem
Vortheil erfahren, als daß er einen eintzigen Sohn
habe, der auf der Univerſitaͤt in Leipzig ſtudire.
Demnach ergriff ich Feder und Dinte, ſetzte einen
Brief an dieſen mir ſo fromm beſchriebenen Stu-
dioſum auf, um zu verſuchen, ob ich der ſelbſt ei-
genen Reiſe nach Leipzig uͤberhoben ſeyn, und euch,
mein Eberhard, durch Schrifften zu mir locken
koͤnte. Der Himmel iſt ſelbſten mit im Spiele ge-
weſen, darum hat mirs gelungen; ich ſetzte euch
und allen andern, die ich zu Reiſe-Gefaͤhrten mit-
nehmen wolte, einen ſehr kurtzen Termin, glaubte
auch nichts weniger, als ſo zeitlich von Amſterdam
abzuſegeln, und dennoch muſte ſich alles nach Her-
tzens Wunſche ſchicken. Meiner allergroͤſten Sor-
ge aber nicht zu vergeſſen, muß ich melden, daß
mich eines Mittags nach der Mahlzeit auf den
Weg machte, um dem Seniori des daſigen Geiſtl.
Miniſterii eine Viſite zu geben, und denſelben zu
bitten, mir einen ſeinen Exemplariſchen Menſchen
zum Schiffs-Prediger zuzuweiſſen; weil ich aber
den Herrn Senior nicht zu Hauſe fand, und erſt-
lich folgenden Morgen wieder zu ihm beſtellet wur-
de, nahm ich einen Spatzier-Gang auſſerhalb der
Stadt in einem luſtigen Gange vor/ allwo ich
ohngefaͤhr einen ſchwartz-gekleideten Menſchen in
tieffen Gedancken vor mir hergehend erſahe. Dero-
wegen verdoppelten ſich meine Schritte, ſo, daß er
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/468>, abgerufen am 23.11.2024.
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