net hätte, denn ausser dem, daß ich die schwere Blut- Schuld auf der Seele hatte, so kam noch die be- trübte Nachricht darzu, daß mein Vater, so bald er diesen Streich erfahren, vom Schlage gerühret worden, und wenig Stunden darauf gestorben sey. Meinen Theil der Erbschafft hatten die Ge- richten confiscirt, doch schickten mir meine Geschwi- ster aus Commiseration jedes 10. Thlr. von dem ihrigen, und baten mich um Gottes willen, so weit in die Welt hinein zu gehen als ich könte, da- mit sie nicht etwa eine noch betrübtere Zeitung von Abschlagung meines Kopffs bekommen möch- ten.
Jch hatte nach Verlauf fast eines halben Jahres/ ohnedem keine Lust mehr in Grypswalde zu blei- ben, weiln mir nicht so wohl hinlängliche Subsidia als eine wahre Gemüths-Ruhe fehleten, entschloß mich demnach selbige auf der unruhigen See zu su- chen, und deßfalls zu Schiffe zu gehen. Dieses mein Vorhaben entdeckte ich einem Studioso Theolo- giae, der mein sehr guter Freund, und Sohn eines starcken Handels-Mannes in Lübeck war, selbiger recommendirte mich an seinen Vater der eben zu- gegen, und seinen Sohn besuchte, der Kauffmann stellete mich auf die Probe, da er nun merckte, daß ich im schreiben und rechnen sauber und expedit, auch sonsten einen ziemlich verschlagenen Kopff hat- te, versprach er mir jährlich 100. Thlr. Silber- Müntze, beständige Defrayirung so wohl zu Hause als auf Reisen, und bey gutem Verhalten, dann und wann ein extraordinaires ansehnliches Acci- dens.
Diese
C
net haͤtte, denn auſſer dem, daß ich die ſchwere Blut- Schuld auf der Seele hatte, ſo kam noch die be- truͤbte Nachricht darzu, daß mein Vater, ſo bald er dieſen Streich erfahren, vom Schlage geruͤhret worden, und wenig Stunden darauf geſtorben ſey. Meinen Theil der Erbſchafft hatten die Ge- richten confiſcirt, doch ſchickten mir meine Geſchwi- ſter aus Commiſeration jedes 10. Thlr. von dem ihrigen, und baten mich um Gottes willen, ſo weit in die Welt hinein zu gehen als ich koͤnte, da- mit ſie nicht etwa eine noch betruͤbtere Zeitung von Abſchlagung meines Kopffs bekommen moͤch- ten.
Jch hatte nach Verlauf faſt eines halben Jahres/ ohnedem keine Luſt mehr in Grypswalde zu blei- ben, weiln mir nicht ſo wohl hinlaͤngliche Subſidia als eine wahre Gemuͤths-Ruhe fehleten, entſchloß mich demnach ſelbige auf der unruhigen See zu ſu- chen, und deßfalls zu Schiffe zu gehen. Dieſes mein Vorhaben entdeckte ich einem Studioſo Theolo- giæ, der mein ſehr guter Freund, und Sohn eines ſtarcken Handels-Mannes in Luͤbeck war, ſelbiger recommendirte mich an ſeinen Vater der eben zu- gegen, und ſeinen Sohn beſuchte, der Kauffmann ſtellete mich auf die Probe, da er nun merckte, daß ich im ſchreiben und rechnen ſauber und expedit, auch ſonſten einen ziemlich verſchlagenen Kopff hat- te, verſprach er mir jaͤhrlich 100. Thlr. Silber- Muͤntze, beſtaͤndige Defrayirung ſo wohl zu Hauſe als auf Reiſen, und bey gutem Verhalten, dann und wann ein extraordinaires anſehnliches Acci- dens.
Dieſe
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net haͤtte, denn auſſer dem, daß ich die ſchwere Blut-
Schuld auf der Seele hatte, ſo kam noch die be-
truͤbte Nachricht darzu, daß mein Vater, ſo bald
er dieſen Streich erfahren, vom Schlage geruͤhret
worden, und wenig Stunden darauf geſtorben
ſey. Meinen Theil der Erbſchafft hatten die Ge-
richten confiſcirt, doch ſchickten mir meine Geſchwi-
ſter aus Commiſeration jedes 10. Thlr. von dem
ihrigen, und baten mich um Gottes willen, ſo
weit in die Welt hinein zu gehen als ich koͤnte, da-
mit ſie nicht etwa eine noch betruͤbtere Zeitung
von Abſchlagung meines Kopffs bekommen moͤch-
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Jch hatte nach Verlauf faſt eines halben Jahres/
ohnedem keine Luſt mehr in Grypswalde zu blei-
ben, weiln mir nicht ſo wohl hinlaͤngliche Subſidia
als eine wahre Gemuͤths-Ruhe fehleten, entſchloß
mich demnach ſelbige auf der unruhigen See zu ſu-
chen, und deßfalls zu Schiffe zu gehen. Dieſes mein
Vorhaben entdeckte ich einem Studioſo Theolo-
giæ, der mein ſehr guter Freund, und Sohn eines
ſtarcken Handels-Mannes in Luͤbeck war, ſelbiger
recommendirte mich an ſeinen Vater der eben zu-
gegen, und ſeinen Sohn beſuchte, der Kauffmann
ſtellete mich auf die Probe, da er nun merckte, daß
ich im ſchreiben und rechnen ſauber und expedit,
auch ſonſten einen ziemlich verſchlagenen Kopff hat-
te, verſprach er mir jaͤhrlich 100. Thlr. Silber-
Muͤntze, beſtaͤndige Defrayirung ſo wohl zu Hauſe
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/45>, abgerufen am 21.11.2024.
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