Doch mein Zustand auf Universitäten wolte sich zu verbessern mine machen, denn da ich nach anderthalbjährigen Abseyn, die Pfingst-Ferien bey meinen Eltern celebrirte, fand ich Gelegenheit, bey meinem zu hoffen habenden Hrn. Schwieger-Va- ter, mich dermassen zu insinuiren, daß er als ein Mann, der in der Stadt etwas zu sprechen hatte, ein jährliches stipendium von 60. Thlr. vor mich heraus brachte, welche ich nebst meinen Väterli- chen 30. Thlr. auf einem Brete bezahlt, in Empfang nahm, und mit viel freudigern Hertzen wieder nach Franckfurth eilete, als vor wenig Wochen davon abgereiset war.
Nunmehro meynete ich keine Noth zu leiden, führete mich demnach auch einmahl als ein recht- schaffener Pursch auf, und gab einen Schmauß vor 12. biß 16. meiner besten Frennde, wurde hierauf von ein und andern wieder zum Schmause invitirt, und sernete recht pursicos leben, das ist, fressen, sauffen, speyen, schreyen, wetzen, und dergleichen.
Aber! Aber! meine Schmauserey bekam mir wie dem Hunde das Graß, denn als ich einmahls des Nachts ziemlich besoffen nach Hause gieng, und zugleich mein Müthlein, mit dem Degen in der Faust, an den unschuldigen Steinen kühlete, kam mlr ohnversehens ein eingebildeter Eisenfresser mit den tröstlichen Worten auf den Hals: Bärenheu- ter steh! Jch weiß nicht was ich nüchterner Weise gethan hätte, wenn ich Gelegenheit gesehen, mit guter manier zu entwischen, so aber hatte ich mit dem vielen getrunckenen Weine doppelte Courage ein- geschlungen, setzte mich also, weil mir der Paß zur
Flucht
Doch mein Zuſtand auf Univerſitaͤten wolte ſich zu verbeſſern mine machen, denn da ich nach anderthalbjaͤhrigen Abſeyn, die Pfingſt-Ferien bey meinen Eltern celebrirte, fand ich Gelegenheit, bey meinem zu hoffen habenden Hrn. Schwieger-Va- ter, mich dermaſſen zu inſinuiren, daß er als ein Mann, der in der Stadt etwas zu ſprechen hatte, ein jaͤhrliches ſtipendium von 60. Thlr. vor mich heraus brachte, welche ich nebſt meinen Vaͤterli- chen 30. Thlr. auf einem Brete bezahlt, in Empfang nahm, und mit viel freudigern Hertzen wieder nach Franckfurth eilete, als vor wenig Wochen davon abgereiſet war.
Nunmehro meynete ich keine Noth zu leiden, fuͤhrete mich demnach auch einmahl als ein recht- ſchaffener Purſch auf, und gab einen Schmauß vor 12. biß 16. meiner beſten Frennde, wurde hierauf von ein und andern wieder zum Schmauſe invitirt, und ſernete recht purſicos leben, das iſt, freſſen, ſauffen, ſpeyen, ſchreyen, wetzen, und dergleichen.
Aber! Aber! meine Schmauſerey bekam mir wie dem Hunde das Graß, denn als ich einmahls des Nachts ziemlich beſoffen nach Hauſe gieng, und zugleich mein Muͤthlein, mit dem Degen in der Fauſt, an den unſchuldigen Steinen kuͤhlete, kam mlr ohnverſehens ein eingebildeter Eiſenfreſſer mit den troͤſtlichen Worten auf den Hals: Baͤrenheu- ter ſteh! Jch weiß nicht was ich nuͤchterner Weiſe gethan haͤtte, wenn ich Gelegenheit geſehen, mit guter manier zu entwiſchen, ſo aber hatte ich mit dem vielen getrunckenen Weine doppelte Courage ein- geſchlungen, ſetzte mich alſo, weil mir der Paß zur
Flucht
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Doch mein Zuſtand auf Univerſitaͤten wolte
ſich zu verbeſſern mine machen, denn da ich nach
anderthalbjaͤhrigen Abſeyn, die Pfingſt-Ferien bey
meinen Eltern celebrirte, fand ich Gelegenheit, bey
meinem zu hoffen habenden Hrn. Schwieger-Va-
ter, mich dermaſſen zu inſinuiren, daß er als ein
Mann, der in der Stadt etwas zu ſprechen hatte,
ein jaͤhrliches ſtipendium von 60. Thlr. vor mich
heraus brachte, welche ich nebſt meinen Vaͤterli-
chen 30. Thlr. auf einem Brete bezahlt, in Empfang
nahm, und mit viel freudigern Hertzen wieder nach
Franckfurth eilete, als vor wenig Wochen davon
abgereiſet war.
Nunmehro meynete ich keine Noth zu leiden,
fuͤhrete mich demnach auch einmahl als ein recht-
ſchaffener Purſch auf, und gab einen Schmauß vor
12. biß 16. meiner beſten Frennde, wurde hierauf
von ein und andern wieder zum Schmauſe invitirt,
und ſernete recht purſicos leben, das iſt, freſſen,
ſauffen, ſpeyen, ſchreyen, wetzen, und dergleichen.
Aber! Aber! meine Schmauſerey bekam mir
wie dem Hunde das Graß, denn als ich einmahls
des Nachts ziemlich beſoffen nach Hauſe gieng, und
zugleich mein Muͤthlein, mit dem Degen in der
Fauſt, an den unſchuldigen Steinen kuͤhlete, kam
mlr ohnverſehens ein eingebildeter Eiſenfreſſer mit
den troͤſtlichen Worten auf den Hals: Baͤrenheu-
ter ſteh! Jch weiß nicht was ich nuͤchterner Weiſe
gethan haͤtte, wenn ich Gelegenheit geſehen, mit
guter manier zu entwiſchen, ſo aber hatte ich mit dem
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geſchlungen, ſetzte mich alſo, weil mir der Paß zur
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/43>, abgerufen am 24.11.2024.
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