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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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dels-Diener vorher geweissaget hatte, denn wenig
Monathe hernach machte sich mein Vetter oder
Pflege-Vater aus dem Staube und überließ seinen
Gläubigern ein ziemlich ausgeleertes Nest, dessen
Frau aber behielt dennoch ihr Hauß nebst andern
zu ihm gebrachten Sachen, so, daß dieselbe mit ih-
ren Kindern annoch ihr gutes Auskommen haben
konte. Jch vor meine Person muste zwar bey ihr
bleiben, durffte mich aber niemahls unterstehen zu
fragen, wie es um mein Vermögen stünde, biß end-
lich ihr ältester Sohn aus Ost-Jndien zurück kam,
und sich über das verkehrte Hauß-Wesen seiner
Eltern nicht wenig verwunderte. Er mochte von
vertrauten Freunden gar bald erfahren haben, daß
nicht so wohl seines Vaters Nachläßigkeit als die
üble Wirthschafft seiner Mutter und Schwestern
an diesem Unglück schuld habe, derowegen fieng er
als ein tugendhafftiger und verständiger Mensch
gar bald an, ihnen ihr übles Leben anfänglich ziem-
lich sanfftmüthig, hernach aber desto ernstlicher zu
Gemüth zu führen, allein die 4. Furien bissen sich
weitlich mit ihm herum, musten aber doch zuletzt
ziemlich nachgeben, weil sie nicht unrecht vermu-
then konten, daß er durch seinen erworbenen Credit
und grosses Gut, ihr verfallenes Glück wiederum
herzustellen vermögend sey. So bald ich dieses merck-
te, nahm ich auch keinen fernern Aufschub, diesem
redlichen Manne meine Noth zu klagen, und da
es sich eben schickte, daß ich ihm eines Tages auf
Befehl seiner Mutter ein Körbgen mit sauberer
Wäsche überbringen muste, gab solches die beste
Gelegenheit ihm meines Hertzens Gedancken zu

offen-

dels-Diener vorher geweiſſaget hatte, denn wenig
Monathe hernach machte ſich mein Vetter oder
Pflege-Vater aus dem Staube und uͤberließ ſeinen
Glaͤubigern ein ziemlich ausgeleertes Neſt, deſſen
Frau aber behielt dennoch ihr Hauß nebſt andern
zu ihm gebrachten Sachen, ſo, daß dieſelbe mit ih-
ren Kindern annoch ihr gutes Auskommen haben
konte. Jch vor meine Perſon muſte zwar bey ihr
bleiben, durffte mich aber niemahls unterſtehen zu
fragen, wie es um mein Vermoͤgen ſtuͤnde, biß end-
lich ihr aͤlteſter Sohn aus Oſt-Jndien zuruͤck kam,
und ſich uͤber das verkehrte Hauß-Weſen ſeiner
Eltern nicht wenig verwunderte. Er mochte von
vertrauten Freunden gar bald erfahren haben, daß
nicht ſo wohl ſeines Vaters Nachlaͤßigkeit als die
uͤble Wirthſchafft ſeiner Mutter und Schweſtern
an dieſem Ungluͤck ſchuld habe, derowegen fieng er
als ein tugendhafftiger und verſtaͤndiger Menſch
gar bald an, ihnen ihr uͤbles Leben anfaͤnglich ziem-
lich ſanfftmuͤthig, hernach aber deſto ernſtlicher zu
Gemuͤth zu fuͤhren, allein die 4. Furien biſſen ſich
weitlich mit ihm herum, muſten aber doch zuletzt
ziemlich nachgeben, weil ſie nicht unrecht vermu-
then konten, daß er durch ſeinen erworbenen Credit
und groſſes Gut, ihr verfallenes Gluͤck wiederum
herzuſtellen vermoͤgend ſey. So bald ich dieſes merck-
te, nahm ich auch keinen fernern Aufſchub, dieſem
redlichen Manne meine Noth zu klagen, und da
es ſich eben ſchickte, daß ich ihm eines Tages auf
Befehl ſeiner Mutter ein Koͤrbgen mit ſauberer
Waͤſche uͤberbringen muſte, gab ſolches die beſte
Gelegenheit ihm meines Hertzens Gedancken zu

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[395/0409] dels-Diener vorher geweiſſaget hatte, denn wenig Monathe hernach machte ſich mein Vetter oder Pflege-Vater aus dem Staube und uͤberließ ſeinen Glaͤubigern ein ziemlich ausgeleertes Neſt, deſſen Frau aber behielt dennoch ihr Hauß nebſt andern zu ihm gebrachten Sachen, ſo, daß dieſelbe mit ih- ren Kindern annoch ihr gutes Auskommen haben konte. Jch vor meine Perſon muſte zwar bey ihr bleiben, durffte mich aber niemahls unterſtehen zu fragen, wie es um mein Vermoͤgen ſtuͤnde, biß end- lich ihr aͤlteſter Sohn aus Oſt-Jndien zuruͤck kam, und ſich uͤber das verkehrte Hauß-Weſen ſeiner Eltern nicht wenig verwunderte. Er mochte von vertrauten Freunden gar bald erfahren haben, daß nicht ſo wohl ſeines Vaters Nachlaͤßigkeit als die uͤble Wirthſchafft ſeiner Mutter und Schweſtern an dieſem Ungluͤck ſchuld habe, derowegen fieng er als ein tugendhafftiger und verſtaͤndiger Menſch gar bald an, ihnen ihr uͤbles Leben anfaͤnglich ziem- lich ſanfftmuͤthig, hernach aber deſto ernſtlicher zu Gemuͤth zu fuͤhren, allein die 4. Furien biſſen ſich weitlich mit ihm herum, muſten aber doch zuletzt ziemlich nachgeben, weil ſie nicht unrecht vermu- then konten, daß er durch ſeinen erworbenen Credit und groſſes Gut, ihr verfallenes Gluͤck wiederum herzuſtellen vermoͤgend ſey. So bald ich dieſes merck- te, nahm ich auch keinen fernern Aufſchub, dieſem redlichen Manne meine Noth zu klagen, und da es ſich eben ſchickte, daß ich ihm eines Tages auf Befehl ſeiner Mutter ein Koͤrbgen mit ſauberer Waͤſche uͤberbringen muſte, gab ſolches die beſte Gelegenheit ihm meines Hertzens Gedancken zu offen-

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/409>, abgerufen am 24.11.2024.