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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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de. Da er auch über dieses versprach, mit seinem
zukünfftigen Schwieger-Sohne alles zu unsern weit
grössern Vorthell und Nutzen einzurichten, beschlos-
sen wir, uns diesem redlichen Manne völlig anzuver-
trauen, die 600. spec. Ducaten aber, biß auf fernern
Bescheid, zu verschweigen, als welche ich nebst der im
Streit eroberten Geld-Katze, in welcher sich vor fast
drittehalb hundert teutscher Thaler Silber-Müntze
befand, in meine Reit-Taschen verbarg, und Schim-
mern versprach, so wol eins als das andere, redlich
mit ihm zu theilen.

Mittlerwelle schrieb der Priester die gantze Be-
gebenheit an seinen zukünfftigen Eidam, und schickte
noch sejbige Nacht einen reitenden Bothen zu selbi-
gen in die Stadt, von wannen denn der hurtige und
redliche Beamte folgenden Morgen bey guter Zeit
ankam, und die Kirchen-Güter/ welche nur erstlich
vor drey Tagen aus dasiger Stadt-Kirchen gestoh-
len worden, mit grösten Freuden in Empfang
nahm. Schimmer und ich liessen uns sogleich be-
reden mit ihm, nebst ohngefähr 20. wohl bewehrten
Bauern zu Pferde, die vortreffliche Herberge im
Walde noch einmahl zu besuchen, welche wir denn
gegen Mitternacht nach vielen suchen endlich san-
den. Jedoch nicht allein der verzweiffelte Wirth
mit seiner gantzen Familie, sondern auch die andern
Galgen-Vögel waren alle ausgeflogen, biß aus 2.
Weibs- und eine Manns-Person, die gefährlich
verwundet in der Stube lagen, und von einer Stein
alten Frau verpflegt wurden. Diese wolte anfäng-
lich von nichts wissen, stellete sich auch gäntzlich taub
und halb blind an, doch endlich nach scharffen Dro-

hungen

de. Da er auch uͤber dieſes verſprach, mit ſeinem
zukuͤnfftigen Schwieger-Sohne alles zu unſern weit
groͤſſern Vorthell und Nutzen einzurichten, beſchloſ-
ſen wir, uns dieſem redlichen Manne voͤllig anzuver-
trauen, die 600. ſpec. Ducaten aber, biß auf fernern
Beſcheid, zu verſchweigen, als welche ich nebſt der im
Streit eroberten Geld-Katze, in welcher ſich vor faſt
drittehalb hundert teutſcher Thaler Silber-Muͤntze
befand, in meine Reit-Taſchen verbarg, und Schim-
mern verſprach, ſo wol eins als das andere, redlich
mit ihm zu theilen.

Mittlerwelle ſchrieb der Prieſter die gantze Be-
gebenheit an ſeinen zukuͤnfftigen Eidam, und ſchickte
noch ſejbige Nacht einen reitenden Bothen zu ſelbi-
gen in die Stadt, von wannen denn der hurtige und
redliche Beamte folgenden Morgen bey guter Zeit
ankam, und die Kirchen-Guͤter/ welche nur erſtlich
vor drey Tagen aus daſiger Stadt-Kirchen geſtoh-
len worden, mit groͤſten Freuden in Empfang
nahm. Schimmer und ich lieſſen uns ſogleich be-
reden mit ihm, nebſt ohngefaͤhr 20. wohl bewehrten
Bauern zu Pferde, die vortreffliche Herberge im
Walde noch einmahl zu beſuchen, welche wir denn
gegen Mitternacht nach vielen ſuchen endlich ſan-
den. Jedoch nicht allein der verzweiffelte Wirth
mit ſeiner gantzen Familie, ſondern auch die andern
Galgen-Voͤgel waren alle ausgeflogen, biß auſ 2.
Weibs- und eine Manns-Perſon, die gefaͤhrlich
verwundet in der Stube lagen, und von einer Stein
alten Frau verpflegt wurden. Dieſe wolte anfaͤng-
lich von nichts wiſſen, ſtellete ſich auch gaͤntzlich taub
und halb blind an, doch endlich nach ſcharffen Dro-

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[360/0374] de. Da er auch uͤber dieſes verſprach, mit ſeinem zukuͤnfftigen Schwieger-Sohne alles zu unſern weit groͤſſern Vorthell und Nutzen einzurichten, beſchloſ- ſen wir, uns dieſem redlichen Manne voͤllig anzuver- trauen, die 600. ſpec. Ducaten aber, biß auf fernern Beſcheid, zu verſchweigen, als welche ich nebſt der im Streit eroberten Geld-Katze, in welcher ſich vor faſt drittehalb hundert teutſcher Thaler Silber-Muͤntze befand, in meine Reit-Taſchen verbarg, und Schim- mern verſprach, ſo wol eins als das andere, redlich mit ihm zu theilen. Mittlerwelle ſchrieb der Prieſter die gantze Be- gebenheit an ſeinen zukuͤnfftigen Eidam, und ſchickte noch ſejbige Nacht einen reitenden Bothen zu ſelbi- gen in die Stadt, von wannen denn der hurtige und redliche Beamte folgenden Morgen bey guter Zeit ankam, und die Kirchen-Guͤter/ welche nur erſtlich vor drey Tagen aus daſiger Stadt-Kirchen geſtoh- len worden, mit groͤſten Freuden in Empfang nahm. Schimmer und ich lieſſen uns ſogleich be- reden mit ihm, nebſt ohngefaͤhr 20. wohl bewehrten Bauern zu Pferde, die vortreffliche Herberge im Walde noch einmahl zu beſuchen, welche wir denn gegen Mitternacht nach vielen ſuchen endlich ſan- den. Jedoch nicht allein der verzweiffelte Wirth mit ſeiner gantzen Familie, ſondern auch die andern Galgen-Voͤgel waren alle ausgeflogen, biß auſ 2. Weibs- und eine Manns-Perſon, die gefaͤhrlich verwundet in der Stube lagen, und von einer Stein alten Frau verpflegt wurden. Dieſe wolte anfaͤng- lich von nichts wiſſen, ſtellete ſich auch gaͤntzlich taub und halb blind an, doch endlich nach ſcharffen Dro- hungen

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/374>, abgerufen am 23.11.2024.