meinen Eltern alle ihr verarrestirten Sachen wie- der gegeben, und sie in einer, ihren Stande nach leidlichen Verwahrung gehalten wurden, weil der Ober-Richter zu vernehmen gab, daß er sie, seiner Pflicht gemäß, nicht eher völlig loß geben könne, biß er die gantze Sache nach Londen berichtet, und von da her Befehl empfangen hätte, was er mit ihnen machen solte. Hiermit musten wir vor dieses mahl alle zufrieden seyn, ich wurde von ihnen viele hundert mahl geküsset, und muste mit meinem gü- tigen Pflege-Vater wieder auf sein Schloß reisen, der mich von nun [an] so wohl als seine leibliche Kin- der zu verpflegen Anstalt machte, auch meine El- tern mit hundert Pfund Sterlings, ingleichen mit allerhand Standes-mäßigen Kleidern und andern Sachen beschenckte.
Allein, das Unglück war noch so lange nicht er- müdet, meine armen Eltern zu verfolgen, denn nach etlichen Wochen lieff bey dem Ober-Richter ein Königlicher Befehl ein, welcher also lautete: Daß ohngeacht wider meine Eltern nichts erhebliches vorhanden wäre, welches sie des Verbrechens ihrer Verwandten, mitschuldig erklären könne, so solten sie dem ohngeacht, verschiedener Muthmassungen wegen, in das Staats-Gefängniß nach Londen ge- liefert werden-
Die semnach wurden dieselben unvermuthet da- hin geschafft, und musten im Tour, obgleich als höchst-unschuldig befunden[e], dennoch ihren Fein- den zu Liebe, die ihre Güter unter sich getheilet, so lange schwitzen, biß sie etliche Monate nach des Kö- nigs Enthauptung/ ihre Freyheit nebst der Hoff-
nung
meinen Eltern alle ihr verarreſtirten Sachen wie- der gegeben, und ſie in einer, ihren Stande nach leidlichen Verwahrung gehalten wurden, weil der Ober-Richter zu vernehmen gab, daß er ſie, ſeiner Pflicht gemaͤß, nicht eher voͤllig loß geben koͤnne, biß er die gantze Sache nach Londen berichtet, und von da her Befehl empfangen haͤtte, was er mit ihnen machen ſolte. Hiermit muſten wir vor dieſes mahl alle zufrieden ſeyn, ich wurde von ihnen viele hundert mahl gekuͤſſet, und muſte mit meinem guͤ- tigen Pflege-Vater wieder auf ſein Schloß reiſen, der mich von nun [an] ſo wohl als ſeine leibliche Kin- der zu verpflegen Anſtalt machte, auch meine El- tern mit hundert Pfund Sterlings, ingleichen mit allerhand Standes-maͤßigen Kleidern und andern Sachen beſchenckte.
Allein, das Ungluͤck war noch ſo lange nicht er- muͤdet, meine armen Eltern zu verfolgen, denn nach etlichen Wochen lieff bey dem Ober-Richter ein Koͤniglicher Befehl ein, welcher alſo lautete: Daß ohngeacht wider meine Eltern nichts erhebliches vorhanden waͤre, welches ſie des Verbrechens ihrer Verwandten, mitſchuldig erklaͤren koͤnne, ſo ſolten ſie dem ohngeacht, verſchiedener Muthmaſſungen wegen, in das Staats-Gefaͤngniß nach Londen ge- liefert werden-
Die ſemnach wurden dieſelben unvermuthet da- hin geſchafft, und muſten im Tour, obgleich als hoͤchſt-unſchuldig befunden[e], dennoch ihren Fein- den zu Liebe, die ihre Guͤter unter ſich getheilet, ſo lange ſchwitzen, biß ſie etliche Monate nach des Koͤ- nigs Enthauptung/ ihre Freyheit nebſt der Hoff-
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meinen Eltern alle ihr verarreſtirten Sachen wie-
der gegeben, und ſie in einer, ihren Stande nach
leidlichen Verwahrung gehalten wurden, weil der
Ober-Richter zu vernehmen gab, daß er ſie, ſeiner
Pflicht gemaͤß, nicht eher voͤllig loß geben koͤnne, biß
er die gantze Sache nach Londen berichtet, und von
da her Befehl empfangen haͤtte, was er mit ihnen
machen ſolte. Hiermit muſten wir vor dieſes mahl
alle zufrieden ſeyn, ich wurde von ihnen viele
hundert mahl gekuͤſſet, und muſte mit meinem guͤ-
tigen Pflege-Vater wieder auf ſein Schloß reiſen,
der mich von nun an ſo wohl als ſeine leibliche Kin-
der zu verpflegen Anſtalt machte, auch meine El-
tern mit hundert Pfund Sterlings, ingleichen mit
allerhand Standes-maͤßigen Kleidern und andern
Sachen beſchenckte.
Allein, das Ungluͤck war noch ſo lange nicht er-
muͤdet, meine armen Eltern zu verfolgen, denn nach
etlichen Wochen lieff bey dem Ober-Richter ein
Koͤniglicher Befehl ein, welcher alſo lautete: Daß
ohngeacht wider meine Eltern nichts erhebliches
vorhanden waͤre, welches ſie des Verbrechens ihrer
Verwandten, mitſchuldig erklaͤren koͤnne, ſo ſolten
ſie dem ohngeacht, verſchiedener Muthmaſſungen
wegen, in das Staats-Gefaͤngniß nach Londen ge-
liefert werden-
Die ſemnach wurden dieſelben unvermuthet da-
hin geſchafft, und muſten im Tour, obgleich als
hoͤchſt-unſchuldig befundene, dennoch ihren Fein-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/360>, abgerufen am 22.11.2024.
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