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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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Schönheit und Zärtlichkeit zum Mitleiden bewegen
lässet, müssen sie, nachdem er doch aus besondern
Gnaden ihnen ein halbes Brodt und 2. Käse gege-
ben,|ihren Stab weiter setzen, werden aber von einer
Viehmagd, die ihnen die barmhertzige Müllerin nach
geschickt, in eine kleine Bauer-Wohnung des nächst
gelegenen Dorffs gesühret, anbey wird ihnen eine
halbe Guinee an Gelde überreicht, und der Bauers-
Frau befohlen, diese Gäste auf der Müllerin Unko-
sten bestens zu bewirthen.

Also haben meine arme Eltern allhier Zeit genung
gehabt, ihr Unglück zu bejammern, anbey aber den-
noch die besondere Vorsorge GOttes und die Gütig-
keit der Müllerin zu preisen, welche fromme Frau
meine Mutter wenigstens wöchentlich ein paar mahl
besucht, und unter der Hand wider ihres Mannes
Wissen reichlich versorget, weiln sie als eine betagte
Frau/ die weder Kinder noch andere Erben, als ih-
ren unvernünfftigen Mann, dem sie alles zugebracht
hatte, sich ein Vergnügen machte, armen Leuten von
ihrem Uberflusse gutes zu thun.

Jn der dritten Woche ihres dasigen Aufenthalts
kömmt meine Mutter mit mir ins Wochen-Bette,
die Müllerin nebst andern Bauers-Leuten werden
zu meinen Tauff-Zeugen erwehlet, welche erstere die
gantze Ausrichtung aus ihren Beutel bezahlet, und
meiner Mutter aufs äuserste verbietet, ihr grosses
Armuth niemanden kund zu geben, sondern jeder-
man zu bereden, ihr Mann, als mein Vater, sey ein
von einem unruhigen Bischoffe vertriebener Schul-
meister.

Die-
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Schoͤnheit und Zaͤrtlichkeit zum Mitleiden bewegen
laͤſſet, muͤſſen ſie, nachdem er doch aus beſondern
Gnaden ihnen ein halbes Brodt und 2. Kaͤſe gege-
ben,|ihren Stab weiter ſetzen, werden aber von einer
Viehmagd, die ihnen die barmhertzige Muͤllerin nach
geſchickt, in eine kleine Bauer-Wohnung des naͤchſt
gelegenen Dorffs geſuͤhret, anbey wird ihnen eine
halbe Guinee an Gelde uͤberreicht, und der Bauers-
Frau befohlen, dieſe Gaͤſte auf der Muͤllerin Unko-
ſten beſtens zu bewirthen.

Alſo haben meine arme Eltern allhier Zeit genung
gehabt, ihr Ungluͤck zu bejammern, anbey aber den-
noch die beſondere Vorſorge GOttes und die Guͤtig-
keit der Muͤllerin zu preiſen, welche fromme Frau
meine Mutter wenigſtens woͤchentlich ein paar mahl
beſucht, und unter der Hand wider ihres Mannes
Wiſſen reichlich verſorget, weiln ſie als eine betagte
Frau/ die weder Kinder noch andere Erben, als ih-
ren unvernuͤnfftigen Mann, dem ſie alles zugebracht
hatte, ſich ein Vergnuͤgen machte, armen Leuten von
ihrem Uberfluſſe gutes zu thun.

Jn der dritten Woche ihres daſigen Aufenthalts
koͤmmt meine Mutter mit mir ins Wochen-Bette,
die Muͤllerin nebſt andern Bauers-Leuten werden
zu meinen Tauff-Zeugen erwehlet, welche erſtere die
gantze Ausrichtung aus ihren Beutel bezahlet, und
meiner Mutter aufs aͤuſerſte verbietet, ihr groſſes
Armuth niemanden kund zu geben, ſondern jeder-
man zu bereden, ihr Mann, als mein Vater, ſey ein
von einem unruhigen Biſchoffe vertriebener Schul-
meiſter.

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[339/0353] Schoͤnheit und Zaͤrtlichkeit zum Mitleiden bewegen laͤſſet, muͤſſen ſie, nachdem er doch aus beſondern Gnaden ihnen ein halbes Brodt und 2. Kaͤſe gege- ben,|ihren Stab weiter ſetzen, werden aber von einer Viehmagd, die ihnen die barmhertzige Muͤllerin nach geſchickt, in eine kleine Bauer-Wohnung des naͤchſt gelegenen Dorffs geſuͤhret, anbey wird ihnen eine halbe Guinee an Gelde uͤberreicht, und der Bauers- Frau befohlen, dieſe Gaͤſte auf der Muͤllerin Unko- ſten beſtens zu bewirthen. Alſo haben meine arme Eltern allhier Zeit genung gehabt, ihr Ungluͤck zu bejammern, anbey aber den- noch die beſondere Vorſorge GOttes und die Guͤtig- keit der Muͤllerin zu preiſen, welche fromme Frau meine Mutter wenigſtens woͤchentlich ein paar mahl beſucht, und unter der Hand wider ihres Mannes Wiſſen reichlich verſorget, weiln ſie als eine betagte Frau/ die weder Kinder noch andere Erben, als ih- ren unvernuͤnfftigen Mann, dem ſie alles zugebracht hatte, ſich ein Vergnuͤgen machte, armen Leuten von ihrem Uberfluſſe gutes zu thun. Jn der dritten Woche ihres daſigen Aufenthalts koͤmmt meine Mutter mit mir ins Wochen-Bette, die Muͤllerin nebſt andern Bauers-Leuten werden zu meinen Tauff-Zeugen erwehlet, welche erſtere die gantze Ausrichtung aus ihren Beutel bezahlet, und meiner Mutter aufs aͤuſerſte verbietet, ihr groſſes Armuth niemanden kund zu geben, ſondern jeder- man zu bereden, ihr Mann, als mein Vater, ſey ein von einem unruhigen Biſchoffe vertriebener Schul- meiſter. Die- Y 2

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/353>, abgerufen am 25.11.2024.