Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

liam und Henry nebst ihren Schand-Metzen auf
dem ersten Schiffe blieben, und aus besonderer Gü-
te eine erbeutete Schand-Hure, die zwar dem Ge-
sichte nach eine weisse Christin, aber ihrer Auffüh-
rung nach ein von allen Sünden geschwärtztes Lu-
der war, an Alexandern und Gallus zur Noth-
helfferin überliessen. Dieser Schand-Balg, deren
Geilheit unaussprechlich, und die so wohl mit dem
einem als dem andern das verfluchteste Leben füh-
rete, ist nebst uns noch biß hieher auf diese Jnsul ge-
kommen, doch aber gleich in den ersten Tagen ver-
reckt.

Jedoch behöriger Ordnung wegen, muß in mei-
ner Erzehlung melden, daß damahls unsere beyden
Schiffe ihren Lauff eiffrigst nach dem Vorgebürge
der guten Hoffnung richteten, aber durch einen
lange anhaltenden Sturm davon abgetrieben wur-
den. Das Middelburgische Schiff verlohr sich
von dem Unsern, kam aber am fünfften Tage un-
verhofft wieder zu uns, und zwar bey solcher Zeit,
da es schiene, als ob alles Ungewitter vorbey wäre,
und das schönste Wetter zum Vorscheine kommen
wolte. Wir ruderten ihm mit möglichsten Kräff-
ten entgegen, weil unsern Commandeurs, die, nebst
ihren wenigen Getreuen, wenig oder gar nichts von
der künstlichen Seefahrt verstunden, an dessen Ge-
sellschafft nur allzu viel gelegen war. Allein, nach
meinen Gedancken hatte die Allmachts-Hand des
Allerhöchsten dieses Schiff keiner andern Ursache
wegen wieder so nahe zu uns geführet, als, uns al-
len an demselben ein Zeichen seiner strengen Gerech-
tigkeit sehen zu lassen, denn wir waren kaum noch

eines

liam und Henry nebſt ihren Schand-Metzen auf
dem erſten Schiffe blieben, und aus beſonderer Guͤ-
te eine erbeutete Schand-Hure, die zwar dem Ge-
ſichte nach eine weiſſe Chriſtin, aber ihrer Auffuͤh-
rung nach ein von allen Suͤnden geſchwaͤrtztes Lu-
der war, an Alexandern und Gallus zur Noth-
helfferin uͤberlieſſen. Dieſer Schand-Balg, deren
Geilheit unausſprechlich, und die ſo wohl mit dem
einem als dem andern das verfluchteſte Leben fuͤh-
rete, iſt nebſt uns noch biß hieher auf dieſe Jnſul ge-
kommen, doch aber gleich in den erſten Tagen ver-
reckt.

Jedoch behoͤriger Ordnung wegen, muß in mei-
ner Erzehlung melden, daß damahls unſere beyden
Schiffe ihren Lauff eiffrigſt nach dem Vorgebuͤrge
der guten Hoffnung richteten, aber durch einen
lange anhaltenden Sturm davon abgetrieben wur-
den. Das Middelburgiſche Schiff verlohr ſich
von dem Unſern, kam aber am fuͤnfften Tage un-
verhofft wieder zu uns, und zwar bey ſolcher Zeit,
da es ſchiene, als ob alles Ungewitter vorbey waͤre,
und das ſchoͤnſte Wetter zum Vorſcheine kommen
wolte. Wir ruderten ihm mit moͤglichſten Kraͤff-
ten entgegen, weil unſern Commandeurs, die, nebſt
ihren wenigen Getreuen, wenig oder gar nichts von
der kuͤnſtlichen Seefahrt verſtunden, an deſſen Ge-
ſellſchafft nur allzu viel gelegen war. Allein, nach
meinen Gedancken hatte die Allmachts-Hand des
Allerhoͤchſten dieſes Schiff keiner andern Urſache
wegen wieder ſo nahe zu uns gefuͤhret, als, uns al-
len an demſelben ein Zeichen ſeiner ſtrengen Gerech-
tigkeit ſehen zu laſſen, denn wir waren kaum noch

eines
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0346" n="332"/><hi rendition="#aq">liam</hi> und <hi rendition="#aq">Henry</hi> neb&#x017F;t ihren Schand-Metzen auf<lb/>
dem er&#x017F;ten Schiffe blieben, und aus be&#x017F;onderer Gu&#x0364;-<lb/>
te eine erbeutete Schand-Hure, die zwar dem Ge-<lb/>
&#x017F;ichte nach eine wei&#x017F;&#x017F;e Chri&#x017F;tin, aber ihrer Auffu&#x0364;h-<lb/>
rung nach ein von allen Su&#x0364;nden ge&#x017F;chwa&#x0364;rtztes Lu-<lb/>
der war, an <hi rendition="#aq">Alexandern</hi> und <hi rendition="#aq">Gallus</hi> zur Noth-<lb/>
helfferin u&#x0364;berlie&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;er Schand-Balg, deren<lb/>
Geilheit unaus&#x017F;prechlich, und die &#x017F;o wohl mit dem<lb/>
einem als dem andern das verfluchte&#x017F;te Leben fu&#x0364;h-<lb/>
rete, i&#x017F;t neb&#x017F;t uns noch biß hieher auf die&#x017F;e Jn&#x017F;ul ge-<lb/>
kommen, doch aber gleich in den er&#x017F;ten Tagen ver-<lb/>
reckt.</p><lb/>
        <p>Jedoch beho&#x0364;riger Ordnung wegen, muß in mei-<lb/>
ner Erzehlung melden, daß damahls un&#x017F;ere beyden<lb/>
Schiffe ihren Lauff eiffrig&#x017F;t nach dem Vorgebu&#x0364;rge<lb/>
der guten Hoffnung richteten, aber durch einen<lb/>
lange anhaltenden Sturm davon abgetrieben wur-<lb/>
den. Das Middelburgi&#x017F;che Schiff verlohr &#x017F;ich<lb/>
von dem Un&#x017F;ern, kam aber am fu&#x0364;nfften Tage un-<lb/>
verhofft wieder zu uns, und zwar bey &#x017F;olcher Zeit,<lb/>
da es &#x017F;chiene, als ob alles Ungewitter vorbey wa&#x0364;re,<lb/>
und das &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Wetter zum Vor&#x017F;cheine kommen<lb/>
wolte. Wir ruderten ihm mit mo&#x0364;glich&#x017F;ten Kra&#x0364;ff-<lb/>
ten entgegen, weil un&#x017F;ern <hi rendition="#aq">Commandeurs,</hi> die, neb&#x017F;t<lb/>
ihren wenigen Getreuen, wenig oder gar nichts von<lb/>
der ku&#x0364;n&#x017F;tlichen Seefahrt ver&#x017F;tunden, an de&#x017F;&#x017F;en Ge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chafft nur allzu viel gelegen war. Allein, nach<lb/>
meinen Gedancken hatte die Allmachts-Hand des<lb/>
Allerho&#x0364;ch&#x017F;ten die&#x017F;es Schiff keiner andern Ur&#x017F;ache<lb/>
wegen wieder &#x017F;o nahe zu uns gefu&#x0364;hret, als, uns al-<lb/>
len an dem&#x017F;elben ein Zeichen &#x017F;einer &#x017F;trengen Gerech-<lb/>
tigkeit &#x017F;ehen zu la&#x017F;&#x017F;en, denn wir waren kaum noch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">eines</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[332/0346] liam und Henry nebſt ihren Schand-Metzen auf dem erſten Schiffe blieben, und aus beſonderer Guͤ- te eine erbeutete Schand-Hure, die zwar dem Ge- ſichte nach eine weiſſe Chriſtin, aber ihrer Auffuͤh- rung nach ein von allen Suͤnden geſchwaͤrtztes Lu- der war, an Alexandern und Gallus zur Noth- helfferin uͤberlieſſen. Dieſer Schand-Balg, deren Geilheit unausſprechlich, und die ſo wohl mit dem einem als dem andern das verfluchteſte Leben fuͤh- rete, iſt nebſt uns noch biß hieher auf dieſe Jnſul ge- kommen, doch aber gleich in den erſten Tagen ver- reckt. Jedoch behoͤriger Ordnung wegen, muß in mei- ner Erzehlung melden, daß damahls unſere beyden Schiffe ihren Lauff eiffrigſt nach dem Vorgebuͤrge der guten Hoffnung richteten, aber durch einen lange anhaltenden Sturm davon abgetrieben wur- den. Das Middelburgiſche Schiff verlohr ſich von dem Unſern, kam aber am fuͤnfften Tage un- verhofft wieder zu uns, und zwar bey ſolcher Zeit, da es ſchiene, als ob alles Ungewitter vorbey waͤre, und das ſchoͤnſte Wetter zum Vorſcheine kommen wolte. Wir ruderten ihm mit moͤglichſten Kraͤff- ten entgegen, weil unſern Commandeurs, die, nebſt ihren wenigen Getreuen, wenig oder gar nichts von der kuͤnſtlichen Seefahrt verſtunden, an deſſen Ge- ſellſchafft nur allzu viel gelegen war. Allein, nach meinen Gedancken hatte die Allmachts-Hand des Allerhoͤchſten dieſes Schiff keiner andern Urſache wegen wieder ſo nahe zu uns gefuͤhret, als, uns al- len an demſelben ein Zeichen ſeiner ſtrengen Gerech- tigkeit ſehen zu laſſen, denn wir waren kaum noch eines

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/346
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/346>, abgerufen am 21.05.2024.