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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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Folgenden Morgen begab mich in reinlicherer
Kleidung in die neue Lutherische Kirche, und nach
verrichteter Andacht spatzirte auf das Ost-Jndische
Hauß zu, da nun im Begriff war, die Kostbarkeiten
desselben gantz erstaunend zu betrachten; hörete ich
seitwerts an einem etwas erhabenen Orte die Stim-
me des gestern mir so ansehnlich gewesenen See-
Officiers zu einem andern folgendes reden: Mon
Frere!
sehet dort einen wohl conduisirten jungen
Teutschen stehen, welcher nur vor wenig Tagen mit
der Post von Leipzig gekommen, und gestrigen Abend
in meiner Compagnie nach euch gefragt hat, weil er
unterwegs einen eurer Vettern gesprochen: Es wur-
de gleich hierauf etliche mahl gepistet, so bald nun
vermerckte, daß es mich anginge, machte ich gegen
die 2. neben einander stehende Herren meinen Reve-
rence,
sie danckten mir sehr höflich, beuhrlaubten
sich aber so gleich von einander. Der Unbekandte
kam augenblicklich auf mich zu, machte mir ein sehr
freundlich Compliment, und sagte: Monsieur, wo
ich mich nicht irre, werden sie vielleicht den Capitain
Wolffgang
suchen? Mon Patron, (antwortete ich)
ich weiß nicht anders, und bin dieserhalb von Leipzig
nach Amsterdam gereiset. Um Vergebung (fragte
er weiter) wie ist ihr Nahme? (Meine Antwort
war) ich heisse Eberhard Julius. Den Augen-
blick fiel er mir um den Hals, küssete mich auf die
Stirn, und sagte: Mein Sohn, an mir findet ihr
denjenigen, so ihr sucht, nemlich den Capitain Leon-
hard Wolffgang.
GOtt sey gelobet, der meinen
Brief und eure Person die rechten Wege geführet
hat, doch habt die Güte, eine kleine Stunde hier zu

verzie-

Folgenden Morgen begab mich in reinlicherer
Kleidung in die neue Lutheriſche Kirche, und nach
verrichteter Andacht ſpatzirte auf das Oſt-Jndiſche
Hauß zu, da nun im Begriff war, die Koſtbarkeiten
deſſelben gantz erſtaunend zu betrachten; hoͤrete ich
ſeitwerts an einem etwas erhabenen Orte die Stim-
me des geſtern mir ſo anſehnlich geweſenen See-
Officiers zu einem andern folgendes reden: Mon
Frere!
ſehet dort einen wohl conduiſirten jungen
Teutſchen ſtehen, welcher nur vor wenig Tagen mit
der Poſt von Leipzig gekommen, und geſtrigen Abend
in meiner Compagnie nach euch gefragt hat, weil er
unterwegs einen eurer Vettern geſprochen: Es wur-
de gleich hierauf etliche mahl gepiſtet, ſo bald nun
vermerckte, daß es mich anginge, machte ich gegen
die 2. neben einander ſtehende Herren meinen Reve-
rence,
ſie danckten mir ſehr hoͤflich, beuhrlaubten
ſich aber ſo gleich von einander. Der Unbekandte
kam augenblicklich auf mich zu, machte mir ein ſehr
freundlich Compliment, und ſagte: Monſieur, wo
ich mich nicht irre, werden ſie vielleicht den Capitain
Wolffgang
ſuchen? Mon Patron, (antwortete ich)
ich weiß nicht anders, und bin dieſerhalb von Leipzig
nach Amſterdam gereiſet. Um Vergebung (fragte
er weiter) wie iſt ihr Nahme? (Meine Antwort
war) ich heiſſe Eberhard Julius. Den Augen-
blick fiel er mir um den Hals, kuͤſſete mich auf die
Stirn, und ſagte: Mein Sohn, an mir findet ihr
denjenigen, ſo ihr ſucht, nemlich den Capitain Leon-
hard Wolffgang.
GOtt ſey gelobet, der meinen
Brief und eure Perſon die rechten Wege gefuͤhret
hat, doch habt die Guͤte, eine kleine Stunde hier zu

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[20/0032] Folgenden Morgen begab mich in reinlicherer Kleidung in die neue Lutheriſche Kirche, und nach verrichteter Andacht ſpatzirte auf das Oſt-Jndiſche Hauß zu, da nun im Begriff war, die Koſtbarkeiten deſſelben gantz erſtaunend zu betrachten; hoͤrete ich ſeitwerts an einem etwas erhabenen Orte die Stim- me des geſtern mir ſo anſehnlich geweſenen See- Officiers zu einem andern folgendes reden: Mon Frere! ſehet dort einen wohl conduiſirten jungen Teutſchen ſtehen, welcher nur vor wenig Tagen mit der Poſt von Leipzig gekommen, und geſtrigen Abend in meiner Compagnie nach euch gefragt hat, weil er unterwegs einen eurer Vettern geſprochen: Es wur- de gleich hierauf etliche mahl gepiſtet, ſo bald nun vermerckte, daß es mich anginge, machte ich gegen die 2. neben einander ſtehende Herren meinen Reve- rence, ſie danckten mir ſehr hoͤflich, beuhrlaubten ſich aber ſo gleich von einander. Der Unbekandte kam augenblicklich auf mich zu, machte mir ein ſehr freundlich Compliment, und ſagte: Monſieur, wo ich mich nicht irre, werden ſie vielleicht den Capitain Wolffgang ſuchen? Mon Patron, (antwortete ich) ich weiß nicht anders, und bin dieſerhalb von Leipzig nach Amſterdam gereiſet. Um Vergebung (fragte er weiter) wie iſt ihr Nahme? (Meine Antwort war) ich heiſſe Eberhard Julius. Den Augen- blick fiel er mir um den Hals, kuͤſſete mich auf die Stirn, und ſagte: Mein Sohn, an mir findet ihr denjenigen, ſo ihr ſucht, nemlich den Capitain Leon- hard Wolffgang. GOtt ſey gelobet, der meinen Brief und eure Perſon die rechten Wege gefuͤhret hat, doch habt die Guͤte, eine kleine Stunde hier zu verzie-

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/32>, abgerufen am 21.11.2024.