glückseeligen Einwohner desselben, ob wir uns un- ter Engeln oder sterblichen Menschen befinden? denn wir können biß diese Stunde unsere Sinnen noch nicht überzeugen, ob wir noch auf der vorigen Welt leben; Oder durch den zeitlichen Tod in eine andere Welt versetzt sind? Liebsten Freunde, gab ich zur Antwort, es ist mehr als zu gewiß, daß wir eben sol- che mühseelige und sterbliche Menschen sind als ihr. Vor nunmehro fast 18. Jahren, hat ein besonderes Schicksaal mich und diese meine werthe Ehe-Gattin auf diese Jnsul geführet, die allhier in Ordnung ste- hende 9. Kinder aber, sind binnen solcher Zeit, und in solcher Einsamkeit von uns entsproffen, und ausser uns, die wir hier beysammen sind, ist sonst keine menschliche Seele mehr auf der gantzen Jnsul anzu- treffen! Allein, fuhr ich fort, wir werden Zeit und Gelegenheit genung haben, hiervon weitläufftiger mit einander zu sprechen, derowegen lasset euch ge- fallen, unsere Speisen und Geträncke zu kosten, da- mit eure in dem Meere verlohrnen Kräffte desto ge- schwinder wieder hergestellet werden.
Dem nach setzten wir uns zu Tische, assen und truncken ingesammt mit grösten Appetite nach bil- ligen Vergnügen. So bald aber das Danck-Ge- beth gesprochen war, und der Alte vermerckte, daß so wohl ich, als meine Concordia, von beyderseits Stande und Wesen gern benachrichtiget seyn möchten, vergnügte er unsere Reugierigkeit mit ei- ner weitläufftigen Erzehlung, die biß Mitternacht währete. Jch aber will von selbiger nur kürtzlich so viel melden, daß er sich Amias Hülter nennete,
und
T 3
gluͤckſeeligen Einwohner deſſelben, ob wir uns un- ter Engeln oder ſterblichen Menſchen befinden? denn wir koͤnnen biß dieſe Stunde unſere Sinnen noch nicht uͤberzeugen, ob wir noch auf der vorigen Welt leben; Oder durch den zeitlichen Tod in eine andere Welt verſetzt ſind? Liebſten Freunde, gab ich zur Antwort, es iſt mehr als zu gewiß, daß wir eben ſol- che muͤhſeelige und ſterbliche Menſchen ſind als ihr. Vor nunmehro faſt 18. Jahren, hat ein beſonderes Schickſaal mich und dieſe meine werthe Ehe-Gattin auf dieſe Jnſul gefuͤhret, die allhier in Ordnung ſte- hende 9. Kinder aber, ſind binnen ſolcher Zeit, und in ſolcher Einſamkeit von uns entſproffen, und auſſer uns, die wir hier beyſammen ſind, iſt ſonſt keine menſchliche Seele mehr auf der gantzen Jnſul anzu- treffen! Allein, fuhr ich fort, wir werden Zeit und Gelegenheit genung haben, hiervon weitlaͤufftiger mit einander zu ſprechen, derowegen laſſet euch ge- fallen, unſere Speiſen und Getraͤncke zu koſten, da- mit eure in dem Meere verlohrnen Kraͤffte deſto ge- ſchwinder wieder hergeſtellet werden.
Dem nach ſetzten wir uns zu Tiſche, aſſen und truncken ingeſammt mit groͤſten Appetite nach bil- ligen Vergnuͤgen. So bald aber das Danck-Ge- beth geſprochen war, und der Alte vermerckte, daß ſo wohl ich, als meine Concordia, von beyderſeits Stande und Weſen gern benachrichtiget ſeyn moͤchten, vergnuͤgte er unſere Reugierigkeit mit ei- ner weitlaͤufftigen Erzehlung, die biß Mitternacht waͤhrete. Jch aber will von ſelbiger nur kuͤrtzlich ſo viel melden, daß er ſich Amias Hülter nennete,
und
T 3
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0307"n="293"/>
gluͤckſeeligen Einwohner deſſelben, ob wir uns un-<lb/>
ter Engeln oder ſterblichen Menſchen befinden? denn<lb/>
wir koͤnnen biß dieſe Stunde unſere Sinnen noch<lb/>
nicht uͤberzeugen, ob wir noch auf der vorigen Welt<lb/>
leben; Oder durch den zeitlichen Tod in eine andere<lb/>
Welt verſetzt ſind? Liebſten Freunde, gab ich zur<lb/>
Antwort, es iſt mehr als zu gewiß, daß wir eben ſol-<lb/>
che muͤhſeelige und ſterbliche Menſchen ſind als ihr.<lb/>
Vor nunmehro faſt 18. Jahren, hat ein beſonderes<lb/>
Schickſaal mich und dieſe meine werthe Ehe-Gattin<lb/>
auf dieſe Jnſul gefuͤhret, die allhier in Ordnung ſte-<lb/>
hende 9. Kinder aber, ſind binnen ſolcher Zeit, und in<lb/>ſolcher Einſamkeit von uns entſproffen, und auſſer<lb/>
uns, die wir hier beyſammen ſind, iſt ſonſt keine<lb/>
menſchliche Seele mehr auf der gantzen Jnſul anzu-<lb/>
treffen! Allein, fuhr ich fort, wir werden Zeit und<lb/>
Gelegenheit genung haben, hiervon weitlaͤufftiger<lb/>
mit einander zu ſprechen, derowegen laſſet euch ge-<lb/>
fallen, unſere Speiſen und Getraͤncke zu koſten, da-<lb/>
mit eure in dem Meere verlohrnen Kraͤffte deſto ge-<lb/>ſchwinder wieder hergeſtellet werden.</p><lb/><p>Dem nach ſetzten wir uns zu Tiſche, aſſen und<lb/>
truncken ingeſammt mit groͤſten <hirendition="#aq">Appetite</hi> nach bil-<lb/>
ligen Vergnuͤgen. So bald aber das Danck-Ge-<lb/>
beth geſprochen war, und der Alte vermerckte, daß<lb/>ſo wohl ich, als meine <hirendition="#aq">Concordia,</hi> von beyderſeits<lb/>
Stande und Weſen gern benachrichtiget ſeyn<lb/>
moͤchten, vergnuͤgte er unſere Reugierigkeit mit ei-<lb/>
ner weitlaͤufftigen Erzehlung, die biß Mitternacht<lb/>
waͤhrete. Jch aber will von ſelbiger nur kuͤrtzlich<lb/>ſo viel melden, daß er ſich <hirendition="#aq">Amias Hülter</hi> nennete,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">T 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">und</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[293/0307]
gluͤckſeeligen Einwohner deſſelben, ob wir uns un-
ter Engeln oder ſterblichen Menſchen befinden? denn
wir koͤnnen biß dieſe Stunde unſere Sinnen noch
nicht uͤberzeugen, ob wir noch auf der vorigen Welt
leben; Oder durch den zeitlichen Tod in eine andere
Welt verſetzt ſind? Liebſten Freunde, gab ich zur
Antwort, es iſt mehr als zu gewiß, daß wir eben ſol-
che muͤhſeelige und ſterbliche Menſchen ſind als ihr.
Vor nunmehro faſt 18. Jahren, hat ein beſonderes
Schickſaal mich und dieſe meine werthe Ehe-Gattin
auf dieſe Jnſul gefuͤhret, die allhier in Ordnung ſte-
hende 9. Kinder aber, ſind binnen ſolcher Zeit, und in
ſolcher Einſamkeit von uns entſproffen, und auſſer
uns, die wir hier beyſammen ſind, iſt ſonſt keine
menſchliche Seele mehr auf der gantzen Jnſul anzu-
treffen! Allein, fuhr ich fort, wir werden Zeit und
Gelegenheit genung haben, hiervon weitlaͤufftiger
mit einander zu ſprechen, derowegen laſſet euch ge-
fallen, unſere Speiſen und Getraͤncke zu koſten, da-
mit eure in dem Meere verlohrnen Kraͤffte deſto ge-
ſchwinder wieder hergeſtellet werden.
Dem nach ſetzten wir uns zu Tiſche, aſſen und
truncken ingeſammt mit groͤſten Appetite nach bil-
ligen Vergnuͤgen. So bald aber das Danck-Ge-
beth geſprochen war, und der Alte vermerckte, daß
ſo wohl ich, als meine Concordia, von beyderſeits
Stande und Weſen gern benachrichtiget ſeyn
moͤchten, vergnuͤgte er unſere Reugierigkeit mit ei-
ner weitlaͤufftigen Erzehlung, die biß Mitternacht
waͤhrete. Jch aber will von ſelbiger nur kuͤrtzlich
ſo viel melden, daß er ſich Amias Hülter nennete,
und
T 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/307>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.