8. Cap. im Buch Tobiä auf, und betete des jungen Tobiä Gebeth vom 7. biß zu Ende des 9. Verses; wiewol ich etliche Worte nach unserm Zustande veränderte, auch so viel zu setzte, als mir meines Her- tzens heilige Andacht eingab. Concordia machte aus den Worten der jungen Sara/ die im folgen- den 10. Vers stehen, ein schönes Hertz-brechen- des und kräfftiges Gebet. Nach diesem beteten wir einstimmig das Vater Unser, und den gewöhn- lichen Seegen der Christlichen Kirche über uns, sungen das Lied: Es woll uns GOTT genädig seyn, etc. küsseten uns etliche mahl, und führeten einander wieder zurück, bereiteten die Mahlzeit, setzten uns mit unserer kleinen Concordia, die unter währenden Trau-Actu so stille als ein Lamm gelegen hatte, zu Tische, und nahmen unsere. Spei- sen nebst dem köstlichen Geträncke in solcher Ver- gnüglichkeit ein, als wohl jemahls ein Braut-Paar in der gantzen Welt gethan haben mag.
Es schien, als ob aller vorhero ausgestandener Kummer und Verdruß solchergestalt auf einmahl verjagt wäre, wir vereinigten uns von nun an, ein- ander in vollkommener Treue dergestalt hülffliche Hand zu leisten, und unsere Anstalten auf solchen Fuß zu setzen, als ob wir gar keine Hoffnung von hier hinweg zu kommen, hätten, hergegen aus blos- ser Lust, Zeit-Lebens auf dieser Jnsul bleiben, im übrigen alles der Vorsehung des Himmels anbe- fehlen, und alle ängstlichen Sorgen wegen des Zu- künfftigen einstellen wolten.
Jndem aber die Zeit zum Schlaffen-gehen her- bey kam, sagte meine Braut mit liebreichen Ge-
bärden
8. Cap. im Buch Tobiaͤ auf, und betete des jungen Tobiaͤ Gebeth vom 7. biß zu Ende des 9. Verſes; wiewol ich etliche Worte nach unſerm Zuſtande veraͤnderte, auch ſo viel zu ſetzte, als mir meines Her- tzens heilige Andacht eingab. Concordia machte aus den Worten der jungen Sara/ die im folgen- den 10. Vers ſtehen, ein ſchoͤnes Hertz-brechen- des und kraͤfftiges Gebet. Nach dieſem beteten wir einſtimmig das Vater Unſer, und den gewoͤhn- lichen Seegen der Chriſtlichen Kirche uͤber uns, ſungen das Lied: Es woll uns GOTT genaͤdig ſeyn, ꝛc. kuͤſſeten uns etliche mahl, und fuͤhreten einander wieder zuruͤck, bereiteten die Mahlzeit, ſetzten uns mit unſerer kleinen Concordia, die unter waͤhrenden Trau-Actu ſo ſtille als ein Lamm gelegen hatte, zu Tiſche, und nahmen unſere. Spei- ſen nebſt dem koͤſtlichen Getraͤncke in ſolcher Ver- gnuͤglichkeit ein, als wohl jemahls ein Braut-Paar in der gantzen Welt gethan haben mag.
Es ſchien, als ob aller vorhero ausgeſtandener Kummer und Verdruß ſolchergeſtalt auf einmahl verjagt waͤre, wir vereinigten uns von nun an, ein- ander in vollkommener Treue dergeſtalt huͤlffliche Hand zu leiſten, und unſere Anſtalten auf ſolchen Fuß zu ſetzen, als ob wir gar keine Hoffnung von hier hinweg zu kommen, haͤtten, hergegen aus bloſ- ſer Luſt, Zeit-Lebens auf dieſer Jnſul bleiben, im uͤbrigen alles der Vorſehung des Himmels anbe- fehlen, und alle aͤngſtlichen Sorgen wegen des Zu- kuͤnfftigen einſtellen wolten.
Jndem aber die Zeit zum Schlaffen-gehen her- bey kam, ſagte meine Braut mit liebreichen Ge-
baͤrden
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8. Cap. im Buch Tobiaͤ auf, und betete des jungen
Tobiaͤ Gebeth vom 7. biß zu Ende des 9. Verſes;
wiewol ich etliche Worte nach unſerm Zuſtande
veraͤnderte, auch ſo viel zu ſetzte, als mir meines Her-
tzens heilige Andacht eingab. Concordia machte
aus den Worten der jungen Sara/ die im folgen-
den 10. Vers ſtehen, ein ſchoͤnes Hertz-brechen-
des und kraͤfftiges Gebet. Nach dieſem beteten
wir einſtimmig das Vater Unſer, und den gewoͤhn-
lichen Seegen der Chriſtlichen Kirche uͤber uns,
ſungen das Lied: Es woll uns GOTT genaͤdig
ſeyn, ꝛc. kuͤſſeten uns etliche mahl, und fuͤhreten
einander wieder zuruͤck, bereiteten die Mahlzeit,
ſetzten uns mit unſerer kleinen Concordia, die unter
waͤhrenden Trau-Actu ſo ſtille als ein Lamm
gelegen hatte, zu Tiſche, und nahmen unſere. Spei-
ſen nebſt dem koͤſtlichen Getraͤncke in ſolcher Ver-
gnuͤglichkeit ein, als wohl jemahls ein Braut-Paar
in der gantzen Welt gethan haben mag.
Es ſchien, als ob aller vorhero ausgeſtandener
Kummer und Verdruß ſolchergeſtalt auf einmahl
verjagt waͤre, wir vereinigten uns von nun an, ein-
ander in vollkommener Treue dergeſtalt huͤlffliche
Hand zu leiſten, und unſere Anſtalten auf ſolchen
Fuß zu ſetzen, als ob wir gar keine Hoffnung von
hier hinweg zu kommen, haͤtten, hergegen aus bloſ-
ſer Luſt, Zeit-Lebens auf dieſer Jnſul bleiben, im
uͤbrigen alles der Vorſehung des Himmels anbe-
fehlen, und alle aͤngſtlichen Sorgen wegen des Zu-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/281>, abgerufen am 24.11.2024.
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