Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

gesetzt und mich, neben ihr Platz zu nehmen gebeten
hatte, brach mein Mund in solgende Worte aus:
Madame! eure schönen Hände haben sich gestern
bemühet an meine schlechte Person einen Brieff zu
schreiben, und wo dasjenige, was mich angehet, keine
Versuchung, sondern eures keuschen Hertzens auf-
richtige Meynung ist, so werde ich heute durch des
Himmels und eure Gnade, zum allerglückseeligsten
Menschen auf der gantzen Welt gemacht werden.
Es würde mir schwer fallen gnungsame Worte zu
ersinnen, um damit den unschätzbaren Werth eurer
vollkommen tugendhafften und liebens-würdigsten
Person einiger massen auszudrücken, darum will
ich nur sagen: daß ihr würdig wäret, eines grossen
Fürsten Gemahlin zu seyn. Was aber bin ich
dargegen? Ein schlechter geringer Mensch,
der - - -

Hier fiel mir Concordia in die Rede, und sagte,
indem sie mich sanfft auf die Hand schlug: Liebster
Julius, ich bitte fanget nunmehro nicht erstlich an,
viele unnöthige Schmeicheleyen und ungewöhnli-
ches Wort-Gepränge zu machen, sondern seyd fein
aufrichtig wie ich in meinem Schreiben gewesen
bin. Eure Tugend, Frömmigkeit und mir gelei-
steten treuen Dienste, weiß ich mit nichts besser zu
vergelten, als wenn ich euch mich selbst zur Beloh-
nung anbiete, und versichere, daß eure Person bey
mir in höhern Werthe stehet, als des grösten Für-
sten oder andern Herrn, wenn ich auch gleich das
Auslesen unter tausenden haben solte. Jst euch nun
damit gedienet, so erkläret euch, damit wir uns nach-
hero sernerer Anstalten wegen vertraulich unter-

reden,

geſetzt und mich, neben ihr Platz zu nehmen gebeten
hatte, brach mein Mund in ſolgende Worte aus:
Madame! eure ſchoͤnen Haͤnde haben ſich geſtern
bemuͤhet an meine ſchlechte Perſon einen Brieff zu
ſchreiben, und wo dasjenige, was mich angehet, keine
Verſuchung, ſondern eures keuſchen Hertzens auf-
richtige Meynung iſt, ſo werde ich heute durch des
Himmels und eure Gnade, zum allergluͤckſeeligſten
Menſchen auf der gantzen Welt gemacht werden.
Es wuͤrde mir ſchwer fallen gnungſame Worte zu
erſinnen, um damit den unſchaͤtzbaren Werth eurer
vollkommen tugendhafften und liebens-wuͤrdigſten
Perſon einiger maſſen auszudruͤcken, darum will
ich nur ſagen: daß ihr wuͤrdig waͤret, eines groſſen
Fuͤrſten Gemahlin zu ſeyn. Was aber bin ich
dargegen? Ein ſchlechter geringer Menſch,
der ‒ ‒ ‒

Hier fiel mir Concordia in die Rede, und ſagte,
indem ſie mich ſanfft auf die Hand ſchlug: Liebſter
Julius, ich bitte fanget nunmehro nicht erſtlich an,
viele unnoͤthige Schmeicheleyen und ungewoͤhnli-
ches Wort-Gepraͤnge zu machen, ſondern ſeyd fein
aufrichtig wie ich in meinem Schreiben geweſen
bin. Eure Tugend, Froͤmmigkeit und mir gelei-
ſteten treuen Dienſte, weiß ich mit nichts beſſer zu
vergelten, als wenn ich euch mich ſelbſt zur Beloh-
nung anbiete, und verſichere, daß eure Perſon bey
mir in hoͤhern Werthe ſtehet, als des groͤſten Fuͤr-
ſten oder andern Herrn, wenn ich auch gleich das
Ausleſen unter tauſenden haben ſolte. Jſt euch nun
damit gedienet, ſo erklaͤret euch, damit wir uns nach-
hero ſernerer Anſtalten wegen vertraulich unter-

reden,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0278" n="264"/>
ge&#x017F;etzt und mich, neben ihr Platz zu nehmen gebeten<lb/>
hatte, brach mein Mund in &#x017F;olgende Worte aus:<lb/><hi rendition="#aq">Madame!</hi> eure &#x017F;cho&#x0364;nen Ha&#x0364;nde haben &#x017F;ich ge&#x017F;tern<lb/>
bemu&#x0364;het an meine &#x017F;chlechte Per&#x017F;on einen Brieff zu<lb/>
&#x017F;chreiben, und wo dasjenige, was mich angehet, keine<lb/>
Ver&#x017F;uchung, &#x017F;ondern eures keu&#x017F;chen Hertzens auf-<lb/>
richtige Meynung i&#x017F;t, &#x017F;o werde ich heute durch des<lb/>
Himmels und eure Gnade, zum allerglu&#x0364;ck&#x017F;eelig&#x017F;ten<lb/>
Men&#x017F;chen auf der gantzen Welt gemacht werden.<lb/>
Es wu&#x0364;rde mir &#x017F;chwer fallen gnung&#x017F;ame Worte zu<lb/>
er&#x017F;innen, um damit den un&#x017F;cha&#x0364;tzbaren Werth eurer<lb/>
vollkommen tugendhafften und liebens-wu&#x0364;rdig&#x017F;ten<lb/>
Per&#x017F;on einiger ma&#x017F;&#x017F;en auszudru&#x0364;cken, darum will<lb/>
ich nur &#x017F;agen: daß ihr wu&#x0364;rdig wa&#x0364;ret, eines gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten Gemahlin zu &#x017F;eyn. Was aber bin ich<lb/>
dargegen? Ein &#x017F;chlechter geringer Men&#x017F;ch,<lb/>
der &#x2012; &#x2012; &#x2012;</p><lb/>
        <p>Hier fiel mir <hi rendition="#aq">Concordia</hi> in die Rede, und &#x017F;agte,<lb/>
indem &#x017F;ie mich &#x017F;anfft auf die Hand &#x017F;chlug: Lieb&#x017F;ter<lb/><hi rendition="#aq">Julius,</hi> ich bitte fanget nunmehro nicht er&#x017F;tlich an,<lb/>
viele unno&#x0364;thige Schmeicheleyen und ungewo&#x0364;hnli-<lb/>
ches Wort-Gepra&#x0364;nge zu machen, &#x017F;ondern &#x017F;eyd fein<lb/>
aufrichtig wie ich in meinem Schreiben gewe&#x017F;en<lb/>
bin. Eure Tugend, Fro&#x0364;mmigkeit und mir gelei-<lb/>
&#x017F;teten treuen Dien&#x017F;te, weiß ich mit nichts be&#x017F;&#x017F;er zu<lb/>
vergelten, als wenn ich euch mich &#x017F;elb&#x017F;t zur Beloh-<lb/>
nung anbiete, und ver&#x017F;ichere, daß eure Per&#x017F;on bey<lb/>
mir in ho&#x0364;hern Werthe &#x017F;tehet, als des gro&#x0364;&#x017F;ten Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;ten oder andern Herrn, wenn ich auch gleich das<lb/>
Ausle&#x017F;en unter tau&#x017F;enden haben &#x017F;olte. J&#x017F;t euch nun<lb/>
damit gedienet, &#x017F;o erkla&#x0364;ret euch, damit wir uns nach-<lb/>
hero &#x017F;ernerer An&#x017F;talten wegen vertraulich unter-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">reden,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[264/0278] geſetzt und mich, neben ihr Platz zu nehmen gebeten hatte, brach mein Mund in ſolgende Worte aus: Madame! eure ſchoͤnen Haͤnde haben ſich geſtern bemuͤhet an meine ſchlechte Perſon einen Brieff zu ſchreiben, und wo dasjenige, was mich angehet, keine Verſuchung, ſondern eures keuſchen Hertzens auf- richtige Meynung iſt, ſo werde ich heute durch des Himmels und eure Gnade, zum allergluͤckſeeligſten Menſchen auf der gantzen Welt gemacht werden. Es wuͤrde mir ſchwer fallen gnungſame Worte zu erſinnen, um damit den unſchaͤtzbaren Werth eurer vollkommen tugendhafften und liebens-wuͤrdigſten Perſon einiger maſſen auszudruͤcken, darum will ich nur ſagen: daß ihr wuͤrdig waͤret, eines groſſen Fuͤrſten Gemahlin zu ſeyn. Was aber bin ich dargegen? Ein ſchlechter geringer Menſch, der ‒ ‒ ‒ Hier fiel mir Concordia in die Rede, und ſagte, indem ſie mich ſanfft auf die Hand ſchlug: Liebſter Julius, ich bitte fanget nunmehro nicht erſtlich an, viele unnoͤthige Schmeicheleyen und ungewoͤhnli- ches Wort-Gepraͤnge zu machen, ſondern ſeyd fein aufrichtig wie ich in meinem Schreiben geweſen bin. Eure Tugend, Froͤmmigkeit und mir gelei- ſteten treuen Dienſte, weiß ich mit nichts beſſer zu vergelten, als wenn ich euch mich ſelbſt zur Beloh- nung anbiete, und verſichere, daß eure Perſon bey mir in hoͤhern Werthe ſtehet, als des groͤſten Fuͤr- ſten oder andern Herrn, wenn ich auch gleich das Ausleſen unter tauſenden haben ſolte. Jſt euch nun damit gedienet, ſo erklaͤret euch, damit wir uns nach- hero ſernerer Anſtalten wegen vertraulich unter- reden,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/278
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/278>, abgerufen am 17.05.2024.