Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

solte einen frischen Muth fassen, weil mir GOtt bald
helffen würde, nahm mir auch kein Bedencken, ihr
meinen nachdencklichen Traum völlig zu erzehlen.
Hierauf wischete sie augenblicklich ihre Thränen ab/
und sagte: Mein Freund, dieses ist gewiß kein blosser
Traum, sondern ohnsehlbar ein Göttliches Gesichte,
hier habt ihr des Don Cyrillo Schrifften, durch su-
chet dieselben aufs fleißigste, ich will inzwischen hin
gehen und vielerley Kräuter abpflücken, findet ihr
dasjenige darunter, welches ihr im Schlaffe gesehen
zu haben euch erinnern könnet, so wollen wir solches
in GOttes Nahmen zu euerer Artzeney gebrauchen.

Mein Zustand war ziemlich erleidlich, nachdem
sie mir also des Don Cyrillo Schrifften, nebst einer
brennenden Lampe vor mein Lager gebracht, und ei-
lig fortgegangen war, fand ich ohne mühsames Su-
chen diejenigen Blätter, welche van Leuven und
ich wenig geachtet, in Lateinischer Sprache unter
folgenden Titul: Verzeichniß, wie, und womit ich"
die mir in meinem mühseeligen Leben gar öffters"
zugestossenen Leibes-Gebrechen und Schäden ge-"
heilet habe." Jch lieff dasselbe so hurtig durch, als
es meine nicht allzuvollkommene Wissenschafft der
Lateinischen Sprache zuließ, und fand die Gestalt,
Tugend und Nutzbarkeit eines gewissen Wund-
Krauts, so wohl bey der Gelegenheit, da dem Don
Cyrillo
ein Stück Holtz auf dem Kopff gefallen
war, als auch da er sich mit dem Beile eine gefähr-
liche Wunde ins Bein versetzt, nicht weniger bey
andern Beschädigungen dermassen eigentlich und
ausführlich beschrieben, daß fast nicht zweiffeln kon-

te,
P 5

ſolte einen friſchen Muth faſſen, weil mir GOtt bald
helffen wuͤrde, nahm mir auch kein Bedencken, ihr
meinen nachdencklichen Traum voͤllig zu erzehlen.
Hierauf wiſchete ſie augenblicklich ihre Thraͤnen ab/
und ſagte: Mein Freund, dieſes iſt gewiß kein bloſſer
Traum, ſondern ohnſehlbar ein Goͤttliches Geſichte,
hier habt ihr des Don Cyrillo Schrifften, durch ſu-
chet dieſelben aufs fleißigſte, ich will inzwiſchen hin
gehen und vielerley Kraͤuter abpfluͤcken, findet ihr
dasjenige darunter, welches ihr im Schlaffe geſehen
zu haben euch erinnern koͤnnet, ſo wollen wir ſolches
in GOttes Nahmen zu euerer Artzeney gebrauchen.

Mein Zuſtand war ziemlich erleidlich, nachdem
ſie mir alſo des Don Cyrillo Schrifften, nebſt einer
brennenden Lampe vor mein Lager gebracht, und ei-
lig fortgegangen war, fand ich ohne muͤhſames Su-
chen diejenigen Blaͤtter, welche van Leuven und
ich wenig geachtet, in Lateiniſcher Sprache unter
folgenden Titul: Verzeichniß, wie, und womit ich„
die mir in meinem muͤhſeeligen Leben gar oͤffters„
zugeſtoſſenen Leibes-Gebrechen und Schaͤden ge-„
heilet habe.„ Jch lieff daſſelbe ſo hurtig durch, als
es meine nicht allzuvollkommene Wiſſenſchafft der
Lateiniſchen Sprache zuließ, und fand die Geſtalt,
Tugend und Nutzbarkeit eines gewiſſen Wund-
Krauts, ſo wohl bey der Gelegenheit, da dem Don
Cyrillo
ein Stuͤck Holtz auf dem Kopff gefallen
war, als auch da er ſich mit dem Beile eine gefaͤhr-
liche Wunde ins Bein verſetzt, nicht weniger bey
andern Beſchaͤdigungen dermaſſen eigentlich und
ausfuͤhrlich beſchrieben, daß faſt nicht zweiffeln kon-

te,
P 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0247" n="233"/>
&#x017F;olte einen fri&#x017F;chen Muth fa&#x017F;&#x017F;en, weil mir GOtt bald<lb/>
helffen wu&#x0364;rde, nahm mir auch kein Bedencken, ihr<lb/>
meinen nachdencklichen Traum vo&#x0364;llig zu erzehlen.<lb/>
Hierauf wi&#x017F;chete &#x017F;ie augenblicklich ihre Thra&#x0364;nen ab/<lb/>
und &#x017F;agte: Mein Freund, die&#x017F;es i&#x017F;t gewiß kein blo&#x017F;&#x017F;er<lb/>
Traum, &#x017F;ondern ohn&#x017F;ehlbar ein Go&#x0364;ttliches Ge&#x017F;ichte,<lb/>
hier habt ihr des <hi rendition="#aq">Don Cyrillo</hi> Schrifften, durch &#x017F;u-<lb/>
chet die&#x017F;elben aufs fleißig&#x017F;te, ich will inzwi&#x017F;chen hin<lb/>
gehen und vielerley Kra&#x0364;uter abpflu&#x0364;cken, findet ihr<lb/>
dasjenige darunter, welches ihr im Schlaffe ge&#x017F;ehen<lb/>
zu haben euch erinnern ko&#x0364;nnet, &#x017F;o wollen wir &#x017F;olches<lb/>
in GOttes Nahmen zu euerer Artzeney gebrauchen.</p><lb/>
        <p>Mein Zu&#x017F;tand war ziemlich erleidlich, nachdem<lb/>
&#x017F;ie mir al&#x017F;o des <hi rendition="#aq">Don Cyrillo</hi> Schrifften, neb&#x017F;t einer<lb/>
brennenden Lampe vor mein Lager gebracht, und ei-<lb/>
lig fortgegangen war, fand ich ohne mu&#x0364;h&#x017F;ames Su-<lb/>
chen diejenigen Bla&#x0364;tter, welche <hi rendition="#aq">van Leuven</hi> und<lb/>
ich wenig geachtet, in Lateini&#x017F;cher Sprache unter<lb/>
folgenden Titul: Verzeichniß, wie, und womit ich&#x201E;<lb/>
die mir in meinem mu&#x0364;h&#x017F;eeligen Leben gar o&#x0364;ffters&#x201E;<lb/>
zuge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;enen Leibes-Gebrechen und Scha&#x0364;den ge-&#x201E;<lb/>
heilet habe.&#x201E; Jch lieff da&#x017F;&#x017F;elbe &#x017F;o hurtig durch, als<lb/>
es meine nicht allzuvollkommene Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft der<lb/>
Lateini&#x017F;chen Sprache zuließ, und fand die Ge&#x017F;talt,<lb/>
Tugend und Nutzbarkeit eines gewi&#x017F;&#x017F;en Wund-<lb/>
Krauts, &#x017F;o wohl bey der Gelegenheit, da dem <hi rendition="#aq">Don<lb/>
Cyrillo</hi> ein Stu&#x0364;ck Holtz auf dem Kopff gefallen<lb/>
war, als auch da er &#x017F;ich mit dem Beile eine gefa&#x0364;hr-<lb/>
liche Wunde ins Bein ver&#x017F;etzt, nicht weniger bey<lb/>
andern Be&#x017F;cha&#x0364;digungen derma&#x017F;&#x017F;en eigentlich und<lb/>
ausfu&#x0364;hrlich be&#x017F;chrieben, daß fa&#x017F;t nicht zweiffeln kon-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P 5</fw><fw place="bottom" type="catch">te,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[233/0247] ſolte einen friſchen Muth faſſen, weil mir GOtt bald helffen wuͤrde, nahm mir auch kein Bedencken, ihr meinen nachdencklichen Traum voͤllig zu erzehlen. Hierauf wiſchete ſie augenblicklich ihre Thraͤnen ab/ und ſagte: Mein Freund, dieſes iſt gewiß kein bloſſer Traum, ſondern ohnſehlbar ein Goͤttliches Geſichte, hier habt ihr des Don Cyrillo Schrifften, durch ſu- chet dieſelben aufs fleißigſte, ich will inzwiſchen hin gehen und vielerley Kraͤuter abpfluͤcken, findet ihr dasjenige darunter, welches ihr im Schlaffe geſehen zu haben euch erinnern koͤnnet, ſo wollen wir ſolches in GOttes Nahmen zu euerer Artzeney gebrauchen. Mein Zuſtand war ziemlich erleidlich, nachdem ſie mir alſo des Don Cyrillo Schrifften, nebſt einer brennenden Lampe vor mein Lager gebracht, und ei- lig fortgegangen war, fand ich ohne muͤhſames Su- chen diejenigen Blaͤtter, welche van Leuven und ich wenig geachtet, in Lateiniſcher Sprache unter folgenden Titul: Verzeichniß, wie, und womit ich„ die mir in meinem muͤhſeeligen Leben gar oͤffters„ zugeſtoſſenen Leibes-Gebrechen und Schaͤden ge-„ heilet habe.„ Jch lieff daſſelbe ſo hurtig durch, als es meine nicht allzuvollkommene Wiſſenſchafft der Lateiniſchen Sprache zuließ, und fand die Geſtalt, Tugend und Nutzbarkeit eines gewiſſen Wund- Krauts, ſo wohl bey der Gelegenheit, da dem Don Cyrillo ein Stuͤck Holtz auf dem Kopff gefallen war, als auch da er ſich mit dem Beile eine gefaͤhr- liche Wunde ins Bein verſetzt, nicht weniger bey andern Beſchaͤdigungen dermaſſen eigentlich und ausfuͤhrlich beſchrieben, daß faſt nicht zweiffeln kon- te, P 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/247
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/247>, abgerufen am 23.11.2024.