Die Zeilen auf der kleinen Tafel, bedeuten in Teut- scher Sprache so viel: Jch bin gebohren den 9. Aug. 1475. Auf diese Jnsul gekommen, den 14. Nov. 1514. Jch empfinde, daß ich Alters halber in kurtzer Zeit sterben werde, ohngeacht ich weder Kranck- heit, noch einige Schmertzen empfinde. Die- ses habe ich geschrieben am 27. Jun. 1606. Jch lebe zwar noch, bin aber dem Tode sehr nahe, d. 28. 29. und 30. Jun. und noch d. 1. Jul. 2. 3. 4.
Jedoch ich fahre nunmehro in unsern eigenen Ge- schichten fort, und berichte dem geliebten Leser, daß wir mit Anbruch solgendes Donnerstags d. 22. 9br. uns nebst dem Altvater Albert Julio aufmachten, und die Pflantz-Städte Jacobs-Raum besuchten, welche aus 9. Wohnhäusern, die mit allem Zube- hör wol versehen waren, bestund.
Wiewol nun dieses die kleinste Pflantz-Stadt und schwächste Gemeine war, so befand sich doch bey ihnen alles in der schönsten Haußhaltungs-Ord- nung, und hatten wir an der Einrichtung und be- sondern Fleisse, ihrem Verstande nach, nicht das geringste auszusetzen. Sie waren beschäfftiget, die Gärten, Saat, Felder, und sonderlich die vortreff- lichen Weinstöcke, welche auf dem dasigen Gebürge in grosser Menge gepflantzt stunden, wol zu warten, indem es selbiger Zeit etwa 9. oder 10. Wochen vor der gewöhnlichen Wein-Erndte, bey den Feld- Früchten aber fast Erndte-Zeit war. Mons. Litz- berg und Plager untersuchten das Eingeweyde des
dasi-
Die Zeilen auf der kleinen Tafel, bedeuten in Teut- ſcher Sprache ſo viel: Jch bin gebohren den 9. Aug. 1475. Auf dieſe Jnſul gekommen, den 14. Nov. 1514. Jch empfinde, daß ich Alters halber in kurtzer Zeit ſterben werde, ohngeacht ich weder Kranck- heit, noch einige Schmertzen empfinde. Die- ſes habe ich geſchrieben am 27. Jun. 1606. Jch lebe zwar noch, bin aber dem Tode ſehr nahe, d. 28. 29. und 30. Jun. und noch d. 1. Jul. 2. 3. 4.
Jedoch ich fahre nunmehro in unſern eigenen Ge- ſchichten fort, und berichte dem geliebten Leſer, daß wir mit Anbruch ſolgendes Donnerſtags d. 22. 9br. uns nebſt dem Altvater Albert Julio aufmachten, und die Pflantz-Staͤdte Jacobs-Raum beſuchten, welche aus 9. Wohnhaͤuſern, die mit allem Zube- hoͤr wol verſehen waren, beſtund.
Wiewol nun dieſes die kleinſte Pflantz-Stadt und ſchwaͤchſte Gemeine war, ſo befand ſich doch bey ihnen alles in der ſchoͤnſten Haußhaltungs-Ord- nung, und hatten wir an der Einrichtung und be- ſondern Fleiſſe, ihrem Verſtande nach, nicht das geringſte auszuſetzen. Sie waren beſchaͤfftiget, die Gaͤrten, Saat, Felder, und ſonderlich die vortreff- lichen Weinſtoͤcke, welche auf dem daſigen Gebuͤrge in groſſer Menge gepflantzt ſtunden, wol zu warten, indem es ſelbiger Zeit etwa 9. oder 10. Wochen vor der gewoͤhnlichen Wein-Erndte, bey den Feld- Fruͤchten aber faſt Erndte-Zeit war. Monſ. Litz- berg und Plager unterſuchten das Eingeweyde des
daſi-
<TEI><text><body><divn="1"><lgrendition="#c"type="poem"><pbfacs="#f0198"n="184"/><l>Die Zeilen auf der kleinen Tafel, bedeuten in Teut-</l><lb/><l><hirendition="#et">ſcher Sprache ſo viel:</hi></l><lb/><l>Jch bin gebohren den 9. <hirendition="#aq">Aug.</hi> 1475.</l><lb/><l>Auf dieſe Jnſul gekommen, den 14. <hirendition="#aq">Nov.</hi> 1514.</l><lb/><l>Jch empfinde, daß ich Alters halber in kurtzer Zeit</l><lb/><l><hirendition="#et">ſterben werde, ohngeacht ich weder Kranck-</hi></l><lb/><l><hirendition="#et">heit, noch einige Schmertzen empfinde. Die-</hi></l><lb/><l><hirendition="#et">ſes habe ich geſchrieben am 27. <hirendition="#aq">Jun.</hi> 1606.</hi></l><lb/><l>Jch lebe zwar noch, bin aber dem Tode ſehr nahe,</l><lb/><l><hirendition="#et"><hirendition="#aq">d.</hi> 28. 29. und 30. <hirendition="#aq">Jun.</hi> und noch <hirendition="#aq">d. 1. Jul.</hi></hi></l><lb/><l><hirendition="#aq">2. 3. 4.</hi></l></lg><lb/><p>Jedoch ich fahre nunmehro in unſern eigenen Ge-<lb/>ſchichten fort, und berichte dem geliebten Leſer, daß<lb/>
wir mit Anbruch ſolgendes Donnerſtags <hirendition="#aq">d. 22. 9br.</hi><lb/>
uns nebſt dem Altvater <hirendition="#aq">Albert Julio</hi> aufmachten,<lb/>
und die Pflantz-Staͤdte Jacobs-Raum beſuchten,<lb/>
welche aus 9. Wohnhaͤuſern, die mit allem Zube-<lb/>
hoͤr wol verſehen waren, beſtund.</p><lb/><p>Wiewol nun dieſes die kleinſte Pflantz-Stadt<lb/>
und ſchwaͤchſte Gemeine war, ſo befand ſich doch bey<lb/>
ihnen alles in der ſchoͤnſten Haußhaltungs-Ord-<lb/>
nung, und hatten wir an der Einrichtung und be-<lb/>ſondern Fleiſſe, ihrem Verſtande nach, nicht das<lb/>
geringſte auszuſetzen. Sie waren beſchaͤfftiget, die<lb/>
Gaͤrten, Saat, Felder, und ſonderlich die vortreff-<lb/>
lichen Weinſtoͤcke, welche auf dem daſigen Gebuͤrge<lb/>
in groſſer Menge gepflantzt ſtunden, wol zu warten,<lb/>
indem es ſelbiger Zeit etwa 9. oder 10. Wochen vor<lb/>
der gewoͤhnlichen Wein-Erndte, bey den Feld-<lb/>
Fruͤchten aber faſt Erndte-Zeit war. <hirendition="#aq">Monſ. Litz-<lb/>
berg</hi> und <hirendition="#aq">Plager</hi> unterſuchten das Eingeweyde des<lb/><fwplace="bottom"type="catch">daſi-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[184/0198]
Die Zeilen auf der kleinen Tafel, bedeuten in Teut-
ſcher Sprache ſo viel:
Jch bin gebohren den 9. Aug. 1475.
Auf dieſe Jnſul gekommen, den 14. Nov. 1514.
Jch empfinde, daß ich Alters halber in kurtzer Zeit
ſterben werde, ohngeacht ich weder Kranck-
heit, noch einige Schmertzen empfinde. Die-
ſes habe ich geſchrieben am 27. Jun. 1606.
Jch lebe zwar noch, bin aber dem Tode ſehr nahe,
d. 28. 29. und 30. Jun. und noch d. 1. Jul.
2. 3. 4.
Jedoch ich fahre nunmehro in unſern eigenen Ge-
ſchichten fort, und berichte dem geliebten Leſer, daß
wir mit Anbruch ſolgendes Donnerſtags d. 22. 9br.
uns nebſt dem Altvater Albert Julio aufmachten,
und die Pflantz-Staͤdte Jacobs-Raum beſuchten,
welche aus 9. Wohnhaͤuſern, die mit allem Zube-
hoͤr wol verſehen waren, beſtund.
Wiewol nun dieſes die kleinſte Pflantz-Stadt
und ſchwaͤchſte Gemeine war, ſo befand ſich doch bey
ihnen alles in der ſchoͤnſten Haußhaltungs-Ord-
nung, und hatten wir an der Einrichtung und be-
ſondern Fleiſſe, ihrem Verſtande nach, nicht das
geringſte auszuſetzen. Sie waren beſchaͤfftiget, die
Gaͤrten, Saat, Felder, und ſonderlich die vortreff-
lichen Weinſtoͤcke, welche auf dem daſigen Gebuͤrge
in groſſer Menge gepflantzt ſtunden, wol zu warten,
indem es ſelbiger Zeit etwa 9. oder 10. Wochen vor
der gewoͤhnlichen Wein-Erndte, bey den Feld-
Fruͤchten aber faſt Erndte-Zeit war. Monſ. Litz-
berg und Plager unterſuchten das Eingeweyde des
daſi-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/198>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.