lasset euch um aller Heiligen willen erbitten, euer Betrübniß und Thränen zu hemmen, und glaubet mir sicherlich, alle meine Reden sind ein blosser Schertz gewesen, vor mir sollet ihr eure Ehre unbe- fleckt erhalten, und wenn wir auch 100. Jahr auf dieser Jnsul allein beysammen bleiben müsten. Mon- sieur van Leuven, euer Gemahl, wird die Güte haben, mich wiederum bey euch auszusöhnen, denn ich bin von Natur etwas frey im Reden, und hätte nimmermehr vermeinet, euch so gar sehr empfind- lich zu sehen. Er entschuldigte seinen übel gerathe- nen Schertz also auch bey Mons. van Leuven, und nach einigen Wort-Wechselungen wurde unter uns allen ein vollkommener Friede gestifftet, wie- wol Concordia ihre besondere Schwermuthin vie- len nach folgenden Tagen noch nicht ablegen konte.
Wir brachten die auf selbigen streitigen Abend eingebrochene Nacht in süsser Ruhe hin, und spatzir- ten nach eingenommenen Frühstück gegen Suden um die See herum, traffen abermahls die schönsten Weinberge und Metall in sich haltende Steine an, wie nicht weniger die Saltz- Lachen und Berge, welche ihr heute nebst mir in dem Stephans- Rau- mer Felde besichtigt habt. Allhier konte man nicht durch den Arm des Flusses kommen, indem dersel- be zwar eben nicht breiter, doch viel trieffer war als der andere, durch welchen wir vorigen Tages gantz gemächlich hindurch waden können. Demnach musten wir unsern Weg wieder zurück, um die See herum, nach demjenigen Ruhe-Platze nehmen, wo es sich verwichene Nacht so sanffte geschlaffen hatte. Weil es aber annoch hoch Tag war, beliebten wie
etwas
L 5
laſſet euch um aller Heiligen willen erbitten, euer Betruͤbniß und Thraͤnen zu hemmen, und glaubet mir ſicherlich, alle meine Reden ſind ein bloſſer Schertz geweſen, vor mir ſollet ihr eure Ehre unbe- fleckt erhalten, und wenn wir auch 100. Jahr auf dieſer Jnſul allein beyſam̃en bleiben muͤſten. Mon- ſieur van Leuven, euer Gemahl, wird die Guͤte haben, mich wiederum bey euch auszuſoͤhnen, denn ich bin von Natur etwas frey im Reden, und haͤtte nimmermehr vermeinet, euch ſo gar ſehr empfind- lich zu ſehen. Er entſchuldigte ſeinen uͤbel gerathe- nen Schertz alſo auch bey Monſ. van Leuven, und nach einigen Wort-Wechſelungen wurde unter uns allen ein vollkommener Friede geſtifftet, wie- wol Concordia ihre beſondere Schwermuthin vie- len nach folgenden Tagen noch nicht ablegen konte.
Wir brachten die auf ſelbigen ſtreitigen Abend eingebrochene Nacht in ſuͤſſer Ruhe hin, und ſpatzir- ten nach eingenommenen Fruͤhſtuͤck gegen Suden um die See herum, traffen abermahls die ſchoͤnſten Weinberge und Metall in ſich haltende Steine an, wie nicht weniger die Saltz- Lachen und Berge, welche ihr heute nebſt mir in dem Stephans- Rau- mer Felde beſichtigt habt. Allhier konte man nicht durch den Arm des Fluſſes kommen, indem derſel- be zwar eben nicht breiter, doch viel trieffer war als der andere, durch welchen wir vorigen Tages gantz gemaͤchlich hindurch waden koͤnnen. Demnach muſten wir unſern Weg wieder zuruͤck, um die See herum, nach demjenigen Ruhe-Platze nehmen, wo es ſich verwichene Nacht ſo ſanffte geſchlaffen hatte. Weil es aber annoch hoch Tag war, beliebten wie
etwas
L 5
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0183"n="169"/>
laſſet euch um aller Heiligen willen erbitten, euer<lb/>
Betruͤbniß und Thraͤnen zu hemmen, und glaubet<lb/>
mir ſicherlich, alle meine Reden ſind ein bloſſer<lb/>
Schertz geweſen, vor mir ſollet ihr eure Ehre unbe-<lb/>
fleckt erhalten, und wenn wir auch 100. Jahr auf<lb/>
dieſer Jnſul allein beyſam̃en bleiben muͤſten. <hirendition="#aq">Mon-<lb/>ſieur van Leuven,</hi> euer Gemahl, wird die Guͤte<lb/>
haben, mich wiederum bey euch auszuſoͤhnen, denn<lb/>
ich bin von Natur etwas frey im Reden, und haͤtte<lb/>
nimmermehr vermeinet, euch ſo gar ſehr empfind-<lb/>
lich zu ſehen. Er entſchuldigte ſeinen uͤbel gerathe-<lb/>
nen Schertz alſo auch bey <hirendition="#aq">Monſ. van Leuven,</hi> und<lb/>
nach einigen Wort-Wechſelungen wurde unter<lb/>
uns allen ein vollkommener Friede geſtifftet, wie-<lb/>
wol <hirendition="#aq">Concordia</hi> ihre beſondere Schwermuthin vie-<lb/>
len nach folgenden Tagen noch nicht ablegen konte.</p><lb/><p>Wir brachten die auf ſelbigen ſtreitigen Abend<lb/>
eingebrochene Nacht in ſuͤſſer Ruhe hin, und ſpatzir-<lb/>
ten nach eingenommenen Fruͤhſtuͤck gegen Suden<lb/>
um die See herum, traffen abermahls die ſchoͤnſten<lb/>
Weinberge und Metall in ſich haltende Steine an,<lb/>
wie nicht weniger die Saltz- Lachen und Berge,<lb/>
welche ihr heute nebſt mir in dem <hirendition="#aq">Stephans-</hi> Rau-<lb/>
mer Felde beſichtigt habt. Allhier konte man nicht<lb/>
durch den Arm des Fluſſes kommen, indem derſel-<lb/>
be zwar eben nicht breiter, doch viel trieffer war als<lb/>
der andere, durch welchen wir vorigen Tages gantz<lb/>
gemaͤchlich hindurch waden koͤnnen. Demnach<lb/>
muſten wir unſern Weg wieder zuruͤck, um die See<lb/>
herum, nach demjenigen Ruhe-Platze nehmen, wo<lb/>
es ſich verwichene Nacht ſo ſanffte geſchlaffen hatte.<lb/>
Weil es aber annoch hoch Tag war, beliebten wie<lb/><fwplace="bottom"type="sig">L 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">etwas</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[169/0183]
laſſet euch um aller Heiligen willen erbitten, euer
Betruͤbniß und Thraͤnen zu hemmen, und glaubet
mir ſicherlich, alle meine Reden ſind ein bloſſer
Schertz geweſen, vor mir ſollet ihr eure Ehre unbe-
fleckt erhalten, und wenn wir auch 100. Jahr auf
dieſer Jnſul allein beyſam̃en bleiben muͤſten. Mon-
ſieur van Leuven, euer Gemahl, wird die Guͤte
haben, mich wiederum bey euch auszuſoͤhnen, denn
ich bin von Natur etwas frey im Reden, und haͤtte
nimmermehr vermeinet, euch ſo gar ſehr empfind-
lich zu ſehen. Er entſchuldigte ſeinen uͤbel gerathe-
nen Schertz alſo auch bey Monſ. van Leuven, und
nach einigen Wort-Wechſelungen wurde unter
uns allen ein vollkommener Friede geſtifftet, wie-
wol Concordia ihre beſondere Schwermuthin vie-
len nach folgenden Tagen noch nicht ablegen konte.
Wir brachten die auf ſelbigen ſtreitigen Abend
eingebrochene Nacht in ſuͤſſer Ruhe hin, und ſpatzir-
ten nach eingenommenen Fruͤhſtuͤck gegen Suden
um die See herum, traffen abermahls die ſchoͤnſten
Weinberge und Metall in ſich haltende Steine an,
wie nicht weniger die Saltz- Lachen und Berge,
welche ihr heute nebſt mir in dem Stephans- Rau-
mer Felde beſichtigt habt. Allhier konte man nicht
durch den Arm des Fluſſes kommen, indem derſel-
be zwar eben nicht breiter, doch viel trieffer war als
der andere, durch welchen wir vorigen Tages gantz
gemaͤchlich hindurch waden koͤnnen. Demnach
muſten wir unſern Weg wieder zuruͤck, um die See
herum, nach demjenigen Ruhe-Platze nehmen, wo
es ſich verwichene Nacht ſo ſanffte geſchlaffen hatte.
Weil es aber annoch hoch Tag war, beliebten wie
etwas
L 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/183>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.