Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

ber nach Engelland geschickt, allwo er nicht allein in
allen Adelichen Wissenschafften vortrefflich zu-
nahm, sondern auch seines Vaters Engeliändisches
Negotium mit ungemeiner Klugheit führete. Hier-
bey aber verliebte er sich gantz ausserordentlich in die
Tochter eines | Englischen Kauffmanns, Plürs ge-
nannt, erweckt durch sein angenehmes W[e]sen bey
derselben eine gleichmäßige Liebe. Kurtz zu sagen,
sie werden vollkommen unter sich eins, schweren
einander ewige Treue zu/ und Mons. van Leuven
zweiffelte gar nicht im geringsten, so wohl seinen als
der Concordiae Vater dahin zu bereden, daß
beyde ihren Willen zur baldigen Ehe-Verbindung
geben möchten. Allein, so leicht sie sich anfangs
die Sachen auf beyden Seiten einbilden, so schwer
und sauer wird ihnen nachhero der Fortgang ge-
macht, denn der Alte Herr van Leuven hatte schon
ein reiches Adeliches Fräulein vor seinen jüngsten
Sohn ausersehen, wolte denselben auch durchaus
nicht aus dem Ritter-Stande heyrathen lassen,
und der Kauffmann Plürs entschuldigte seine ab-
schlägige Antwort damit, weil er seine jüngste Toch-
ter, Concordiam, allbereit in der Wiege an eines
reichen Wechslers Sohn versprochen hätte. Da
aber dennoch Mons. van Leuven von der hertzlich
geliebten Concordia nicht ablassen will, wird er
von seinem Herrn Vater zurück nach Antwerpen
beruffen. Er gehorsamet zwar, nimmt aber vor-
hero richtigen Verlaß mit der Concordia, wie sie
ihre Sachen in Zukunfft anstellen, und einander
öffter schrifftliche Nachricht von beyderseits Zu-
stande geben wollen.

So

ber nach Engelland geſchickt, allwo er nicht allein in
allen Adelichen Wiſſenſchafften vortrefflich zu-
nahm, ſondern auch ſeines Vaters Engeliaͤndiſches
Negotium mit ungemeiner Klugheit fuͤhrete. Hier-
bey aber verliebte er ſich gantz auſſerordentlich in die
Tochter eines | Engliſchen Kauffmanns, Plürs ge-
nannt, erweckt durch ſein angenehmes W[e]ſen bey
derſelben eine gleichmaͤßige Liebe. Kurtz zu ſagen,
ſie werden vollkommen unter ſich eins, ſchweren
einander ewige Treue zu/ und Monſ. van Leuven
zweiffelte gar nicht im geringſten, ſo wohl ſeinen als
der Concordiæ Vater dahin zu bereden, daß
beyde ihren Willen zur baldigen Ehe-Verbindung
geben moͤchten. Allein, ſo leicht ſie ſich anfangs
die Sachen auf beyden Seiten einbilden, ſo ſchwer
und ſauer wird ihnen nachhero der Fortgang ge-
macht, denn der Alte Herr van Leuven hatte ſchon
ein reiches Adeliches Fraͤulein vor ſeinen juͤngſten
Sohn auserſehen, wolte denſelben auch durchaus
nicht aus dem Ritter-Stande heyrathen laſſen,
und der Kauffmann Plürs entſchuldigte ſeine ab-
ſchlaͤgige Antwort damit, weil er ſeine juͤngſte Toch-
ter, Concordiam, allbereit in der Wiege an eines
reichen Wechslers Sohn verſprochen haͤtte. Da
aber dennoch Monſ. van Leuven von der hertzlich
geliebten Concordia nicht ablaſſen will, wird er
von ſeinem Herrn Vater zuruͤck nach Antwerpen
beruffen. Er gehorſamet zwar, nimmt aber vor-
hero richtigen Verlaß mit der Concordia, wie ſie
ihre Sachen in Zukunfft anſtellen, und einander
oͤffter ſchrifftliche Nachricht von beyderſeits Zu-
ſtande geben wollen.

So
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0141" n="127"/>
ber nach Engelland ge&#x017F;chickt, allwo er nicht allein in<lb/>
allen Adelichen Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafften vortrefflich zu-<lb/>
nahm, &#x017F;ondern auch &#x017F;eines Vaters Engelia&#x0364;ndi&#x017F;ches<lb/><hi rendition="#aq">Negotium</hi> mit ungemeiner Klugheit fu&#x0364;hrete. Hier-<lb/>
bey aber verliebte er &#x017F;ich gantz au&#x017F;&#x017F;erordentlich in die<lb/>
Tochter eines | Engli&#x017F;chen Kauffmanns, <hi rendition="#aq">Plürs</hi> ge-<lb/>
nannt, erweckt durch &#x017F;ein angenehmes W<supplied>e</supplied>&#x017F;en bey<lb/>
der&#x017F;elben eine gleichma&#x0364;ßige Liebe. Kurtz zu &#x017F;agen,<lb/>
&#x017F;ie werden vollkommen unter &#x017F;ich eins, &#x017F;chweren<lb/>
einander ewige Treue zu/ und <hi rendition="#aq">Mon&#x017F;. van Leuven</hi><lb/>
zweiffelte gar nicht im gering&#x017F;ten, &#x017F;o wohl &#x017F;einen als<lb/>
der <hi rendition="#aq">Concordiæ</hi> Vater dahin zu bereden, daß<lb/>
beyde ihren Willen zur baldigen Ehe-Verbindung<lb/>
geben mo&#x0364;chten. Allein, &#x017F;o leicht &#x017F;ie &#x017F;ich anfangs<lb/>
die Sachen auf beyden Seiten einbilden, &#x017F;o &#x017F;chwer<lb/>
und &#x017F;auer wird ihnen nachhero der Fortgang ge-<lb/>
macht, denn der Alte Herr <hi rendition="#aq">van Leuven</hi> hatte &#x017F;chon<lb/>
ein reiches Adeliches Fra&#x0364;ulein vor &#x017F;einen ju&#x0364;ng&#x017F;ten<lb/>
Sohn auser&#x017F;ehen, wolte den&#x017F;elben auch durchaus<lb/>
nicht aus dem Ritter-Stande heyrathen la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
und der Kauffmann <hi rendition="#aq">Plürs</hi> ent&#x017F;chuldigte &#x017F;eine ab-<lb/>
&#x017F;chla&#x0364;gige Antwort damit, weil er &#x017F;eine ju&#x0364;ng&#x017F;te Toch-<lb/>
ter, <hi rendition="#aq">Concordiam,</hi> allbereit in der Wiege an eines<lb/>
reichen Wechslers Sohn ver&#x017F;prochen ha&#x0364;tte. Da<lb/>
aber dennoch <hi rendition="#aq">Mon&#x017F;. van Leuven</hi> von der hertzlich<lb/>
geliebten <hi rendition="#aq">Concordia</hi> nicht abla&#x017F;&#x017F;en will, wird er<lb/>
von &#x017F;einem Herrn Vater zuru&#x0364;ck nach Antwerpen<lb/>
beruffen. Er gehor&#x017F;amet zwar, nimmt aber vor-<lb/>
hero richtigen Verlaß mit der <hi rendition="#aq">Concordia,</hi> wie &#x017F;ie<lb/>
ihre Sachen in Zukunfft an&#x017F;tellen, und einander<lb/>
o&#x0364;ffter &#x017F;chrifftliche Nachricht von beyder&#x017F;eits Zu-<lb/>
&#x017F;tande geben wollen.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[127/0141] ber nach Engelland geſchickt, allwo er nicht allein in allen Adelichen Wiſſenſchafften vortrefflich zu- nahm, ſondern auch ſeines Vaters Engeliaͤndiſches Negotium mit ungemeiner Klugheit fuͤhrete. Hier- bey aber verliebte er ſich gantz auſſerordentlich in die Tochter eines | Engliſchen Kauffmanns, Plürs ge- nannt, erweckt durch ſein angenehmes Weſen bey derſelben eine gleichmaͤßige Liebe. Kurtz zu ſagen, ſie werden vollkommen unter ſich eins, ſchweren einander ewige Treue zu/ und Monſ. van Leuven zweiffelte gar nicht im geringſten, ſo wohl ſeinen als der Concordiæ Vater dahin zu bereden, daß beyde ihren Willen zur baldigen Ehe-Verbindung geben moͤchten. Allein, ſo leicht ſie ſich anfangs die Sachen auf beyden Seiten einbilden, ſo ſchwer und ſauer wird ihnen nachhero der Fortgang ge- macht, denn der Alte Herr van Leuven hatte ſchon ein reiches Adeliches Fraͤulein vor ſeinen juͤngſten Sohn auserſehen, wolte denſelben auch durchaus nicht aus dem Ritter-Stande heyrathen laſſen, und der Kauffmann Plürs entſchuldigte ſeine ab- ſchlaͤgige Antwort damit, weil er ſeine juͤngſte Toch- ter, Concordiam, allbereit in der Wiege an eines reichen Wechslers Sohn verſprochen haͤtte. Da aber dennoch Monſ. van Leuven von der hertzlich geliebten Concordia nicht ablaſſen will, wird er von ſeinem Herrn Vater zuruͤck nach Antwerpen beruffen. Er gehorſamet zwar, nimmt aber vor- hero richtigen Verlaß mit der Concordia, wie ſie ihre Sachen in Zukunfft anſtellen, und einander oͤffter ſchrifftliche Nachricht von beyderſeits Zu- ſtande geben wollen. So

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/141
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/141>, abgerufen am 05.05.2024.