die doch auch beim Systeme der Freiheit letzter Zweck sind, mehr fördern. Man wird besonders nie vergessen dürfen, daß gewisse Klassen der Gesellschaft, gewisse Kreise der Volkswirthschaft viel langsamer sich entwickeln. Das Handwerk, der Kleinhandel, der Detailverkehr ist etwas total Anderes als die Großindustrie und der Groß- handel. Es handelt sich um andere Menschen, um andere Wirkungen, um andere Möglichkeiten der Ent- wickelung.
Diese Erörterung mag sehr theoretisch klingen, sie sollte nur das apodiktische Urtheil einleiten, das ich wage. Jedem, der glaubt, durch ein System der vollen Ge- werbefreiheit und staatlichen Nichtintervention wäre die preußische Industrie von 1650 -- 1800 so oder gar noch besser gewachsen, als sie mit dem entgegengesetzten System wirklich sich entwickelte, dem muß jedes tiefere historische und nationalökonomische Urtheil abgesprochen werden. Und damit ist das System im Ganzen für jene Zeit gerechtfertigt, mag es auch im Einzelnen viel Unrichtiges gethan oder mit sich gebracht haben, eben weil man an dem im Ganzen richtigen System auch damals zu dok- trinär festhielt.
Giebt man Letzteres auch zu, ist nicht zu leugnen, daß man zu einseitig an den Segen staatlicher Pflege glaubte, so darf man dabei nicht vergessen, daß die allgemeine Zunftgesetzgebung nach vielen Richtungen hin im Sinne größerer Freiheit reformirt wurde. Die Ge- schlossenheit der Zunft wurde beseitigt, wie die egoistische Herrschaft der Altmeister. Jeder Meister durfte Gesellen halten, so viel er wollte, durfte sich niederlassen, wo
Ein Rückblick ins 18. Jahrhundert.
die doch auch beim Syſteme der Freiheit letzter Zweck ſind, mehr fördern. Man wird beſonders nie vergeſſen dürfen, daß gewiſſe Klaſſen der Geſellſchaft, gewiſſe Kreiſe der Volkswirthſchaft viel langſamer ſich entwickeln. Das Handwerk, der Kleinhandel, der Detailverkehr iſt etwas total Anderes als die Großinduſtrie und der Groß- handel. Es handelt ſich um andere Menſchen, um andere Wirkungen, um andere Möglichkeiten der Ent- wickelung.
Dieſe Erörterung mag ſehr theoretiſch klingen, ſie ſollte nur das apodiktiſche Urtheil einleiten, das ich wage. Jedem, der glaubt, durch ein Syſtem der vollen Ge- werbefreiheit und ſtaatlichen Nichtintervention wäre die preußiſche Induſtrie von 1650 — 1800 ſo oder gar noch beſſer gewachſen, als ſie mit dem entgegengeſetzten Syſtem wirklich ſich entwickelte, dem muß jedes tiefere hiſtoriſche und nationalökonomiſche Urtheil abgeſprochen werden. Und damit iſt das Syſtem im Ganzen für jene Zeit gerechtfertigt, mag es auch im Einzelnen viel Unrichtiges gethan oder mit ſich gebracht haben, eben weil man an dem im Ganzen richtigen Syſtem auch damals zu dok- trinär feſthielt.
Giebt man Letzteres auch zu, iſt nicht zu leugnen, daß man zu einſeitig an den Segen ſtaatlicher Pflege glaubte, ſo darf man dabei nicht vergeſſen, daß die allgemeine Zunftgeſetzgebung nach vielen Richtungen hin im Sinne größerer Freiheit reformirt wurde. Die Ge- ſchloſſenheit der Zunft wurde beſeitigt, wie die egoiſtiſche Herrſchaft der Altmeiſter. Jeder Meiſter durfte Geſellen halten, ſo viel er wollte, durfte ſich niederlaſſen, wo
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Ein Rückblick ins 18. Jahrhundert.
die doch auch beim Syſteme der Freiheit letzter Zweck
ſind, mehr fördern. Man wird beſonders nie vergeſſen
dürfen, daß gewiſſe Klaſſen der Geſellſchaft, gewiſſe
Kreiſe der Volkswirthſchaft viel langſamer ſich entwickeln.
Das Handwerk, der Kleinhandel, der Detailverkehr iſt
etwas total Anderes als die Großinduſtrie und der Groß-
handel. Es handelt ſich um andere Menſchen, um
andere Wirkungen, um andere Möglichkeiten der Ent-
wickelung.
Dieſe Erörterung mag ſehr theoretiſch klingen, ſie
ſollte nur das apodiktiſche Urtheil einleiten, das ich wage.
Jedem, der glaubt, durch ein Syſtem der vollen Ge-
werbefreiheit und ſtaatlichen Nichtintervention wäre die
preußiſche Induſtrie von 1650 — 1800 ſo oder gar noch
beſſer gewachſen, als ſie mit dem entgegengeſetzten Syſtem
wirklich ſich entwickelte, dem muß jedes tiefere hiſtoriſche
und nationalökonomiſche Urtheil abgeſprochen werden.
Und damit iſt das Syſtem im Ganzen für jene Zeit
gerechtfertigt, mag es auch im Einzelnen viel Unrichtiges
gethan oder mit ſich gebracht haben, eben weil man an
dem im Ganzen richtigen Syſtem auch damals zu dok-
trinär feſthielt.
Giebt man Letzteres auch zu, iſt nicht zu leugnen,
daß man zu einſeitig an den Segen ſtaatlicher Pflege
glaubte, ſo darf man dabei nicht vergeſſen, daß die
allgemeine Zunftgeſetzgebung nach vielen Richtungen hin
im Sinne größerer Freiheit reformirt wurde. Die Ge-
ſchloſſenheit der Zunft wurde beſeitigt, wie die egoiſtiſche
Herrſchaft der Altmeiſter. Jeder Meiſter durfte Geſellen
halten, ſo viel er wollte, durfte ſich niederlaſſen, wo
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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/64>, abgerufen am 25.11.2024.
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