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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Deutsche Webergenossenschaften.
durch Transmissionen ganze Straßenzüge entlang in die
Wohnungen der kleinen Weber geleitet wird.1

Vereinzelt finden sich ähnliche Einrichtungen wie
die sächsischen auch anderwärts. Die Göttinger Tuch-
macherinnung bildet eine Gewerkschaft, besitzt ein grö-
ßeres Fabriketablissement.2 Vor Allen sind die Tuch-
macher von Sagan zu erwähnen, welche schon 1810
eine Walke, 1841, nachdem die Walke abgebrannt war,
eine vollständige Fabrik, d. h. Spinnerei, Walke und
Appreturanstalt für 48362 Thaler, damals in der
Hauptsache auf Schulden bauten; 1863 waren 85 Mei-
ster fabrikberechtigt, die Activa der Fabrik betrugen
288129, die Passiva 58312, das freie Vermögen
also 229817 Thlr.; in den letzten 10 Jahren hatten
die Meister für 121520 Thlr. neue Maschinen ange-
schafft.3

Diese Beispiele beweisen wenigstens, daß das, was
so sehr wünschenswerth wäre, im Bereiche der Möglich-
keit liegt. Da die Frage eine ähnliche für die ganze
Gewebeindustrie ist, möchte ich hier noch einige Worte
über die Webergenossenschaften im Allgemeinen anfügen.
Vorausschicken will ich thatsächlich nur, daß Schulze-
Delitzsch in seinem Berichte von 1867 resp. 1868
5 Webergenossenschaften zu gemeinschaftlichem Ankauf
des Rohstoffs und 9 resp. 10 eigentliche Produktiv-

1 Sax, Die Wohnungszustände der arbeitenden Klassen.
Wien 1869. S. 102.
2 Preußische Handelskammerberichte pro 1867, S. 666.
3 Jacobi, die Fabrik der Tuchmacherinnung zu Sagan,
Zeitschrift des preuß. stat. Bureau's 1864, S. 205 -- 208.

Deutſche Webergenoſſenſchaften.
durch Transmiſſionen ganze Straßenzüge entlang in die
Wohnungen der kleinen Weber geleitet wird.1

Vereinzelt finden ſich ähnliche Einrichtungen wie
die ſächſiſchen auch anderwärts. Die Göttinger Tuch-
macherinnung bildet eine Gewerkſchaft, beſitzt ein grö-
ßeres Fabriketabliſſement.2 Vor Allen ſind die Tuch-
macher von Sagan zu erwähnen, welche ſchon 1810
eine Walke, 1841, nachdem die Walke abgebrannt war,
eine vollſtändige Fabrik, d. h. Spinnerei, Walke und
Appreturanſtalt für 48362 Thaler, damals in der
Hauptſache auf Schulden bauten; 1863 waren 85 Mei-
ſter fabrikberechtigt, die Activa der Fabrik betrugen
288129, die Passiva 58312, das freie Vermögen
alſo 229817 Thlr.; in den letzten 10 Jahren hatten
die Meiſter für 121520 Thlr. neue Maſchinen ange-
ſchafft.3

Dieſe Beiſpiele beweiſen wenigſtens, daß das, was
ſo ſehr wünſchenswerth wäre, im Bereiche der Möglich-
keit liegt. Da die Frage eine ähnliche für die ganze
Gewebeinduſtrie iſt, möchte ich hier noch einige Worte
über die Webergenoſſenſchaften im Allgemeinen anfügen.
Vorausſchicken will ich thatſächlich nur, daß Schulze-
Delitzſch in ſeinem Berichte von 1867 resp. 1868
5 Webergenoſſenſchaften zu gemeinſchaftlichem Ankauf
des Rohſtoffs und 9 resp. 10 eigentliche Produktiv-

1 Sax, Die Wohnungszuſtände der arbeitenden Klaſſen.
Wien 1869. S. 102.
2 Preußiſche Handelskammerberichte pro 1867, S. 666.
3 Jacobi, die Fabrik der Tuchmacherinnung zu Sagan,
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[587/0609] Deutſche Webergenoſſenſchaften. durch Transmiſſionen ganze Straßenzüge entlang in die Wohnungen der kleinen Weber geleitet wird. 1 Vereinzelt finden ſich ähnliche Einrichtungen wie die ſächſiſchen auch anderwärts. Die Göttinger Tuch- macherinnung bildet eine Gewerkſchaft, beſitzt ein grö- ßeres Fabriketabliſſement. 2 Vor Allen ſind die Tuch- macher von Sagan zu erwähnen, welche ſchon 1810 eine Walke, 1841, nachdem die Walke abgebrannt war, eine vollſtändige Fabrik, d. h. Spinnerei, Walke und Appreturanſtalt für 48362 Thaler, damals in der Hauptſache auf Schulden bauten; 1863 waren 85 Mei- ſter fabrikberechtigt, die Activa der Fabrik betrugen 288129, die Passiva 58312, das freie Vermögen alſo 229817 Thlr.; in den letzten 10 Jahren hatten die Meiſter für 121520 Thlr. neue Maſchinen ange- ſchafft. 3 Dieſe Beiſpiele beweiſen wenigſtens, daß das, was ſo ſehr wünſchenswerth wäre, im Bereiche der Möglich- keit liegt. Da die Frage eine ähnliche für die ganze Gewebeinduſtrie iſt, möchte ich hier noch einige Worte über die Webergenoſſenſchaften im Allgemeinen anfügen. Vorausſchicken will ich thatſächlich nur, daß Schulze- Delitzſch in ſeinem Berichte von 1867 resp. 1868 5 Webergenoſſenſchaften zu gemeinſchaftlichem Ankauf des Rohſtoffs und 9 resp. 10 eigentliche Produktiv- 1 Sax, Die Wohnungszuſtände der arbeitenden Klaſſen. Wien 1869. S. 102. 2 Preußiſche Handelskammerberichte pro 1867, S. 666. 3 Jacobi, die Fabrik der Tuchmacherinnung zu Sagan, Zeitſchrift des preuß. ſtat. Bureau’s 1864, S. 205 — 208.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 587. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/609>, abgerufen am 22.11.2024.