Aehnliches vom Lohne abgezogen werden. Die Ab- züge werden mit Recht oder Unrecht vom Kaufmann dann dem Faktor gemacht, der sich an den Weber hält. Remonstrirt der Weber beim Faktor, so zeigt dieser ihm das Lieferbuch, in dem der Abzug verzeichnet ist, remonstrirt er beim Kaufmann, so erhält er die Antwort, er solle sich an den Faktor halten, der Kauf- mann wisse ja nicht, wer dieses oder jenes Stück gemacht habe. Zur Klage kommt es nicht, das riskirt der arme Weber nicht. Sehr oft kann er es auch nicht riskiren; oftmals liegen wirkliche Defekte vor. Die Noth, das Unrecht, das der Weber glaubt erdulden zu müssen, hat es dahin gebracht, daß selbst früher ordentliche Leute fast immer etwas Garn auf die Seite bringen. In fast jedem Weberdorfe gibt es Leute, von welchen jeder weiß, daß sie mit gestohlenem Garn handeln. Alle Parteien befinden sich in einer Art Kriegszustand und jeder sucht den andern zu übervortheilen, zu täuschen, zu betrügen.
Der Hauptübelstand der Faktorenwirthschaft ist der, daß dadurch jeder sittliche Zusammenhang zwischen Arbeit- geber und Arbeiter aufgehoben ist. Der Fabrikant kennt seine Arbeiter nicht, er weiß nicht, wen und wie viele Leute er beschäftigt, er hat nicht das Gefühl der Ver- antwortlichkeit, diese bestimmte Zahl Leute zu diesem Gewerbe veranlaßt zu haben, sie daher möglichst in gleicher Zahl dauernd beschäftigen zu sollen. Haupt- sächlich aus diesem Grunde lasten auf dem Gewerbe die drückenden Wechsel der Konjunktur lästiger, als auf irgend einem andern.
Die Stellung der ſogenannten Faktoren.
Aehnliches vom Lohne abgezogen werden. Die Ab- züge werden mit Recht oder Unrecht vom Kaufmann dann dem Faktor gemacht, der ſich an den Weber hält. Remonſtrirt der Weber beim Faktor, ſo zeigt dieſer ihm das Lieferbuch, in dem der Abzug verzeichnet iſt, remonſtrirt er beim Kaufmann, ſo erhält er die Antwort, er ſolle ſich an den Faktor halten, der Kauf- mann wiſſe ja nicht, wer dieſes oder jenes Stück gemacht habe. Zur Klage kommt es nicht, das riskirt der arme Weber nicht. Sehr oft kann er es auch nicht riskiren; oftmals liegen wirkliche Defekte vor. Die Noth, das Unrecht, das der Weber glaubt erdulden zu müſſen, hat es dahin gebracht, daß ſelbſt früher ordentliche Leute faſt immer etwas Garn auf die Seite bringen. In faſt jedem Weberdorfe gibt es Leute, von welchen jeder weiß, daß ſie mit geſtohlenem Garn handeln. Alle Parteien befinden ſich in einer Art Kriegszuſtand und jeder ſucht den andern zu übervortheilen, zu täuſchen, zu betrügen.
Der Hauptübelſtand der Faktorenwirthſchaft iſt der, daß dadurch jeder ſittliche Zuſammenhang zwiſchen Arbeit- geber und Arbeiter aufgehoben iſt. Der Fabrikant kennt ſeine Arbeiter nicht, er weiß nicht, wen und wie viele Leute er beſchäftigt, er hat nicht das Gefühl der Ver- antwortlichkeit, dieſe beſtimmte Zahl Leute zu dieſem Gewerbe veranlaßt zu haben, ſie daher möglichſt in gleicher Zahl dauernd beſchäftigen zu ſollen. Haupt- ſächlich aus dieſem Grunde laſten auf dem Gewerbe die drückenden Wechſel der Konjunktur läſtiger, als auf irgend einem andern.
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Die Stellung der ſogenannten Faktoren.
Aehnliches vom Lohne abgezogen werden. Die Ab-
züge werden mit Recht oder Unrecht vom Kaufmann
dann dem Faktor gemacht, der ſich an den Weber
hält. Remonſtrirt der Weber beim Faktor, ſo zeigt
dieſer ihm das Lieferbuch, in dem der Abzug verzeichnet
iſt, remonſtrirt er beim Kaufmann, ſo erhält er die
Antwort, er ſolle ſich an den Faktor halten, der Kauf-
mann wiſſe ja nicht, wer dieſes oder jenes Stück gemacht
habe. Zur Klage kommt es nicht, das riskirt der arme
Weber nicht. Sehr oft kann er es auch nicht riskiren;
oftmals liegen wirkliche Defekte vor. Die Noth, das
Unrecht, das der Weber glaubt erdulden zu müſſen,
hat es dahin gebracht, daß ſelbſt früher ordentliche
Leute faſt immer etwas Garn auf die Seite bringen.
In faſt jedem Weberdorfe gibt es Leute, von welchen
jeder weiß, daß ſie mit geſtohlenem Garn handeln.
Alle Parteien befinden ſich in einer Art Kriegszuſtand
und jeder ſucht den andern zu übervortheilen, zu täuſchen,
zu betrügen.
Der Hauptübelſtand der Faktorenwirthſchaft iſt der,
daß dadurch jeder ſittliche Zuſammenhang zwiſchen Arbeit-
geber und Arbeiter aufgehoben iſt. Der Fabrikant kennt
ſeine Arbeiter nicht, er weiß nicht, wen und wie viele
Leute er beſchäftigt, er hat nicht das Gefühl der Ver-
antwortlichkeit, dieſe beſtimmte Zahl Leute zu dieſem
Gewerbe veranlaßt zu haben, ſie daher möglichſt in
gleicher Zahl dauernd beſchäftigen zu ſollen. Haupt-
ſächlich aus dieſem Grunde laſten auf dem Gewerbe
die drückenden Wechſel der Konjunktur läſtiger, als auf
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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 555. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/577>, abgerufen am 22.11.2024.
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