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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
der zwischen dem irischen Zwergpächter und dem Grund-
besitzer steht.1

Der Faktor steht zum Weber in verschiedenem Ver-
hältniß; bald ist er nur Käufer seines Gewebes, bald
ist er Gläubiger oder Eigenthümer des Stuhls, der bei
ihm für Lohn arbeiten läßt. Der Weber ist so wie so
vom Faktor abhängig. Der Geschäftsgang ist meist so.
Der Faktor läßt sich vom Kaufmann das Garn zu
einem bestimmten Auftrag gegen bestimmten Preis zu-
messen. Wo er arbeiten läßt, was er dem Weber
zahlt, darum kümmert sich der Kaufmann nicht. Der
Weber erhält mit der Zeugprobe den sogenannten
Scheerzettel, auf dem vom Kaufmann nach Gut-
dünken die Strafen festgesetzt sind, welche für zu
kurzes Maß, zu wenig Schuß, unreines Ablesen und

1 Die verschiedensten Zeugnisse lassen sich hierfür anfüh-
ren, von Webern, von Kaufleuten, von amtlicher Seite; außer
Schneer und Michaelis siehe die Notizen aus den Kreisbeschrei-
bungen, Zeitschrift des stat. Bür. IV, 126. Degenkolb, selbst
ein großer Weber, sagt Arbeitsverhältnisse S. 36: "Können
die Weber nicht in großen Werkstätten vereinigt arbeiten, so
sollte wenigstens die Unmittelbarkeit zwischen Arbeiter und
Arbeitgeber hergestellt und alle lästigen Mittelspersonen, als
Garnhändler, Faktor und Aufkäufer etc., entfernt werden." In
Frankreich sind vielfach ähnliche Zustände in der Gewebeindustrie;
und daher ist der Ausspruch eines französischen Arbeiters: les
commissionaires c'est la lepre de notre industrie,
begreiflich;
siehe Sarassin in Gelzer's Monatsblätter Bd. 33. Heft 2.
S. 117. Vergl. Roscher, Ansichten der Volkswirthschaft S. 144
bis 145 u. S. 165, wo er von den Mittelspersonen der engli-
schen Metallhausindustrie erzählt und die verurtheilenden Aus-
sprüche Leon Faucher's über sie anführt.

Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
der zwiſchen dem iriſchen Zwergpächter und dem Grund-
beſitzer ſteht.1

Der Faktor ſteht zum Weber in verſchiedenem Ver-
hältniß; bald iſt er nur Käufer ſeines Gewebes, bald
iſt er Gläubiger oder Eigenthümer des Stuhls, der bei
ihm für Lohn arbeiten läßt. Der Weber iſt ſo wie ſo
vom Faktor abhängig. Der Geſchäftsgang iſt meiſt ſo.
Der Faktor läßt ſich vom Kaufmann das Garn zu
einem beſtimmten Auftrag gegen beſtimmten Preis zu-
meſſen. Wo er arbeiten läßt, was er dem Weber
zahlt, darum kümmert ſich der Kaufmann nicht. Der
Weber erhält mit der Zeugprobe den ſogenannten
Scheerzettel, auf dem vom Kaufmann nach Gut-
dünken die Strafen feſtgeſetzt ſind, welche für zu
kurzes Maß, zu wenig Schuß, unreines Ableſen und

1 Die verſchiedenſten Zeugniſſe laſſen ſich hierfür anfüh-
ren, von Webern, von Kaufleuten, von amtlicher Seite; außer
Schneer und Michaelis ſiehe die Notizen aus den Kreisbeſchrei-
bungen, Zeitſchrift des ſtat. Bür. IV, 126. Degenkolb, ſelbſt
ein großer Weber, ſagt Arbeitsverhältniſſe S. 36: „Können
die Weber nicht in großen Werkſtätten vereinigt arbeiten, ſo
ſollte wenigſtens die Unmittelbarkeit zwiſchen Arbeiter und
Arbeitgeber hergeſtellt und alle läſtigen Mittelsperſonen, als
Garnhändler, Faktor und Aufkäufer ꝛc., entfernt werden.“ In
Frankreich ſind vielfach ähnliche Zuſtände in der Gewebeinduſtrie;
und daher iſt der Ausſpruch eines franzöſiſchen Arbeiters: les
commissionaires c’est la lepre de notre industrie,
begreiflich;
ſiehe Saraſſin in Gelzer’s Monatsblätter Bd. 33. Heft 2.
S. 117. Vergl. Roſcher, Anſichten der Volkswirthſchaft S. 144
bis 145 u. S. 165, wo er von den Mittelsperſonen der engli-
ſchen Metallhausinduſtrie erzählt und die verurtheilenden Aus-
ſprüche Leon Faucher’s über ſie anführt.
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[554/0576] Die Umbildung einzelner Gewerbszweige. der zwiſchen dem iriſchen Zwergpächter und dem Grund- beſitzer ſteht. 1 Der Faktor ſteht zum Weber in verſchiedenem Ver- hältniß; bald iſt er nur Käufer ſeines Gewebes, bald iſt er Gläubiger oder Eigenthümer des Stuhls, der bei ihm für Lohn arbeiten läßt. Der Weber iſt ſo wie ſo vom Faktor abhängig. Der Geſchäftsgang iſt meiſt ſo. Der Faktor läßt ſich vom Kaufmann das Garn zu einem beſtimmten Auftrag gegen beſtimmten Preis zu- meſſen. Wo er arbeiten läßt, was er dem Weber zahlt, darum kümmert ſich der Kaufmann nicht. Der Weber erhält mit der Zeugprobe den ſogenannten Scheerzettel, auf dem vom Kaufmann nach Gut- dünken die Strafen feſtgeſetzt ſind, welche für zu kurzes Maß, zu wenig Schuß, unreines Ableſen und 1 Die verſchiedenſten Zeugniſſe laſſen ſich hierfür anfüh- ren, von Webern, von Kaufleuten, von amtlicher Seite; außer Schneer und Michaelis ſiehe die Notizen aus den Kreisbeſchrei- bungen, Zeitſchrift des ſtat. Bür. IV, 126. Degenkolb, ſelbſt ein großer Weber, ſagt Arbeitsverhältniſſe S. 36: „Können die Weber nicht in großen Werkſtätten vereinigt arbeiten, ſo ſollte wenigſtens die Unmittelbarkeit zwiſchen Arbeiter und Arbeitgeber hergeſtellt und alle läſtigen Mittelsperſonen, als Garnhändler, Faktor und Aufkäufer ꝛc., entfernt werden.“ In Frankreich ſind vielfach ähnliche Zuſtände in der Gewebeinduſtrie; und daher iſt der Ausſpruch eines franzöſiſchen Arbeiters: les commissionaires c’est la lepre de notre industrie, begreiflich; ſiehe Saraſſin in Gelzer’s Monatsblätter Bd. 33. Heft 2. S. 117. Vergl. Roſcher, Anſichten der Volkswirthſchaft S. 144 bis 145 u. S. 165, wo er von den Mittelsperſonen der engli- ſchen Metallhausinduſtrie erzählt und die verurtheilenden Aus- ſprüche Leon Faucher’s über ſie anführt.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 554. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/576>, abgerufen am 22.11.2024.